Kapitel 19

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Ich hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass ich am Ende des Abends lachend aus dem Pub schwanke, weil Lee sich so schwer auf mich stützt, dass ich kaum geradeaus laufen kann.
Ich fühle mich auf eine seltsame Art und Weise losgelöst, wie ich sie nicht einmal mit Alkohol kenne - den ich im Übrigen nicht angerührt habe. Und ich fühle mich wohl. Es breitet mir kein Unbehagen in Mitten der Jungs zu sein, als wir in der kühlen Nachtluft stehenbleiben. Ich erwische mich zwar selbst dabei, wie ich mich vergewissernd nach Gray umschaue, aber das sehe ich dem Fakt geschuldet, dass er versprochen hat mich nach Hause zu bringen.
Aber ich hätte mir gar keine Gedanken machen müssen. Er hält sich keinen Meter hinter Lee und mir auf, seine Hände in den Taschen seiner gefütterten Jeansjacke vergraben und schenkt mir ein kleines Lächeln, als er meinen Blick bemerkt. Ich halte mich davon ab ertappt zur Seite zu schauen und erwidere sein Lächeln.

„Row, du musst einfach am Samstag zu unserem Spiel kommen! Ich spüre es, wenn du da bist gewinnen wir."

Lee zieht mich überraschend enger an sich und ich gebe ein kleines Quieken von mir, während ich mich an seinem Arm klammere, den er um meine Schultern gelegt hat.

„He Lee, zerquetsch unseren Glücksbringer nicht!", nuschelt da Bas und legt seinerseits auch noch einen Arm um mich. „Wir brauchen sie noch. Und zwar jeden Dienstag hier im Pub! Ich werde nie wieder ein Bier bezahlen."

Vielleicht wäre es besser gewesen, hätten sie ihre Getränke selbstbezahlen müssen, denn so haben die beiden definitiv einen über ihren Durst hinaus getrunken. Eigentlich hat das die ganze Gruppe, die Fahrer einmal ausgenommen. Aber ich verkneife mir den Kommentar und grinse nur, während ich versuche zwischen den beiden Muskelbergen das Gleichgewicht zu halten.

Auch Kayla, die an Elijah angelehnt dasteht, sieht so aus als hätte sie etwas zu tief in ihr Glas geschaut und gibt ein Daumenhoch in unsere Richtung.

„Sehe ich absolut genauso wie du Bas. Gray, du solltest dich öfter mit so intelligenten Leuten abgeben, vielleicht färbt das ja irgendwann ab."

Hinter mir ertönt ein unterdrücktes Lachen und bevor ich mich versehe werden Lees und Bas' Arme von mir weggeschoben und stattdessen legen sich zwei warme Hände auf meine Schultern.

„Das tut es bereits. Hoffe ich zumindest."

Ich rühre mich nicht und ich hoffe Gray ist klar, was für ein großer Vertrauensbeweis das für mich ist. Denn im Normalfall wäre ich einer solchen Berührung ausgewichen. Es mag von außen nach nichts aussehen, aber genauso wie als ich mich vorhin an in gelehnt habe, sind es diese kleinen Gesten, die für mich einen riesen Schritt darstellen. Ich muss all die Alarmsirenen in meinem Kopf ignorieren, um einfach so stehen zu bleiben. Und das gelingt mir nur, indem ich die Hoffnung zu lasse, dass Gray mich nicht verletzen wird. Eine Hoffnung, die ich nun schon mehrere Jahre in voller Absicht ausgeschalten habe, weil ich mir sicher war, dass sie enttäuscht wird. Wie schafft es Gray nur innerhalb von zwei Wochen meine Welt so auf den Kopf zu stellen?

Auch meine Schutzschilder so weit fallen zu lassen, dass ich offen zeigen konnte, dass ich die Antworten auf all die Fragen kannte, hat mehr Mut erfordert, als ich vor diesen Wochen gehabt hätte. Aber diese Selbstsicherheit hat mir Gray gegeben, indem er mein Wissen als etwas bewundernswertes hingestellt hat. Er hat mir das Gefühl gegeben anders zu sein – aber auf eine gute Art und Weise anders.
Diese Erkenntnis schnürt mir den Hals zu. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, mich gelobt und mit mir über meine guten Noten gefeiert. Aber Eltern sind irgendwie zu all diesen Dingen auch verpflichtet. Ich weiß, auch das soll man nicht als selbstverständlich nehmen. Aber von jemanden, der nicht mit mir verwandt ist, gezeigt zu bekommen, dass es etwas Gutes ist fleißig zu sein, ist trotzdem etwas anderes und bedeutet für mich die Welt. Und ich habe Angst, dass wenn es so weiter geht auch Gray für mich die Welt bedeuten könnte...

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