~6~ Unsicher

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,,Ellie, musst du nicht zur Arbeit?" fragte Alec die Teenagerin.
,,Ne. Hab mir gestern und heute frei genommen." grinste sie. Die Pause hatte sie wirklich mal gebraucht.
,,Toll! Dann kannst du uns ja noch was Gesellschaft leisten." freute sich Hank darüber, er mochte Ellie auf Anhieb.
,,Willst du uns vielleicht einen deiner Songs vorspielen?" Hoffnungsvoll schaute Sascha sie mit großen Augen an. ,,Du schreibst eigene Songs?" wollte Guss beeindruckt wissen.
,,Ja. Aber... Naja, ich würde sie lieber nicht vorsingen." meinte die Teenagerin kleinlaut.
,,Warum nicht? So schlecht können sie ja wohl nicht sein." blieb Sascha hartnäckig.
,,Das ist es nicht, Sascha. Ist halt der falsche Zeitpunkt, okay?" Ellie blieb ebefalls hartnäckig, aber freundlich.
,,In Ordnung. Wollen wir was anderes zusammen singen?" ging der Cowboy darauf ein, wollte dennoch unbedingt ihre Stimme hören.
,,Damit bin ich einverstanden. Wer singt denn was mit mir? Und was?" stimmte Ellie zufrieden zu.
,,Da du ganz offensichtlich ein Queen Fan bist, wie wäre es mit Bohamian Rhapsody?" schlug Russ mit einem fiesen Grinsen vor. ,,Wenn du es denn kannst?" fügte er herausfordernd hinzu.
,,Du weißt ja gar nicht, mit wem du es hier zu tun hast. Also gut, lasst uns Bohamian Rhapsody singen. Ich spiel am Klavier. Ich hoffe, ihr könnt mit mir mithalten." meinte die Teenagerin gespielt hochnäsig, erhob sich und setzte sich wartend ans Klavier.
,,Natürlich können wir mithalten. Kommt Jungs, wir zeigen der Dame mal, was wir so drauf haben." ging Ernesto auf sie ein und setzte sich ans Schlagzeug.

,,Das war... wow! Ellie, das war der absolute Wahnsinn! Du hast so eine unfassbar geniale Stimme und dann kommst du auch noch so hoch! An manchen Stellen hast du mich wirklich an Freddie Mercury erinnert! Wahnsinn!" flippte Alec förmlich aus, bekam sich gar nicht mehr ein. Endlich wusste er, was sie meinte, als sie sagte, dass ihre Stimme noch besser sei, wenn die mit voller Kraft sang.
,,Danke, Alec. Aber so hoch wie Rogger komme ich noch lange nicht." lächelte sie geschmeichelt.
,,Al hat Recht. Du hast eine beeindruckende Stimme und das was ich gerade gehört habe übertrifft alles, was er uns erzählt hat." stimmte Hank seinem Freund staunend zu.
Die Männer staunten noch lange über Ellies Talent, was ihr sichtlich unangenehm war. Natürlich freute sie sich über solch ein ehrliches Lob, fühlte sich geschmeichelt. Und doch war es ihr etwas peinlich.
Zum Glück rettete ihr klingelndes Handy sie aus dieser Situation.
,,Sorry, da muss ich dran." Und schon hob sie ab.

,,Hey Honey. Ich wollte fragen, ob du es ihnen schon gesagt hast?" Brian klang hörbar ausfgeregt. Verständlich, denn diese Sache ging sie alle etwas an. ,,Nein, noch nicht. Sascha hat zwar..." Ellie stoppte, nahm den Hörer vom Ohr und schaute zu Sascha, der sie mit hochgezoger Augenbraue abwartend anschaute.
,,Ich geh vor die Tür." meinte die Teenagerin knapp und ging.
,,Was sagte Sascha?"
,,Er hat 'n Witz darüber gemacht, dass ich ja die Tochter von Freddie Mercury mit seiner Band Queen sein könnte." erklärte Ellie ihrem Freund.
,,Und? Was hast du gesagt?" kam es prompt von Brian.
,,Wären die anderen Männer nicht dabei gewesen, hätte ich es vielleicht gesagt. Aber so... Verdammt Brian, ich bin mir da nicht mehr so sicher. Das ist zwar nur ein Satz, aber es ist so ein riesen Schritt!" schwer seufzte sie.
,,Mach dir keinen Stress, Honey. Sag es ihnen, wenn du bereit bist. Wenn nicht, lass es sein. Sechszehn Jahre hast du schon geschwiegen. Da kommt es auf die paar Tage mehr oder weniger auch nicht an. Oder was sagst du?" munterte er sie auf.
,,Ja, du hast ja Recht. Danke."
,,Immer doch. Und jetzt mach dir keine Gedanken mehr und genieße den Abend. Tschüss, Ellie." riet er ihr noch und verabschiedete sich.
,,Mache ich. Bis dann, Brian." Ellie legte auf, doch sich keine Gedanken mehr zu machen fiel ihr schwerer als gesagt.

Ja, sie hätte es ihnen wirklich gesagt, als Sascha diesen Witz gemacht hatte.
Aber eben nur ihm und Alec. Die anderen Cowboys kannte sie ja gerade erst ein paar Stunden.
Doch sie gehörten zur Band und wenn die beiden Liedsänger ein Geheimnis hatten, dass sie vor ihenen verbergen mussten, würde das womöglich böse enden. Geheimnisse zu haben, vor Freundem, Menschem die einem wichtig sind, war das schlimmste.
,,Ellie? Allen in Ordnung bei dir?" Alecs Stimme drang rau an ihr Ohr, seine dünne Gestalt erschien in ihrem Blickfeld. 
,,Geht. Bin in ner verdammt schwierigen Zwickmühle." gab sie tonlos zu.
,,Kann ich dir irgend wie dabei helfen?" fragte der Cowboy hilfsbereit.
,,Nein." kam die prompte Antwort.
,,Wenn doch, komm einfach zu mir, Girl. Aber was ist, wollen wir wieder rein?" lenkte er vom Thema ab.
,,Gerne. Aber... Aber ich bleibe nicht mehr lange. Irgend wie ist mir gerade die gute Laune abgehauen..." nuschelte sie. Mit einem Schlag war sie niedergeschlagen, nur wegen dieses Witzes von Sascha.
,,In Ordnung."

,,Das war echt toll mit euch, Jungs. Aber ich bin hunde müde. Man sieht sich." verabschiedete sich Ellie und winkte zum Abschied.
,,Danke noch mal, für die hilfreiche Idee." bedankte sich Guss noch mal.
,,Kein Ding." grinste Ellie und wollte gehen, wurde jedoch aufgehalten.
,,Ich fahr dich." meinte Alec, ließ keine Wiederrede zu. ,,Danke."
,,Bis morgen, Ellie." rief Sascha ihnen noch hinter her, bis sie hinter einer Ecke verschwanden.
Der Cowboy öffnete sein Auto, sie setzten sich hin und fuhren schweigend los.
,,Ist alles in Ordnung bei dir, Ellie?" brach Alec die Stille. Er hatte bemerkt, dass die Teenagerin etwas belastete.
,,Es geht so." Mehr sagte sie nicht dazu, schaute bloß den Laternenlichtern dabei zu, wie sie an dem Autofenster vorebi rauschten.
,,Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn etwas sein sollte oder du einfach reden möchtest." bot sich der Mann freundlich an.
,,Danke, Alec." murmelte Ellie leise.
,,Nenn mich ruhig Al." lächelte der Cowboy. Normalerweise nannten ihn bloß seine engsten Freunde so, doch bei ihr, bei Ellie, fühlte es sich für ihn auch richtig an.

,,Möchtest du noch mit rein kommen?" fragte Ellie schüchtern, als sie bei ihr zuhause angekommen waren.
,,Sehr gerne." nahm er ihr Angebot an und folgte ihr in ihre große Wohnung.
,,Du hast aber viele Bilder von Freddie Mercury und seiner Band." Grinsend schaute der Cowboy die vielen Bilder an. ,,Wobei mir das eher nach Fotos aussieht. Aber wie auch immer, eine tolle Wohnung hast du hier." wechselte er das Thema und wandte sich wieder der Teenagerin zu, welche lediglich lächelte.
,,Willst du was trinken?" fragte Ellie ihren Gast.
,,Hast du Cola?"
,,Klar."
Sie schüttete ihm ein Glas ein, reichte es ihm und sie setzten sich an den Küchentisch.
,,Du Al?" kam es plötzlich ganz kleinlaut von Ellie. Er hörte sofort, wie wichtig ihr das Folgende sein musste. ,,Ja?"
,,Wie würdest du es finden, wenn du deinen Freunden und Kollegen etwas vorenthalten würdest? Ein Geheimnis, so zu sagen." Mit großen Augen schaute die Teenagerin abwartend zu Alec.
,,Kommt drauf an. Wenn es etwas ist, das eine imense Tragweite haben würde, würde ich es wahrscheinlich verheimlichen. Auch, wenn es mir sehr schwer fallen würde. Immerhin sind sie meine Freunde.
Wenn es aber etwas ist, dass meine Freunde betrifft und oder sie es unbedinkt wissen sollten, dann würde ich es ihnen sagen.
Aber warun fragst du, Ellie?"
Al hatte schon so eine Ahnung, warum sie das gefragt hatte. Doch ob er damit richtig lag, wusste er nicht.
,,Es ist kompliziert, Al..." Betrübt schüttelte sie langsam den Kopf.

,,Ich weiß nicht Sasch, irgend etwas belastet Ellie. Ständig sagt sie, es sei kompliziert, wenn man sie darauf anspricht, ob alles okay sei. Weißt du, was ich meine?" Nachdenklich schaute Alec seinen Kumpel an. Sie saßen spät Abends noch zusammen in Alecs Wohnung, nachdem sie einen netten Abend im Studio mit den anderen hatten.
,,Meinst du, dass sie diese unbeschwerte, überwältigend positive Austrahlung hat, dass sie glück ist und doch diese Momente da sind, in denen man ihr ansieht, dass sie niedergeschlagen ist, in denen sie fast traurig wirkt?" Auch Sascha war das aufgefallen. Es waren immer nur kurze Momente, dennoch hatte er sie bemerkt.
,,Ja, genau das meine ich. Was ist es nur, dass sie da mit sich rum schleppt?" grübelte der Ältere. Ja, die Teenagerin war ihm in den paar Tagen echt ans Herz gewachsen und das da etwas war, das sie belastete, machte ihn auf eine gewisse Art und Weise traurig.
,,Vielleicht wird sie es uns eines Tages sagen."

Break free?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt