Der Tod ist (k)eine Option

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Es war ein morgen wie jeder andere. Mein Plan lag seit Wochen fertig ausgearbeitet in der Schublade meines Schreibtisches. Bis zu unserer Abreise nach Albanien musste ich mich noch etwas gedulden und so ging ich meiner Arbeit in der Mysteriumsabteilung nach, die mich beinahe zu Tode langweilte. Ich hatte keine Wahl und musste die Fassade aufrechterhalten. Es war einfach nichts zu tun und das ödete mich an, also tat ich das was ich immer tat, wenn mir langweilig war weil ich keine Aufgabe hatte; ich verbreitete ein bisschen Chaos.

Mürrisch tappte Tom in die kleine Küche unserer schäbigen Wohnung in der Nokturngasse. "Guten Morgen Keary.", flötete ich munter und stumm er warf mir einen bösen Blick zu. "Kaffee steht auf der Anrichte.", ich nippte an meiner eigenen Tasse und beobachtete, wie er das Gebräu mit Milch und Zucker vermengte. Innerlich grinste ich verschlagen, doch äußerlich trank ich gelassen meinen schwarzen Kaffee. Mit der Tasse an den Lippen drehte er sich zu mir, er sah besser aus denn je, seine Haut war weiß wie Schnee und bildete einen starken Kontrast zu seinem längeren schwarzen Haar. Die hohlen Wangen ließen ihn markanter wirken. Doch seine Attraktivität hielt mich keineswegs davon ab meinen Schabernack mit ihm zum treiben.

Ich stellte mein Getränk ab und blinzelte ihn an. Tom fing an zu zittern. Die Tasse fiel aus seiner Hand und zersprang auf den Steinfliesen. Dabei riss er angsterfüllt die Augen auf. Seine Hände wanderten an seine Kehle, als er in die Knie ging. Interessiert beobachtete ich das Schauspiel, doch regte mich nicht. Er zischte: "Was hast du getan?" Ich verzog keine Miene als ich unschuldig antwortet: "Ich habe gar nichts getan Tom, ich glaube du hast gerade die Zuckerdose verwechselt." Seine Augen glühten rot auf bevor er längs auf den Boden stürzte. "Ups.", kicherte ich und betrachtete die Qual in der er sich am Boden wand. "Du warst wohl nicht aufmerksam genug.", belehrte ich ihn, als er anfing zu röcheln. Als seine Augen sich verdrehten, warf ich ihm den Bezoar an den Kopf, den ich stets in meiner Tasche trug. Mit letzter Kraft packte er den Magenstein und stopfte ihn sich wenig elegant in den Rachen. Hustend und bibbernd blieb er auf dem kalten Boden liegen. "Die Lektion ist angekommen.", würgte er schließlich. "Gut.", ich war mir sicher, er würde nie mehr etwas zu sich nehmen, das er nicht zuvor auf Gift überprüft hatte und das er seine Umgebung wieder wesentlich kritischer beobachten würde. Nicht jeder wäre so gnädig wie ich, ihn am Leben zu lassen. Wir hatten bereits genug Feinde und ich war mir bewusst, dass es sicher nicht weniger werden würden in den kommenden Jahren. "Du solltest dich krankgemelden, du siehst grässlich aus." "Wessen Schuld ist das?", er rappelte sich auf und hatte seine Bissigkeit wiedergefunden. "Deine eigene, wie konntest du Zucker mit Gift verwechseln? So dilletantisch kann man doch gar nicht sein.", gab ich ihm die Schuld. Böse funkelte er mich an: "Du hast mich fast umgebracht." "Ja, aber nur beinahe, dann habe ich dich gerettet. Du kannst doch eh nicht sterben." Beleidigt zog Tom eine Schnute: "Mein Körper kann sehr wohl sterben, was soll ich ohne ihn anfangen?" "Stell dich nicht so an. Ich gehe jetzt arbeiten. Und hätte ich dich umbringen wollen, wärst du jetzt tot. Du solltest dir ein oder zwei Bezoare besorgen, nur für den Fall das es nächstes mal nicht ich bin." Er grummelte etwas von 'verdammte Giftmischer' und 'aufspüren', als ich ins Ministerium apparierte.

Zwei Tage nach meinem kleinen Zwischenspiel fehlte das Zuckerdöschen mitsamt seinem giftigen Inhalt. Tom hatte kein Wort verlauten lassen, doch das musste er auch nicht, damit ich wusste, dass er bei seiner Suche Erfolg gehabt hatte. Das bedeutete auch ich musste umgehend handeln.

Zwei Jahre zuvor

Zornig fixierte Tom die Flammen im Kamin, als ich aus meinem Schlafsaal in den Gemeinschaftsraum trat. Ich setzte mich zu ihm und musterte ihn mit hochgezogenen Brauen. "Was ist los? Warum bist du wütend.", wollte ich wissen. Leise zischend antwortete er: "Seit dem Ritual...", er warf mir einem vielsagenden Blick zu: " ... empfinde ich anders. Es ist... störend. Es lenkt mich ab." "So? Inwiefern?", fragte ich und senkte die Stimme verschwörerisch: "Du hast ein Stück deiner Seele herausgerissen, es würde mich wundern, wenn es keine Auswirkungen auf deine Gefühle hätte." Er grummelte. Dann sammelte er sich: "Ich kann es nicht mehr unterdrücken. Meine Lust, ich kann sie nicht kontrollieren." Da fing ich lauthals an zu Lachen, es war auch zu witzig, dass ausgerechnet der prüde, kalte Tom Riddle seine Hormone nicht mehr im Griff hatte. Ich prustete: "Oh mein Lieber, ich bin so stolz auf dich. Du wirst erwachsen. Ich dachte schon bei dir wäre es nie so weit." "Halt die Klappe, Nathaira, und sag mir was ich dagegen tun soll, sonst verfluche ich dich.", wütete er. Ich stand auf und klopfte ihm grinsend auf die Schulter: "Du solltest der Lust nachgeben, wenn sie übermächtig wird. Mit anderen Worten, Bruder, such dir einfach ein Mädchen das deine Eier leert." Ich zwinkerte: "Das sollte dein Problem lösen." Dann ging ich noch immer kichernd zum Frühstück. Später fand ich es bei weitem nicht mehr so witzig wie zuvor, denn es hatte mich auf etwas aufmerksam gemacht. Tom Riddle hatte mit einem Stück seiner Seele auch einen Teil seiner Selbstdisziplin verloren, und er hatte absolut keinen Einfluss darauf gehabt. Außerdem war es irreversible und ich ging wohl Recht in der Annahme, dass er diesen Wesenszug nur auch gemeinsam mit seinen Seelenstück würde wieder erlangen können. Das war ein sehr großes Risiko bei der Erschaffung eines Horkruxes und eine damit einhergehende Unabschätzbarkeit der Nebenwirkungen jener Art der Seelenteilung. Es musste einem Weg geben, um zu kontrollieren, was genau man aus sich heraus spaltete. Oder ich musste einen finden, falls es noch keinen gab.

Und ich hatte eine Möglichkeit gefunden, doch neben dieser Option schien mir die Möglichkeit der Erschaffung eines einfachen Horkruxes beinahe harmlos.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 03, 2020 ⏰

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