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Ihre Absätze klackerten leise auf dem dunklen Parkettboden. Jane lief mit energischen Schritten auf die gigantische Holztür des Gerichtssaals zu. Sie liebte es, etwas zu spät zu kommen. Es hatte immer etwas irgendwie dramatisches und verschaffte ihr die gewünschte Aufmerksamkeit, die sie für ihren gut bezahlten und äußerst wichtigen Job benötigte. Aus dem Augenwinkel sah sie jede Menge Paparazzi vor dem großen Fenster. Mit Schwung öffnete sie die Tür.
"Aah, wir haben sie bereits erwartet", sagt Richter Hubert stirnrunzelnd. Jane schenkte ihm ein perfektes Lächeln und ließ sich elegant auf ihren Platz sinken. Er war meist relativ fair, doch er konnte sie nicht leiden, weil sie immer die besseren Argumente als der Staatsanwalt hatte. Und sie liebte es.
Gespannt wartete sie ab, was der gegnerische Jurist zu sagen hatte. Er erhob sich und zeigte auf ihren Mandanten. "Euer Ehren, ich weiß nicht ob es euch bekannt ist", begann er. Jane bereitete sich auf ihren Lieblingssatz vor.
".. aber der Angeklagte war früher einmal Teil einer berüchtigten Motorradgang. Verbrechen sind ihm nicht fremd, auch hier ist dies nur logisch. Auch die Tattoos.."
Jane sprang auf. "Einspruch, das ist Beeinflussung!" sagte sie mit klarer, energischer Stimme. "Stattgegeben." Der Hammer des Richters sauste auf den kleinen dunklen Holzsockel vor ihm nieder. Zufrieden setzte sich Jane wieder. Sie wusste genau, dass der Staatsanwalt nur durch Beeinflussung gewinnen konnte. Er hatte nichts in der Hand. Und Jane hatte im Notfall immer ein Ass im Ärmel.

Doch heute brauchte sie es nicht einmal. Keine halbe Stunde später wurde das Urteil verlesen. "Der Ageklagte wird.. In allen Punkten frei gesprochen", sagte Hubert, doch man hörte ihm an, dass es ihm nicht passte, Jane schon wieder siegen zu sehen. Ihr war das egal. Sie kassierte fett Kohle für den Freispruch, und das war im Endeffekt das einzige was sie interessierte. Sie war in all den Jahren abgestumpft was die Emotion gegenüber den Klienten anging. Sie interessierte nur noch eines: Gewinnen.
Zufrieden schüttelte sie ihrem Mandanten die Hand und verließ erhobenen Hauptes und mit wehenden Haaren den Gerichtssaal.
Als sie die gigantische Eingangstür aufstieß, wurde sie mit lauten Rufen und Blitzlichtern begrüßt. Sie setzte ihre große Chanel Sonnenbrille auf und bahnte sich ihren Weg in Richtung Parkplatz. "Wie ist das Urteil ausgefallen?" kam es von allen Seiten. "In allen Punkten freigesprochen", sagte sie mit einem minimalen Lächeln. Sie konnte es nicht lassen zu prahlen. Rufe wurden laut, doch jetzt reichte es ihr und sie verschwand um die Ecke. Sie kramte ihren AMG Schlüssel aus der LV Tasche und stieg ein. In den letzten Jahren hatte sie unglaubliche Erfolge gehabt und hatte sich deshalb einfach etwas gegönnt. Grinsend fuhr sie durch die Stadt nach Hause um sich umzuziehen. Sie betrat ihr Loft und tauschte das elegante Kleid gegen Nike Leggins, Sports Bra und 270er. Sie war zur Zeit besessen von Nike und das zeigte sie.

Die automatischen Schiebetüren des Fitnessstudios öffneten sich vor ihren Augen und Jane betrat den Eingangsbereich. "Hey Jane", begrüßte sie ihr Trainer. "Hey Tobi", lächelte sie. Sie mochte ihn sehr. Die beiden trainierten seit fast 3 Jahren zusammen und waren sehr gute Freunde. Mehr lief da jedoch nicht - Tobi war schwul und seit mehr als 6 Jahren glücklich vergeben.
"Motiviert?" fragte er als sie gemeinsam in den hinteren Bereich des Studios liefen. "Sehr!" Sie erzählte ihm kurz von ihrem Sieg. Er quittierte das ganze lediglich mit einem Grinsen und kopfschütteln.
"Los geht's", sagte er. Jane begann ein paar Liegestütze zu machen. "Ah ah ah, Schnuckelchen. Hintern nach unten, die Arme enger zusammen."
Sie seufzte und befolgte die Anweisungen. Sie wusste ja, dass er Recht hatte. Das sah man an ihren trainierten Kurven und ihrem straffen Bauch.

Zwei Stunden später ließ sie sich völlig am Ende ins Bett sinken und schloss die Augen. Doch zum Schlafen blieb ihr wenig Zeit. Ihr Handy klingelte. Einen Moment lang überlegte sie, einfach nicht ran zu gehen, doch dann siegte ihre Neugier. "Hey Jane."
Es war ihr Assistent Nick. "Hey Jane. Ich habe hier einen Fall für Dich. Das könnte dich interessieren.."

Wir sehen uns vor Gericht [Bonez MC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt