2 Kaffees und Donuts

193 34 2
                                    

Es waren kaum sechs Stunden vergangen, als mein Handy klingelte. Eine Unbekannte Nummer zierte mein Display und mein Herz setzte für eine Sekunde aus. Nur eine einzige Möglichkeit bildete sich in meinem Kopf: Rue.

Sie hatte meine Nummer tatsächlich gewählt. Doch die Freude wurde mit einem Mal erstickt, als ich sie am anderen Ende der Leitung schniefen hörte: »Bietet Ann eigentlich auch einen Lieferservice?«

»Heute ist Ihr Glückstag. Ich wurde eben zum Kaffee-Lieferanten befördert.« Ich hatte mich vom Bett erhoben und begann meine Schuhe überzustreifen, während ich auf eine Antwort wartete. Zur Antwort nannte sie mir ihre Adresse und ich schaffte es gerade noch ein »Bin sofort da«, hinterher zu schieben, ehe sie auflegte. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, schnappte ich mir meine Schlüssel und mein Portmonee und zog die Tür zu meinem Zimmer zu.

Obwohl ich mich beeilte, versuchte alles so schnell wie möglich zu erledigen, kostete es mich über eine halbe Stunde, bis ich endlich vor Rues Wohnung stand. Ich klingelte und als sich nach zwei Sekunden noch immer nichts tat, klingelte ich weitere drei Mal. Als Rue mir schließlich die Tür öffnete, war ihr Gesicht gerötet und in ihren Augenwinkeln hingen noch immer Tränen. Bevor sie etwas sagen konnte, schloss ich sie in die Arme, drückte sie an mich, schob uns beide in die Wohnung und stellte, einen Arm noch immer um das weinende Mädchen geschlungen, Kaffee und Donuts auf die Kommode direkt am Eingang ab, ehe ich auch den zweiten Arm um sie legte und sie noch ein klein bisschen fester an mich zog. Ihr fuhr mit der Hand über ihren Rücken, fühlte mich mies dafür, dass ich mich über die Berührung freute.

Schließlich löste Rue sich von mir, fuhr sich mit dem Ärmel ihres Pullovers über die Augen und zog die Nase hoch. »Danke.«

»Nicht dafür«, murmelte ich. »Ich habe Donuts mitgebracht.«

Sie zwang sich zu einem Lächeln, dann winkte sie mich weiter rein. Ich schloss die Eingangstür und sah mich um, während Rue nach meinem Mitbringsel griff und sich auf dem Sofa niederließ. »Setz dich.« Ich gehorchte, den Blick auf ihr verquollenes Gesicht gerichtet, während Rue den Pappkarton mit den Donuts öffnete und sich dankend eins herausnahm.

»Was ist passiert?«

Für eine winzige Sekunde hob sie den Blick von ihrer Zuckerglasur und unsere Blicke kreuzten sich. Sie zog zitternd Luft ein und dann verlor sich ihr Blick in der Ferne. »Lando, mein Hund, er...« Ihre Stimme verlor sich und sie ließ den Donut zurück in den Karton sinken, während ihr erneute Tränen in die Augen stiegen.

Doch sie brauchte den Satz nicht zu Ende sprechen, ich konnte es erahnen. »Oh«, machte ich dümmlich und räusperte mich, nahm ihr den Karton aus der Hand und rückte näher an sie heran. Rue legte den Kopf auf meine Brust und schluchzte, als ich unbeholfen den Arm um ihre Schultern legte. Ihre Hand ruhte auf meiner Brust und sie weinte leise, während ich ihr mit dem Daumen über die Schulter fuhr. »Als mein Kater eingeschläfert wurde, brach meine Welt zusammen«, murmelte ich.

Rue zog die Nase hoch und löste sich aus unserer Umarmung. Ihr Blick suchte meinen und während wir einander in die Augen sahen, verfluchte ich mich selbst dafür, dass alles an mir sich danach sehnte, sie zu küssen.

»Wie war sein Name?«

»Tiger.« Der Name brachte sie zum Lachen. »Meine kleine Schwester benennt alle unsere Katzen nach Großkatzen.«

Sie lehnte ihren Kopf zurück an meine Schulter. »Erzähl mir was«, forderte sie und ich begann ihr von den banalsten Dingen zu erzählen: Wie meine Schwester zum ersten Mal Alkohol getrunken hatte und ich sie mitten in der Nacht abgeholt hatte, damit unsere Eltern nichts bemerkten. Wie intelligent sie war und wie stolz wir alle auf sie waren. Ich erzählte Rue von meiner Kindheit, von dummen Dingen, die ich als Kind gemacht hatte. Ich erzählte ihr alles, nur die Haustiere erwähnte ich mit keinem Wort.

Und so endet das Wochenende und ich muss mich wieder der Realität widmen

Coffee TalksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt