Kapitel 52

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Es ist später Nachmittag bis Gray und ich es schaffen uns voneinander zu trennen.
Ein Teil von mir würde es zwar am liebsten nicht, aber ich habe mir fest vorgenommen noch heute bei Alexis vorbeizuschauen und so sehr ich Gray auch liebe, meine beste Freundin vermisse ich genauso.
Also ist Gray so freundlich und spielt für mich Chauffeur und fährt mich zunächst zu meiner Wohnung, damit ich mir ein paar Sachen einpacken kann und dann zu Alexis. Allerdings muss ich zuvor meinen Mitbewohnerinnen eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse geben, denen beiden natürlich zu Ohren gekommen ist, dass ich Teil einer Schlägerei gewesen bin.

" Oh Gott, dein Gesicht!"

Mary starrt mich entsetzt an und übelnehmen kann ich es ihr nicht, denn ziemlich ähnlich habe ich vorhin das erste Mal in den Spiegel geschaut. Mein Kiefer schimmert in allen blau und violett Tönen, meine Lippe sieht übel aus und durch die Schwellung meine ich eine gewisse Ähnlichkeit mit Quasimodo zu erkennen. Aber was macht das schon aus, wenn man der glücklichste Mensch der Welt ist?
Also winke ich nur ab und lächle.

"Alles halb so schlimm."

Immerhin habe ich meine beste Freundin und meine große Liebe zurück. Genau das erzähle ich den beiden auch und verspreche mit der genauen Geschichte rauszurücken, sobald ich morgen nach Hause komme, bevor mich beide liebevoll umarmen und mich aus dem Haus jagen, um, Zitat: "Deinen heißen Eishockeylover ja nicht warten zu lassen und ihn zu küssen, bis ihm hören und sagen vergeht."
Die beiden sind einfach unverbesserlich.

Inzwischen sitzen Gray und ich in seinem Auto vor Alexis Wohnheimkomplex. Ich weiß, dass ich eigentlich nur aussteigen müsste, aber ich bekomme es nicht hin und so sitzen wir in Stille da und schauen einander einfach nur an.

"Ich möchte nicht gehen."

Nervös befeuchte ich mir die Lippen und zucke zusammen, als sie an der aufgeplatzte Stelle zu brennen beginnt. Ich bin mir sicher, dass Gray die Angst gehört hat, die in meiner Stimme mitgeschwungen ist. Die Angst davor, dass es wie das letzte Mal endet, als wir uns verabschiedet haben und dachten alles sei in Ordnung. Solange ich bei ihm bin kann nichts passieren... Aber was ist wenn ich jetzt aus diesem Auto aussteige?

Zwei warme Finger schieben sich unter mein Kinn und zwingen mich dazu wieder den Blick zu heben, den ich auf meine verschränkten Hände gerichtet hatte. Gray lächelt mich aufmunternd an und beugt sich zu mir rüber, um einen dieser Küsse auf meine Stirn zu platzieren, die ich inzwischen so sehr liebe.

"Das hier ist kein Abschied, Bunny. Nicht wenn ich morgen genau hier wieder stehen werde, um dich einzusammeln. Ich habe nicht vor mich in absehbarer Zeit überhaupt von dir zu verabschieden, denn egal wo du hingehst, ich werde immer da sein und auf dich warten. Mich wirst du nicht mehr los und dich gehen lassen tue ich auch nicht mehr."

Seine Worte treiben mir Tränen in die Augen. Doch sie haben nichts mit Traurigkeit zu tun, sondern nur mit der tiefen Liebe, die ich für diesen umwerfenden Mann empfinde.

"Ich liebe dich."

Meine Worte sind nicht mehr als ein Wispern, aber mehr ist auch nicht nötig so dicht sind unsere Münder aneinander. Als Gray die Worte zu mir wiederholt, weiß ich nicht Mal mehr, ob er sie wirklich laut auspricht oder sie viel mehr in den Kuss hineinsagt, mit dem wir unseren Nicht-Abschied besiegeln.

Danach reiße ich mich mit einem tiefen Atemzug los und steige schnell aus dem Auto aus, bevor ich es mir wieder anders überlegen kann. Draußen bleibe ich stehen und beobachte Gray dabei, wie er den Motor anmacht und mir sein Grübchen-Lächeln schenkt, bevor er wegfährt. Aber ich weiß, dass er wiederkommen wird, das hat sein Lächeln versprochen.

Ich brauche noch ein paar Sekunden, um mich zu sammeln, bevor ich mich umdrehen und auf das Wohngebäude zulaufen kann. Natürlich habe ich Alexis schon vorhin mit einer Nachricht vorgewarnt, dass ich vorbeischauen will und ich glaube noch kein Mensch war so erleichtert wie ich, als sie mir sofort darauf geantwortet hat.

Alexis: Ja klar, komm einfach her ich bin sowieso da :)

Diese Bestätigung ist auch der einzige Grund weshalb ich mich traue ohne zu zögern bei ihr zu klingeln. Ein Teil von mir hat zwar trotzdem Angst wie vor einer Woche nicht hineingelassen zu werden, aber das schnelle Herzklopfen ist völlig unbegründet. Es dauert keine halbe Minute, da summt der Türöffner und ich betrete das Gebäude. Schnellen Schrittes gehe ich die Treppen nach oben, bis ich Alexis Stockwerk erreiche, so sie bereits in der geöffneten Tür steht.

Für einen Moment bleibe ich stehen und weiß nicht, was ich machen soll. Aber bevor die Angst abgewiesen zu werden sich überhaupt richtig in mir festigen kann, breitet Alexis die Arme aus und ich lasse mich in die vertraute Umarmung fallen.

"Gott, ich habe dich so vermisst."

Lachend löst sich Alexis wieder von mir und schaut mich mit Tränen in den Augen an und ich kann nur ihr Lächeln erwidern, während langsam aber sicher sich das Gefühl in mir einstellt, dass wirklich wieder alles in Ordnung ist.

"Komm rein. Sollen wir was zu Essen bestellen?"

Ich laufe Alexis hinterher, als sie in ihr Wohnheimzimmer reingeht und stelle erleichtert fest, dass ihre Zimmergenossin nicht dazusein scheint. Gleichzeitig lasse ich aber den Blick über die schmale Gestalt meiner besten Freundin gleiten und beschließe, dass Essen sich traumhaft anhört. Wir sind wohl alle noch etwas lädiert von der letzten Woche, aber zusammen können wir einander wieder aufhelfen. Denn eins ist mir endlich klar geworden: Alexis und ich sind nicht allein in diesem Loch. Da sind dutzende von Händen, die bereit sind uns zu helfen. Gray, Beth, Cass und Mary, selbst Bas, Lee, Kayla und das ganze Eishockeyteam. Man muss nur wagen hinzuschauen.

"Essen hört sich wunderbar an."

Mit einem Lächeln hake ich mich bei meiner besten Freundin unter und stelle mich auf einen richtigen Mädelsabend ein. Ein guter Liebesfilm, Pizza, Maniküre und tiefschürfende Gespräche bis spät in die Nacht. So sollte sich Leben anfühlen: ein kunterbuntes Gemisch aus Gefühlen, mit mehr Grund zum Lachen als zum Weinen und Menschen, die da sind wenn es doch Mal schwer wird. Und das ohne Angst vor der Welt.

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