Kapitel 1

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Ich sitze an meinem Schreibtisch und markiere in dem Text vor mir eine Stelle, die ich später noch einmal nachlesen will, als mein Handy zu klingeln anfängt. Ich nehme an, ohne drauf zu schauen, wer es ist, denn es kann nur Alexis sein. Ansonsten bekomme ich nicht sonderlich viele Anrufe und immerhin warte ich auf ihren schon fast eine halbe Stunde.

"Hey Süße, wir stehen jetzt unten, also schwing deinen Hintern her!"

Ich muss grinsen bei ihrem aufgedrehten Tonfall. Im Hintergrund ist Musik zu hören und die Stimmen von Alexis Freunden. Oh Mann, ich kann nur hoffen, dass das heute Abend eine gute Idee war. "Bin gleich da."

Ich lege wieder auf, räume mit einigen Handgriffen meine Lernsachen zusammen und stehe dann auf, um mir meine Handtasche vom Bett zu schnappen, die ich schon vorhin gerichtet habe. Dann blicke ich mit einem kleinen Seufzen in den Spiegel und überprüfe ein letztes Mal, ob ich zumindest aussehe, als würde ich gerne auf diese Party gehen. Meine Beine stecken in einer zerrissenen Boyfriend Jeans, dazu trage ich ein enganliegendes weißes Oberteil, dass Alexis mir vor einem halben Jahr bei einer Shoppingtour aufgeschwätzt hat. Aber tatsächlich finde ich es auch ganz niedlich. Es hat Shouldercutouts und fällt dann in luftigen Ärmeln bis knapp unter den Ellenbogen. Ich habe sogar zu meinem dunklen Augenmakeup einen Lippenstift aufgetragen, dessen Farbe irgendwo zwischen einem dunklen rotrosa schwankt.

Etwas nervös streiche ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und berühre dabei den Glitzerstein in meiner Augenbraue, wie immer, wenn ich mich nicht sonderlich wohl fühle. Eigentlich hätte ich noch genug für Mrs. Jamsons Kurs nächste Woche zu tun, aber ich hatte Alexis nun Mal versprochen, dass ich heute Abend mit auf diese Party gehen würde. Ein, zwei Mal im Semester ließ ich mich dazu zwingen und die Feier heute Abend war wohl DAS Ereignis überhaupt. Ich hatte also keine Chance mich zu drücken auch wenn ich selbst von diesem Jahresevent noch nie etwas gehört hatte. Allerdings hat das auch nicht unbedingt viel zu heißen.

Also schiebe ich alle negativen Gedanken zur Seite, schnappe mir meine Lederjacke und schlüpfe aus meinem Zimmer. Ich wohne in einer dreier WG mit zwei weiteren Mädels. Soweit ich weiß, ist Cass nachher auch auf der Party und zum Vorglühen zu ihren Freunden gegangen. Mary allerdings hat sich eine Erkältung eingefangen und liegt, als ich durch das Wohnzimmer gehe, zusammengerollt auf der Couch. Ihr Kopf liegt auf dem Schoß ihres Freundes Jackson gebetet, der mir mit der Fernbedienung in der Hand kurz zuwinkt.

Ein kleines Seufzen entkommt mir bei ihren Anblick. Die beiden sind wirklich süß zusammen. Mary mit ihren kurzen blonden Haaren sah aus wie eine kleine Fee und ihre immer gute Laune verstärkte den Eindruck nur noch mehr. Jacksons Erscheinung war zwar an sich dunkler, aber sein Naturell genauso fröhlich. Die beiden versprühen Regenbögen und Glück überall wo sie hinkommen. Ich lächle ihm kurz zu, obwohl ich mir fast wünschen würde, er wäre nicht hier. Vielleicht hätte die Ausrede, meiner Mitbewohnerin mental beistehen zu müssen, ja bei Alexis gezogen. Aber allein die Art, wie Jackson den Fernseher ganz leise gestellt hat, um seine Freundin nicht beim Schlafen zu stören, zeigt bereits, dass sie in den besten Händen ist.

Also akzeptiere ich mein Schicksal und schlüpfe an der Tür in meine burgunderroten Sneaker. Sie sind mit Samt überzogen und ich weiß, dass Alexis trotzdem den Kopf darüber schütteln wird, dass ich nicht die hohen Schuhe anhabe, die sie mir gestern extra noch vorbeigebracht hat. Aber in meinem Versprechen ist nicht eingebunden, dass ich mir heute Abend auch die Knöchel breche, also habe ich mir nicht Mal die Mühe gemacht, den Karton zu öffnen, um zu schauen welcher ihrer Lieblinge sie mir da anvertraut hatte.

Ich ziehe die Haustür hinter mir leise ins Schloss um Mary nicht zu stören und laufe die drei Stockwerke hinunter. Ich bin nicht so der Typ, abends auszugehen. Im Normalfall nutze ich die Stunden eher, um etwas zu lesen oder nochmal meine Notizen zu den Vorlesungen durchzugehen. Meine Noten sind mir wichtig und ich bin nicht unbedingt gut im sozialisieren. In den meisten Fällen finde ich es einfach anstrengend und ich muss mich nicht jedem mitteilen, um das Gefühl zu haben ich selbst zu sein. Ich bin lieber die Stille, die beobachtet was um sie herum passiert, anstatt sich einzumischen. Es gibt nur wenige Ausnahmen und die beinhalten meistens, dass die Leute nicht unbedingt begeistert von dem sind was ich sage.

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