Spinners End

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Die Gegend war mehr als unwürdig für ihn, befand ich, als ich auf den schlammigen Fluss sah, der nahe an den Backsteingebäuden vorbei floss. Ich war in Cokeworth gelandet, einer heruntergekommen Industriestadt. Die Straße vor mir war kaum befestigt und der Wind pfiff ungewöhnlich kühl für diese Jahreszeit. Ich beschwor mir einen Mantel und bog in die Straße zu meiner linken, Spinners End. Vorbei an verdreckten Häuserfassaden steuerte ich auf eine dunkle Holztür zu. Das traute Heim von Severus Snape. Selbstverständlich besaß ich die Höflichkeit anzuklopfen, nahm den unsichtbarmachenden Zauber von mir und legte das strahlendste Lächeln auf meine Lippen. "Hallo Severus! Ich darf doch hereinkommen?", begrüßte ich den Mann, der mir die Tür öffnete. "Miss S'Anguine, welche Überraschung. Selbstverständlich, treten Sie ein.", so ganz vermochte er den Zynismus nicht aus seiner Stimme zu verbannen, war es ihm wohl gar nicht recht, dass ich ihn an seinem Rückzugsort überfiel. Dennoch bot er mir die Couch in seinem mit Bücherregalen überfüllten Wohnzimmer an, während er selbst auf dem Sessel platznahm. "Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?", argwöhnte er auf eine doch der Höflichkeit entsprechenden Art. "Ist Wurmschwanz zugegen?", wollte ich wissen, bevor ich ihm antwortete. "Nein, er ist außer Haus."

"Fein, dann können wir ja offen sprechen.", und legte meinen Mantel ab. "Hören Sie zu, unterbrechen Sie mich nicht, unsere Zeit ist gerade äußerst limitiert." Er nickte verstehend, bevor ich fortfuhr: "Dumbledore wir Sie bald rufen, er ist verletzt. Ein starker Fluchschaden, irreparable. Sie müssen ihm das Leben retten, doch es wird nur vorläufig möglich sein." Snape hatte vor Überraschung die Augen aufgerissen, sagte jedoch keinen Ton. Ich zog einen Pergamentfetzen aus meiner Robe und drückte ihn dem Zauberer in die Hand: "Hier ist ein schwarzmagischer Heilzauber, der den Fluch verlangsamt, Dumbledore wird sich wohl nicht wundern, dass sie soetwas beherrschen.", gestattete ich mir ein kurzes Grinsen. "Sie wissen über den Auftrag von Draco Malfoy bescheid. Der dunkle Lord hat Ihnen sicherlich bereits angedeutet, dass Sie die Aufgabe übernehmen könnten, wenn der Junge scheitert." Ich erkannte leichte Panik in Severus schwarzen Augen. "Ich weiß auch, dass Sie eher sich selbst opfern würden, als es zu tun. Aber ich sage Ihnen jetzt in aller Deutlichkeit, dass Dumbledores Zeit bereits abläuft. In einem Jahr wird er Potter nicht mehr beschützen können. Er wird so oder so sterben." Snape schnappte nach Luft.

Dann brach ein Patronus durch die Wand, ein silberner Phönix: "Severus, ich brauche Sie."

Hektisch blickte der Mann zu mir. "Gehen Sie schnell Severus, verschaffen Sie ihm noch einen Aufschub, tun Sie was er von Ihnen erbittet. Ich werde hier warten, dann erkläre ich es Ihnen und ich verspreche ich habe eine Lösung für ihr Problem." Wortlos schüttelte er den Kopf, ich wusste, dass er das hier für Wahnsinn hielt, doch er drehte sich und verschwand mit einem Plop. Zufrieden lehnte ich mich in die mottenzerfressenen Polster und beschwor eine Flasche Elfenwein und ein Glas aus dem Vorrat meines Gastgebers, ich hegte keine Zweifel an Snapes schwarzmagischen Fähigkeiten. Na dann wollte ich mal schauen ob er nicht ein interessantes Buch hier hatte mit dem ich mir die Zeit vertreiben könnte.

Es waren Stunden vergangen und ich hatte die Weinflasche bereits halb geleert, als die Haustür zuschlug und Schritte in Richtung des Wohnzimmers zu vernehmen waren. Doch statt Snape schlurfte Wurmschwanz herein. Als er mich auf dem Sofa sah stieß er ein Quiken aus und wollte sofort die Treppe hinauf flüchten. "Halt! Komm her!", befahl ich kalt, und ängstlich stand er vor mir, wie eine Maus vor einer Schlange, die genau wusste gleich als Futter zu enden. Ich bleckte die Zähne, er zitterte. Ich genoss jede Sekunde seiner Angst, beobachtet gebannte wie Schweißperlen sich auf seiner Stirn bildeten. Kurz stellte ich mir vor, dasselbe mit Lucius Malfoy zu machen, doch der saß leider noch in Askaban. "Imperio.", zum zweiten mal an diesem Tag durchströmte mich das berauschende Gefühl absoluter Kontrolle. "Geh nach oben, wage es nicht Snape und mich zu belauschen. Verhalte dich normal und vergiss was ich gerade mit dir getan habe.", wortlos drehte Pettigrew sich um und stieg die Stufen hinauf. Ich war nicht gewillt mich länger diesem Sicherheitsrisiko auszusetzten, aber er konnte ja immerhin Snape noch ein wenig für mich bespitzeln, wäre er mir irgendwann zu lästig, würde ich ihn sofort entsorgen. Glücklich drehte ich das Weinglas in meiner Hand und wartete weiter.

Völlig erledigt stolperte Severus nachts in sein Wohnzimmer, wo ich noch immer gut gelaunt auf der Couch saß. "Und lebte der Alte noch?", wollte ich sofort wissen. Er nickte und ließ sich in seinen Sessel fallen. "Wein?", bot ich ihm sein eigenes Getränk an, was ihn bloß erneut nicken ließ, was er ansonsten aber nicht weiter quittierte. Ich drückte ihm ein zweites Weinglas in die zittrige Hand und stellte fest: "Sie sind erschöpft." "Ihr Zauber, Miss, er hat gewirkt, soweit ich das beurteilen kann, aber es war nicht gerade ein Kinderspiel. Ich lachte: "Natürlich nicht." Dann prostete ich ihm zu: "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben sich gerade bewiesen." Seine Stimme klang blechern: "Bewiesen?" "Ja. Haben Sie Dumbledore zugesagt?", kam ich zum Punkt. Snape schloss die Augen, senke das Kinn, das hieß vermutlich ja. Ich grinste wie eine Katze vor dem Sahnetopf: "Gut, das macht es doch viel einfacher." "Einfach?", stieß mein Gegenüber freundlos aus. "Sind Sie ein Papagei Severus? Sie wiederholen alles.", zog ich ihn auf und es war ihm anzusehen, dass ihm nicht nach Scherzen zumute war. "Warum tun Sie das?", wollte er nun von mir wissen. "Warum tue ich was genau?", stellte ich mich dumm. "Warum kommen Sie hier hin, sagen mir, wie ich Dumbledore retten soll, wo doch offensichtlich ist, dass Sie mit dem dunklen Lord verbunden sind. Warum wissen Sie das er mich darum bitten wird ihn zu töten, warum wollen Sie das ich zusage und damit Draco Malfoy die Strafe erlasse, die der Lord über ihn verhängt hat?", fasste er doch die gröbsten Fragen zusammen und wollte grundlegend von mir wissen wem ich inwieweit verpflichtet war. "Sie stellen die falschen Fragen Severus.", wies ich ihn leicht überheblich zurecht. "Sie sollten nicht nur danach fragen was ich tue, sonder was ich will." "Und was ist es was Sie wollen?", er wirkte ungehalten. "Interessiert Sie das?" "Würde ich sonst fragen Miss S'Anguine?", war Snape nun regelrecht genervt von meinem Spielchen. Ich trank den letzten Schluck aus meinem Glas.

"Ich will das selbe was Sie wollen Severus. Ich will Freiheit." Er verzog schmerzhaft das Gesicht: "Ich bin nicht frei." "Ich weiß, Sie sind so vielem verpflichtet, an so vieles gebunden. Ein Sklave des Schicksals, wie ich." irritiert schaute er mir in die Augen und ich glaube darin Zweifel zu erkennen, er sah Freiheit in mir. "Sie denken Freiheit ist etwas das man geschenk bekommt, oder eben nicht. Falsch. Freiheit ist eine Entscheidung, etwas wofür man kämpft, jede Sekunde und sie ist ebenso schrecklich wie jede Fremdbestimmung." Er schluckte und kippte den Wein in einem Zug hinunter und setzte das leere Glas ab: "Ich habe sie verloren." Ich wusste nicht ob er die Freiheit meinte oder Lily, seine Jugendliebe. "Ich sage nicht, dass ich Ihnen Freiheit bieten kann, ich kann den Weg nicht für Sie gehen, Severus. Ich kann Ihnen den Weg nur zeigen. Es gibt Dinge die getan werden müssen, Grausamkeiten, aber dann, wenn alles aus dem Weg geräumt ist, dann können Sie fliegen." Trauer spiegelte sich in seinen schwarzen Augen und verzweifelt schüttelte er den Kopf als er flüsterte: "Wer sind Sie Nathaira S'Anguine?" Ich beantwortet ihm nicht die Frage, stattdessen sprach ich weiter: "Ich weiß Sie sorgen sich um Potter, Dumbledore wird sich nicht mehr um ihn kümmern können, aber Sie können das. Ich werde Ihnen helfen. Wenn der Junge überlebt, und der dunkle Lord ebenfalls, wird das alles hier ein Ende finden. Dann sind wir beide frei." "Aber das ist unmöglich, die Prophezeihung, keiner kann leben, während der andere überlebt.", warf er ein. "Die Prophezeihung bezieht sich auf die spezielle Verbindung die die beiden teilen, ich habe lange drüber nachgedacht, kappt man diese Verbindung, ist sie gleichzeitig erfüllt wie sinnlos." "Wie?", wollte er wissen. "Das tut hier nichts zur Sache, es ist meine Bürde. Sie werden Potter schützen können und als Gegenleistung für Ihre Hilfe, werde ich für ihr Überleben sorgen, denn so wie sie derzeit mit ihrem Leben umgehen, kann es nicht mehr lange währen." Knapp gab er an verstanden zu haben unnd ich erhob mich: "Denken sie darüber nach Severus, wenn Sie bereit sind ihre Seele zu opfern, werden Sie am Ende Frieden finden. Es ist ein hoher Preis, den die Freiheit verlangt, überlegen Sie, ob sie bereit sind ihn zu zahlen." Nach diesen Worten verließ ich Spinners End, doch ich war mir sicher Snape bald wieder zu sehen.

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