Kapitel 6

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Dracos Sicht:

„Parselmund“, sage ich barsch zum Porträt. Es öffnet sich sofort. Ich krabbele durch die kleine Öffnung und gehe in den Slytherin-Gemeinschaftsraum.

Ich schaue niemanden an, als ich mich auf das Sofa, das am nächsten beim Feuer steht, plumpsen lasse. Dieser Platz ist seit meinem zweiten Jahr meiner und keiner wagt es, sich hierhin zu setzen. Ich schließe gerade meine Augen, als jemand an meiner Schulter rüttelt.

Wütend setze ich mich auf und funkele Blaise an, bis er von meiner Schulter ablässt. Er lacht und meint: „Komm, Draco, steh auf! Gerade ist was Witziges passiert. Ein Erstklä–“ „Schau mal, Blaise“, schneide ich ihm das Wort ab und reibe mir die Augen. „Es interessiert mich nicht.“

Blaise ist zu beschwingt um beleidigt zu sein, was mich nicht überrascht. Blaise wird selten wütend. Er schubst einen Drittklässler weg, damit er sich neben mich setzen kann. „Du schaust schrecklich aus, Kumpel“, sagt er.

Ich lehne mich zurück und fahre mir mit den Fingern durch die Haare. Ich beschließe, ihm keine Antwort zu geben.

„Du brauchst mehr Schlaf.“

Ich blitze ihn an und sehe sein ernstes Gesicht. So ernst hat er schon eine Weile lang nicht dreingeblickt. „Ich kann nicht.“

„Warum zur Hölle nicht?“

„Du weißt, warum“, keife ich, frustriert, dass er mich daran erinnert. Das ist das letzte, worüber ich reden möchte.

„Draco“, Blaise lehnt sich zu mir rüber und senkt seine tiefe Stimme. „ER würde wollen, dass du ausgeruht bist, das weißt du.“

Ich bin fertig mit der Konversation und stehe auf. „Du hast keine Ahnung, was ER will!“, zische ich.

Ehe Blaise antworten kann, verlasse ich den Gemeinschaftsraum und stapfe in den Jungenschlafraum.

Ich breche auf meinem Bett zusammen und kralle meine Finger in die grün-silberne Daunendecke. Ich schließe meine Augen und drifte sofort ab. Mein letzter Gedanke, bevor ich einschlafe, ist, wie früh ich morgen aufwachen muss. Ich muss meine Aufgabe erledigen.

~*~

Cassies Sicht

„Verdammt!“, kreische ich sauer, hebe meinen Finger zu meinen Augen und inspiziere den Schnitt. Es ist nicht so schlimm, aber ich bin gerade so genervt vom Zaubertränke-Unterricht.

Die Slytherins an meinem Tisch bemerken meinen kleinen Wutausbruch nicht, was gut ist. Sie haben mich die letzten paar Tage in Ruhe gelassen. Wahrscheinlich, weil Malfoy in letzter Zeit ziemlich still gewesen ist. Ich kann gar nicht anders, als zu bemerken, wie ausgelaugt er die ganze Zeit aussieht.

Ich schüttele meinen Kopf, um Malfoy aus meinen Gedanken zu vertreiben und fahre fort, meinen Trank zu brauen. Dieser hier ist noch schwieriger als der Trank der Lebenden Toten, den wir am ersten Schultag gemacht haben, und ich bin wirklich in Schwierigkeiten. Ich habe mir schon dreimal in den Finger geschnitten und einmal beinahe den Tisch abgefackelt.

Slughorn geht vorbei und runzelt missbilligend seine Stirn. „Miss Jackson, dieser Trank sollte nicht limettengrün sein.“ „Ich weiß, Professor, keine Ahnung, was ich falsch gemacht habe.“

Slughorn schielt zu Malfoy und sieht, dass sein Zaubertrank schon fertig ist. „Draco, hilf Cassie mit ihrem Trank“, sagt er. Er senkt seine Stimme: „Du fällst durch, wenn du so weitermachst.“

Was? Ich schaue ihm schockiert nach, als er weitergeht. Malfoy kommt widerwillig näher. Fuck. Ich falle in Zaubertränke durch und Malfoy soll mir helfen? Und ich habe gerade gedacht, ich schaffe es dieses Jahr…

Ich weigere mich, Malfoy anzusehen, als dieser sich über meinen blubbernden Zaubertrank beugt. Nach einem Moment murrt er: „Ich kann das zurechtbiegen.“

Er durchsucht meine Zutaten und beginnt, Spinnenbeine mit dem Griff meines Messers zu zerquetschen. Ich gucke kurz zu ihm und unterbreche ihn: „Warum zerquetschst du sie? Das Buch sagt, du sollst sie schneiden.“

Er rollt seine Augen, wirft das Pulver in den Kessel und antwortet verächtlich: „Nein, da steht du sollst sie zerdrücken. Kannst du nicht lesen, Jackson?“

„Natürlich kann ich!“, antworte ich hitzig und zeige auf das offene Buch. „Hier steht es, schneide die… oh.“

„Jaah, du hast die falsche Anleitung gelesen“, grinst er.

Ich drehe meinen Kopf, sodass ich wütend auf den Boden starren kann. Na toll, Malfoy hat recht und ich nicht.

Ich zwinge mich, zu schweigen, während Malfoy den Zaubertrank für mich macht. Nach zehn Minuten hört Malfoy auf. Er legt die Schöpfkelle hin und sagt: „Ich bin fertig, mach du weiter.“

Gereizt antworte ich: „Gut.“ Ich schaue auf die Anleitung und merke, dass ich kein Bulgarisches Graupuder mehr habe. Ich stehe auf, um mir etwas zu holen, aber Zabini hält mich am Arm fest.

Er erschreckt mich so sehr, dass ich ihn beinahe ins Gesicht geschlagen hätte. Zabini gibt mir ein kleines Säckchen mit Graupuder und sagt: „Nimm meins. Ich bin fertig.“

Ich schaue ihn argwöhnisch an und setze mich langsam hin. Auf keinen Fall kann Blaise Zabini einfach so … nett zu mir sein? Dann denke ich, dass er wahrscheinlich keine Lust hat, die Reste zurückzutragen. Ich verdrehe meine Augen und öffne das Säckchen.

Ich schütte es gerade in den Kessel, als Malfoy von seinem Schemel springt und schreit: „Cassie, nicht! Das ist–“

Ich erschrecke mich und bekomme nicht mit, dass die Hälfte des Graupuders in den Kessel fällt. Innerhalb einer Sekunde grollt der Kessel und der Zaubertrank verfärbt sich schmutzig schwarz. Ich bin zu fassungslos, um mich zu rühren, als der Kessel explodiert und scharfe Metallscherben und knisternd heiße Flüssigkeit auf mich zufliegen. Ich spüre, wie mich jemand fest aus dem Weg schubst. Ich bemerke noch, wie etwas Hartes so brutal auf meine Schläfe schlägt, dass der Raum sich dreht und mir schwarz vor den Augen wird.

Hateful Love (Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt