Ich lief durch die dunkle Gasse und folgte der Person vor mir in einigem Abstand. Die Kapuze meines schwarzen Pullovers hatte ich mir tief ins Gesicht gezogen.
Die Person vor mir schaute nach hinten und sah mich. Augenblicklich blieb ich stehen und tat so als würde ich auf die Uhr an meinem Handgelenk sehen. Sie drehte sich wieder um und lief weiter allerdings jetzt schneller. Anscheinend hatte er bemerkt, dass ich ihm folgte, denn plötzlich fing er an zu Rennen. Ich rannte ihm nach. An Ausdauer und Geschwindigkeit hätte es mir nicht gefehlt um ihn einzuholen. Allerdings musste ich ihn in die nächste Gasse drängen, um weiterhin ungesehen zu bleiben. Kurz darauf bog er auch schon ab. Ich lächelte nur als er sich immer wieder panisch zu mir umdrehte als er realisierte, dass das hier Endstation sein würde. Ich ging also langsam auf ihn zu.
Ich spielte unwissend und fragte den jungen Mann in seinen zerrissenen Klamotten: "Was ist denn mit dir passiert? Hast du dich etwa mit jemandem geschlagen?" Er schüttelte nur ängstlich den Kopf. Er versuchte seine Stimme ruhig zu halten und gab ein trockenes "Das war meine Mutter! S...sie hat mich raus geschmissen und meine Klamotten zerrissen als sie mich rum geschubst hat." zurück. Trotz seiner Bemühungen hörte ich die Angst in seiner Stimme.
"Warum hast du so große Angst?" fragte ich weiter. "Müsstest du nicht damit rechnen, dass nachts zwielichtige Gestalten hier herum laufen? Nicht alle sind so nett wie ich musst du wissen!" Langsam lief ich einige Schritte auf ihn zu. "Manche... drängen solche wie dich in Sackgassen und vergewaltigen sie. Manche.... zwingen dich zu kranke Dinge durch zu stehen, die du nie wieder vergessen wirst." Ich lächelte selbstsicher. "Da hast du es mit mir noch ziemlich gut erwischt." Ich hatte das hier alles geplant. In seinen Augen musste es wohl wie ein Zufall aussehen. Es würde mich wundern, wenn er mich wieder erkennen würde. Doch er würde es noch früh genug erfahren.
Langsam lief ich auf ihn zu und blieb einen Meter vor ihm stehen. Ich war nun dicht vor ihm und legte meine Hände um seine Handgelenke und presste sie gegen die Wand. Jetzt konnte er nicht mehr entkommen. Er gehörte mir und ich würde ihn genauso leiden lassen, wie er es damals getan hatte.
Er wusste nicht mehr wer ich war und erkannte mich noch immer nicht. Auch aus dieser Nähe nicht.Er hatte das kleine blinde Mädchen einfach vergessen. Das Mädchen, das er immer herum geschubst hatte. Das Mädchen auf das er eingeschlagen und es getreten hat. Er hatte mir schreckliche Beleidigungen and den Kopf geworfen.
Warum er das getan hatte wusste ich bis heute nicht, ich konnte schließlich nichts dafür, dass ich nun mal blind gewesen war. Ich kam mit meinem Gesicht dem seinen ganz nahe. Ich wollte die Angst in seinen Augen ganz genau sehen. Ich will wissen wie ich damals aus gesehen haben musste, auch wenn ich blind gewesen war...
Ich wollte ihm nehmen was für so viele Menschen so selbstverständlich war. Die wenigsten von ihnen wussten es zu schätzen.
Ich werde ihm sein Augenlicht nehmen.
Es war schon einige Jahre her, als ich mein Augenlicht zurück bekommen hatte. Es war ein sonniger Samstag gewesen und ich hatte in meinem Zimmer gesessen. Mir war überhaupt nicht nach Lächeln zu Mute gewesen. Im Gegenteil, das schöne Wetter hatte mir sogar schlechte Laune bereitet. Ich mochte sonnige Tage nicht. Sie schienen immer so frei und unbeschwert. Tage an denen andere in meinem Alter wahrscheinlich mit Freunden Grillparties geschmissen und bis in die Morgenstunden gefeiert hätten. Ich hätte viel lieber am Fenster gesessen und dem Regen gelauscht, wie er gegen mein Fenster prasselte. Ich hasste die Vorstellung, dass sie alle Farben und Formen sehen konnten.
Alles was ich sah war Schwarz. Egal wie hell oder wie dunkel es war, egal welche Uhrzeit es war. Ich sah nur schwarz. Damals konnte ich nicht verstehen wie Farben wohl aussehen mochten. Ich kannte ja schließlich nichts anderes.
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