Kapitel 31

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Als ich aufwache fühle ich mich endlich wieder wie ein funktionierender Mensch. Gut, mein Hals ist noch rau und meine Nase läuft, aber diese verfluchten Kopfschmerzen sind endlich weg und erlauben mir Ruhe und Frieden.

Zumindest bis ich mich zur Seite drehe und gegen einen warmen Körper rolle. Erschrocken reiße ich die Augen auf und starre auf eine Brust direkt vor mir. Eine nackte Brust. Mein Herzschlag ist innerhalb von einer Sekunde durch die Decke geschossen. Ich bin mir nicht sicher, ob es es besser oder schlimmer macht, dass ich so langsam wach genug bin, um zu erkennen, dass es Gray ist, der vor mir liegt. Und dass ich nun schon zum zweiten Mal einfach in seinem Bett eingeschlafen bin.
Oh mein Gott, und das obwohl ich ihm versprochen habe nochmal runter zu kommen. Wie unhöflich kann man eigentlich sein? Aber alles was ich noch weiß, ist wie mir beim Durchlesen von Elisabeths Notizen immer wieder die Augen zugefallen sind, bis ich sie nach dem letzten Satz nicht mehr aufbekommen habe. Mir muss es schlechter gegangen sein, als ich gedacht habe, wenn ich trotz meines Mittagsschlafes einfach so erneut eingeschlafen bin.

Die Brust vor mir fängt an sich zu bewegen, als Gray sich mit einem leisen Grummeln streckt. Also beeile ich mich wieder zurückzurollen, bevor er richtig aufwacht. Doch selbst mit den zwanzig Zentimeter mehr Abstand zwischen uns fühle ich mich immernoch... Eingehüllt. Wie in einem sicheren Kokon aus Grays Duft, seiner Stärke und Zuversicht. Er liegt halbmondförmig um mich herum und auch wenn ich mich jetzt nicht mehr direkt vor ihm liege, kann ich noch immer die Wärme seines Körpers spüren. Es ist ein schönes Gefühl, dass in meiner Brust ein Ziehen aufkommen lässt, welches verlangt sich wieder näher an ihn zu kuscheln. Aber bevor ich dem Instinkt nachgeben kann schlägt Gray seine Augen auf und tackert mich mit einem verschlafenen Lächeln an Ort und Stelle fest.

"Morgen."

Bei seiner rauen tiefen Stimme bekomme ich eine leichte Gänsehaut und kann nur stumm dabei zusehen wie Gray ausgiebig gähnt und sich streckt. Oh mein Gott, weshalb hat er kein Shirt an?
Ich kann gar nicht anders als seine muskulösen Schultern oder seine Brust anzustarren, zu Mal sie genau auf einer Höhe mit meinem Kopf sind. Unter seiner noch immer von der Sonne goldenen Haut kann man nur zu genau sehen, wie sich die Muskeln bei jeder seiner Bewegungen spannen. Hat der Kerl überhaupt Körperfett?
Ich wusste bisher nicht, dass ich zu so mädchenhaften Reaktionen neige, wie anzufangen zu sabbern, sobald ein attraktiver Kerl vor mir steht, aber Gray lehrt mich Tag für Tag etwas neues.
Zum Beispiel auch, dass mein Gehirn völlig aussetzt wenn er sein Grübchenlächeln mit leichtem Bartschatten und vom Schlafen noch dunklen Augen kombiniert. Andernfalls hätte ich nämlich wohl kaum die Kühnheit besessen die Lücke zwischen uns beiden zu schließen und meinen Mund auf seinen zu drücken, während meine Hände sich auf seine Brust legen.

Irgendwie reißt Gray all meine Mauern ein. Lässt mich Dinge wollen, über die ich davor noch nie nachgedacht habe. Mir war es nie wichtig einen festen Freund zu haben. Klar, wie jedes Mädchen habe ich geschwärmt oder war mal verknallt als Teenager. Aber etwas Ernstes, Nähe und Vertrauen zu jemand anderem aufbauen... wie soll man sich das vorstellen können, wenn man nicht einmal einen richtigen Freundeskreis hat? Doch mit Gray... Mit ihm ist alles so leicht. Ich weiß selbst nicht, wie ich hier gelandet bin und doch fühlt sich alles so richtig und natürlich an.
Da ist zwar in jeder Sekunde diese Angst davor, wie lange das Ganze hält, wie lange Gray mich in seiner Nähe haben will. Doch anstatt mich deswegen von ihm fernzuhalten und mich vor dem Schmerz zu schützen Mal wieder zurückgewiesen zu werden, möchte ich nur noch mehr jeden Augenblick auskosten. Denn ich will mir gar nicht vorstellen dieses Privileg wieder zu verlieren. Zu verlieren, dass Gray sich um mich sorgt oder mir einen Gray-Spezial-Kaffee mitbringt. Mit mir redet und tatsächlich daran interessiert ist, was in meinem Leben passiert. Denn er ist ein Teil davon geworden. Er ist ein Teil meines Lebens, meiner Welt und der Gedanke ihn zu verlieren lässt Verzweiflung in mir aufkommen.
Und weil ich das Gefühl habe, dass es das einzige ist, was die Panik in mir etwas abmildern kann setze ich mich rittlings auf Gray, um ihm so nah wie möglich zu sein, während ich unseren Kuss noch vertiefe. Er scheint etwas überrumpelt von mir, der Arme ist immerhin noch keine Minute wach und wird von mir überfallen als gäbe es kein Morgen mehr. Aber wer kann mir auch schon versprechen, dass es noch ein Morgen gibt?

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