Dämonen

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Bleich und zitternd streckte Mrs. Montgomery ihre Hand aus. Sie berührte den Griff der schwarzen Tür, die lautlos aufschwang. Schnell schubste ich sie in den bekannten kreisrunden Raum, ohne meine linke Hand von ihrem Arm zu lösen. Die Tür fiel zu und die Wände rotierten, doch ich blieb gelassen. Als die Bewegung des Raumes stoppte, fragte ich: "Durch welche Tür sind wir gekommen?" Meine Begleiterin zeigte zittrig auf eine zu unserer Linken. Ich markierte sie und wollte weiter wissen: "Welche Tür führt in das Großraumbüro indem Sie arbeiten?" Dünn wie Glas klang ihre Stimme, als sie mir Antwort gab: "Dort, aber die anderen Räume kenne ich nicht." Ich feixte: "Ist auch nicht nötig." Dann markierte ich auch diese Tür und kniete mich in die Mitte des Raumes. Als ich nach Hogwarts hier gearbeitete hatte, als erste weibliche Angestellte der Mysteriumsabteilung seit 200 Jahren, hatte man auch mir nur diese Türen zugewiesen. Verdammte eingebildete Zauberer, die dachten Hexen wären nicht klug genug, um die Geheimnisse der Magie zu erforschen. Doch ich hatte sie alle an der Nase herum geführt und binnen 3 Wochen ihr ach so kompliziertes Verschlüsselungssystem geknackt. Und das hatten sie im letzten halben Jahrhundert nicht mehr verändert, wenn es überhaupt je geändert worden war. Dilletanten. Ich bezweifelte das es einer dieser Trolle überhaupt verstehen würde.

Also kniete ich mich auf den Boden und zog Mrs. Montgomery mit mir. Ich begann die nötigen Formeln zu rezitieren und schwang meinen Zauberstab von der ersten markierten Tür zur zweiten. Goldenen Fäden liefen über den Boden, und verbanden immer mehr Türen miteinander zu einem komplizierten Netz, dessen Mitte einen undurchdringlichen Knoten bildete, genau dort wo ich mich befand. Schließlich tippte ich mit der Spitze meines Stabes auf den Knotenpunkt und begann die Formel rückwärts zu sprechen. Das Beben der Frau zu meiner Linken verstärkte sich und ich packte, ohne in meinem Tun inne zu halten, ihren Arm fester. Würde sie sich nun vor Schreck losreißen, wäre alles umsonst gewesen. Der Knoten aus Licht begann sich in seine einzelnen Fäden aufzudröseln. Endlich löste sich das Netzt und ich sah klar wolang ich gehen musste. Ungeduldig zog ich die ältere Hexe vom Boden hoch und schritt zielstrebig zur Tür in unserem Rücken. "Aufmachen!", befahl ich ihr harsch und sie folgte. Sogleich standen wir in einer überdimensionalen Halle voller turmhoher Regalreihen. Die Halle der Prophezeihungen. Ich wollte Schlucken doch unterdrückte den Reflex rasch, wobei Mrs. Montgomery ihre Überraschung schlecht verbergen konnte und trotz ihrer temporären Stummheit ein leises Raunen ausstieß. Eile war geboten und so marschierte ich gezielt auf eine Regalreihe zu.

Unter drei der Glaskugeln stand jeweils auf einem Schildchen eingraviert: Die Rose/Nathaira S'Anguine, direkt daneben: Die Erben Slytherins, unter der dritten Prophezeihung stand: Der dunkle Lord, die lebende Tote, der Junge der lebt/Harry Potter. Ich steckte alle drei Kugeln in die Taschen meines Umhangs und stieß die ungläubig dreinblickende Mrs. Montgomery vorwärts. "Sind das...? Sie sind...?", stammelte die Hexe zusammenhanglos. Mein Gesicht blieb ausdruckslos, während ich sie vor mir herschob und antwortete: "Ich hätte die Prophezeihungen sonst wohl kaum aus dem Regal nehmen können." Mutiger fragte sie: "Darum wollten Sie unbedingt hier her. Was bedeuten diese Prophezeihung?" "Ja, es ist mein Recht sie an mich zu nehmen und gefährlich, wenn ich es nicht getan hätte. Doch was genau sie besagen, das weiß ich nich nicht.", log ich und das Glas wog bleischwer in meiner Tasche. Ich kannte den Inhalt, seitdem ich das erste Mal diese Halle betreten hatte, die Dämonen meiner Vergangenheit hatten mich eingeholt.

Ich setzte Mrs. Montgomery im Gasthof ab und obliviierte sie. Zwar war es unwahrscheinlich, dass sie von sich aus etwas ausplaudern würde, aber ich wollte keine Risiken eingehen. Die Nacht war riskant genug gewesen und ich konnte keinen Schlaf finden, weshalb ich auf dem Chaiselongue lag und die nebelgefüllten Kugeln durch meine Finger gleiten ließ, während meine Gedanken in die Vergangenheit schweiften. Damals als alles möglich schien, wir jung und mächtig und unglaublich naiv gewesen waren und nicht geahnt hatten, wie sehr unsere Leben vorherbestimmt waren, dass man uns bereits verdammt hatte.

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