Kapitel 18

883 38 3
                                    

Die Welt schien für einen Augenblick lang den Atem anzuhalten. Kein Laut war zu hören. Kein Mucks aus Newts Koffer, keine Schritte vor der Tür. Selbst von Frank hinter ihnen ertönte kein einziges, winziges Geräusch. Was in dieser Sekunde zählte, war lediglich die sanfte Berührung zweier Münder, die sich endlich gefunden und nicht einmal geahnt hatten, dass sie diesen Kuss so dringend brauchten. Newt schloss beinahe automatisch die Lider, um dieses unglaubliche Gefühl, das seine Adern wie im Rausch durchströmte, auszukosten. Er legte seine zweite Hand ebenfalls an Tinas Gesicht, um ihren Kopf liebevoll zu sich heranzuziehen. Die Erinnerung an den ersten Kontakt mit der Haut von Tinas Wange schob sich vor sein inneres Auge. Die Szene an den Docks war allerdings nichts zu dem hier. Der Kuss schmeckte süß, nach unausgesprochenen Worten und einem geheimen Versprechen. Das Gefühl legte sich wie eine leichte Decke über den Scherbenhaufen in Newts Brust, an der eigentlich sein Herz schlagen sollte.  Auf einmal konnte er nicht mehr glauben, dass Tina ihn jemals verletzen könnte, so heilend berührte ihn diese schützende Decke.
Tinas Herz schlug in ihrer Brust unentwegt Purzelbäume und ihre Gedanken schrien: "Newt Scamander küsst mich. Okay, genau genommen habe ich ihn geküsst, aber er küsst mich zurück. Und er ist so zart und zurückhaltend und lieb und warmherzig und-"  Tina stoppte sich in ihren viel zu hastigen Gedankenströmen, um all das, was gerade durch ihr Herz und ihren Körper floss, vollständig zu genießen. Zögerlich verschränkte Tina ihre Finger in Newts Nacken. Er fühlte sich so weich unter ihren Fingerkuppen an. Langsam schob sie ihre Fingerspitzen in das Haar in seinem Nacken, um noch mehr von ihm zu bekommen, mehr zu spüren, mehr im Hier und Jetzt zu sein. Newts Zeigefinger malten verzweigte Muster auf ihre Wangen, weshalb durch Tinas Nervenbahnen augenblicklich ein heftiges Kribbeln rauschte. All diese Empfindungen machten sie total verrückt. Jeder körperliche Kontakt mit Newt ließ ihre Haut kribbeln und ihren Verstand vollkommen außer Kontrolle geraten. Und es verwirrte Tina, wo sie doch sonst immer einen kühlen Kopf behalten musste. Gerade öffnete Newt zaghaft seinen Mund , als hinter ihnen ein unterdrücktes Quieken ertönte. Hastig fuhren beide auseinander, bevor sie den Kuss intensivieren konnten. Doch auch so war er perfekt gewesen. Leicht, zögerlich, tastend, nicht recht wissend, was dies nun bedeutete. Aber beide hatten ihn gewollt. Newt konnte noch immer Tina leicht auf seinen Lippen schmecken. Leicht fuhr er mit der Zunge darüber. Ihre Augen fanden sich in einem schüchternen Blickkontakt und beide sahen sofort wieder fort.

"Das glaube ich jetzt nicht! Ihr habt es endlich auf die Reihe bekommen!", schrie Queenie überschwänglich, und wäre vermutlich in einen hopsenden Kreistanz verfallen, wenn sie nicht mit Platzwunde am Boden läge. Das Aufprallen des Holzes hatte ihr übel mitgespielt und vielleicht ein paar Gehirnsynapsen wieder an die rechte Stelle gerückt. Aber soweit Tina und Newt das beurteilen konnten, war sie zu töten momentan nicht mehr ihre oberste Priorität. Ganz im Gegenteil. Sie strahlte sie mit einem so breiten Grinsen an, das ihre weißen Zähne zum Vorschein kamen. "Wa-was auf die Reihe bekommen?", stotterte Newt erschrocken und schaute ruckartig auf den Boden, als könnte das verbergen, wie rot er geworden war. Natürlich wusste er, was Queenie meinte. "Na, euch zu küssen, meine Güte. Oder zumindest einzusehen, dass ihr mehr als Freunde seid...", meinte Queenie spitz. Von Frank hinter ihnen ertönte ein zustimmendes Kreischen. Alle zuckten leicht zusammen. Fast hatten sie vergessen, dass er noch da war. Mit einem Seufzen sah Queenie, dass Newt und Tina überraschte Blicke austauschten. "Echt jetzt? Frank musste euch dazu helfen?! Aber immerhin hat es geklappt.." Tina blinzelte perplex. "Hör auf meine Gedanken zu lesen, Queenie!", rügte die Aurorin ihre Schwester, lief aber genauso rot an wie Newt. Die junge Hexe schaute verwirrt zwischen Teen und Newt hin und her. "Ihr- ihr habt euch noch nicht mal gesagt, dass ihr etwas füreinander em-" "QUEENIE!", unterbrach sie Tina barsch. Ihr Atem ging schwer. Sie wollte darüber in Ruhe mit Newt unter vier Augen reden und nicht mitten im Geröll einer Kneipe, in der vorher Grindelwald gewesen war. "Okay okay..", sagte Queenie und hob beschwichtigend die Hände. Das war wohl letztendlich doch alleine die Angelegenheit dieser zwei unfähigen Idioten und sie durfte sich nicht zu sehr einmischen. Innerlich verdrehte sie die Augen, jedoch wurde das von der schieren Freude überlagert, dass ihre Schwester mit Newt wohl endlich jemanden gefunden hatte, der sie aufrichtig lieben konnte. Anders als dieser Achilles-Typie.. Oder zumindest steuerten sie darauf zu.. Mit einem ersten Kuss.

"Also.. wenn ihr nicht darüber reden wollt, was ist sonst euer Plan?", fragte Queenie in die Runde und bemerkte, dass Newt sehr still nach ihrer Unterbrechung geworden war. "Newt?" "Hmmm?" Newt hob verwirrt den Kopf. Er schien aus einer Traumblase geglitten zu sein. "Was machen wir jetzt?", wiederholte Queenie. Newt öffnete ein paar Mal den Mund, bis er wirklich einen Ton herausbrachte. Aus dem Augenwinkel betrachtete er Tina. Ihre Haare glänzten wie flüssige Schokolade im Sonnenlicht. Sie war so schön... "Mi-mich würde erstmal interessieren, wieso du nicht mehr unter dem Imperiusfluch stehst und uns nicht mehr umbringen möchtest.." Queenie hob unbeholfen die Schultern. "Ich weiß auch nicht so genau.. Ich vermute, der Schlag auf den Kopf hat mich herausgerissen.. Ich weiß noch, dass ich euch vorher ganz dringend töten wollte.. Es tut mir so leid.." Ihre zarte Stimme brach leicht bei diesen Worten. Sie sah betreten auf ihre Hände, die sie ständig ineinander verknotete. In ihren Augen glitzerten Tränen und Reue. "Ist schon okay, Queenie. solange du wieder bei uns bist.." Tina legte tröstend ihre Hand auf Queenies Schulter. In Newts Blick, der auf den beiden lag, flackerte leichte Hilflosigkeit. Er wusste nicht, was er tun sollte. "Ob Grindelwald weiß, dass du nicht mehr zu seinem Gefolge gehörst?", überlegte Newt laut und legte die Stirn in tiefe Denkfalten. "Ich glaube nicht, dass er es weiß. Frank.." , Queenie sah verschmitzt zum Vogel, der sich derweil gelangweilt das dichte Gefieder putzte, "..war schließlich nicht mit eingeplant. Sondern nur, dass Grindelwald flieht und ich euch erwische.. Also.. Nicht beim Küssen, sondern.." Queenie unterbrach sich stammelnd. Sie hatte die zwei schon wieder dazu gebracht, Blickkontakt miteinander zu vermeiden. Dafür hätte sie sich liebend gerne eine Ohrfeige verpasst. "Ich glaube, ihr habt viel zu besprechen.. Komm Frank. Wir warten draußen.." Der Donnervogel war ein schlaues Geschöpf und gehorchte Queenie. Gemeinsam verließ das ungleiche Duo - aus riesigem Tierwesen mit messerscharfen Krallen und feingliedriger Magierin mit wippendem Kurzhaarschnitt - das Pub. Währenddessen überlegte Queenie, warum Newt und Tina sich eigentlich immer versuchten aus dem Weg zu gehen, wenn sie am dringendsten miteinander reden mussten.

Als das Schaben der Krallen auf steinernem Grund und die weichen Schritte verklungen waren, öffneten Newt und Tina gleichzeitig den Mund.
---
Yass, endlich ein Kapitel. xD Das hat etwas gedauert, tut mir leid. Aber hier ist es.. :3 Ich bin immer noch für Feedback offen, gerade jetzt, wo endlich dieser Kuss kam und Queenie sich eingekriegt hat. :)

Awkward Love🦎⚡ - Newtina Fanfiction [✔]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt