So frech wie früher

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Es war eine ruhige Nacht. Wieder im Bett zu liegen, statt auf dem erdigen und harten Waldboden, war das Beste was passieren konnte. Als mein Wecker klingelte, wachte ich mit einem leichten Lächeln auf. Der Tag würde gut werden, dass hatte ich im Gefühl. Also stand ich auf und lief zu meinem Kleiderschrank rüber. Ich griff eine enge, dunkle Jeans und ein hellblaues Shirt. Meine Haare band ich mir zu einem hohen Zopf. Fertig umgezogen lief ich ins Bad um mich zu waschen. Nachdem ich selbst gegessen hatte, zog ich mir meine Schuhe an. Wir hatten uns um 11 Uhr verabredet und ich wollte nicht wie früher viel zu spät kommen. "Sieh an. Die kleine Ella ist zurück!" Ich verdrehte meine Augen, bevor ich zu Michi hoch sah. "Wie sehr ich dich doch vermisst habe", sprach ich abweisend und band mir meine Schuhe fertig. "Glaubst du etwa, du würdest einfach so davon kommen?" Seine Stimme klang voller Hass. Ich ließ mich von sowas mittlerweile aber nicht mehr beeindrucken, dafür kannte ich ihn schon zu lange. "Wieso denn auch nicht? Ich meine wenn das Einzige was dich aufhalten kann Bewegung ist" Ich fing an zu lächeln. Alles was ich wollte war von ihm weg zu kommen, jedoch konnte ich ihn auch nicht angreifen, da ich genau wusste ich war ihm nur intellektuell überlegen. Körperlich war er der Überlegende. "Anscheinend bist du in letzten Tagen so frech wie früher geworden. Wird Zeit, dass aus dir heraus zu bekommen" Nun war er es der grinste, doch nicht um sich zu beruhigen, sondern weil er sich freute mich anzugreifen. "Dann fange mich doch" Mit diesen Worten verschwand ich aus der Tür hinaus und war in wenigen Sekunden draußen. Mein Fahrrad müsste ich erst reparieren, also rannte ich einfach weiter in Richtung Stadt. Im Finsterwald verlangsamte  ich mein Tempo. Michi würde nicht mehr in der Nähe sein und ich wäre sicher. Dafür war er zu unsportlich und fett. 

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich am Teufelstopf an. Ich stand auf dem Hügel und spürte den Wind in meinen Haaren. Als ich hinab blickt, erkannte ich das schon welche dort waren. Desto näher ich kam, desto mehr konnte ich auch erkennen wer. Vanessa, Joschka, Juli und Markus. Ich setzte mich neben Vanessa und wartete mit ihnen auf die anderen. Die letzten Beiden waren Nerv und Maxi. Sie schmissen ihre Räder auf den Boden und kamen auf uns zu gerannt. "Es ist der Horror passiert", fing Maxi aufgeregt an. "Ey!" Nerv schien davon beleidigt zu sein, warum genau wusste ich noch nicht so wirklich. Maxi merkte das auch und warf schnell etwas ein:"Das hat nichts mit dir zu tun" "Was ist los?", fragte Leon verwirrt und ungeduldig. Damit sprach er uns allen aus der Seele. "Unsere Eltern sind sowas wie zusammen" Angewidert verzogen Maxi und Nerv das Gesicht. Ich verstand aber immer noch nur die Hälfte:"Und was genau ist der Horror?" "Na was wohl?", sprach Maxi genervt,"Jetzt dürfen wir sie beiden zusammen ertragen. Einer allein war schon schlimm genug" Nun mussten wir lachen. Darüber regte Maxi sich also auf? Nur weil sein Vater und Nervs Mutter irgendetwas am laufen hatten? Ich meine die Beiden zusammen waren nicht wirklich die angenehmste Vorstellung, so wie mir Nervs Mutter beschrieben wurde, aber es gab weitaus schlimmeres als das. 

Schnell war das Thema erledigt und wir sprachen über die kommende Zeit. Darüber was wir anstellen wollten und wie weiter gehen sollte. "Ok hier ist mein Plan", begann Leon. Vermutlich hatte er die ganze Nacht wach gesessen nur um etwas zu finden. "Wir müssen anfangen zu trainieren, um wieder zu den Besten zu gehören. Was dann kommt ist noch offen. Aber wichtig ist, dass wir wild bleiben. Also wer ist dabei?" Er sah zu jeden einzelnen von uns und fixierte uns. Doch er brauchte auf keine Antwort zu warten, viel lieber jubelten wir unsere Seelen frei. Und genauso fingen wir an den Teufelstopf aufzuräumen. Im letzten Jahr wurde er ziemlich demoliert und es war nun an der Zeit, dass er im alten Glanz erstrahlte. 

Bis spät am Abend waren wir noch beschäftigt. Nun saßen wir in aller Ruhe am Rand des Platzes und begutachteten unser Werk. Unser Stadion sah aus wie damals, als wären wir nie weg gewesen. "Kaum zu glauben, dass wir unser Leben aufgegeben hatten", hörte ich Raban sprechen. "Kaum zu glauben, dass Leon nen Cowboy-Anzug anhatte", grinste ich. Die Geschichte wurde Marlon, Markus und mir fast durchgängig erzählt. Die anderen grinsten mit mir, nur Leon nicht. Der sah mich bitter an:"Kaum zu glauben, dass du lieber bei Michi bleiben wolltest" Sofort wurde es still um uns. Mein Grinsen verschwand. Jeder wusste, wie sehr ich Michi und das Leben dort hasste. Und das es gefährlich war, mich darauf so anzusprechen. "Willst jetzt ne Klatsche oder gleich nen Kinnhaken? Pass auf was du sagst, ich hätte gerade nichts dagegen dir ein paar zu verpassen, Leon" Das Leon spuckte ich fast schon vor Verachtung. Wir sahen uns gegenseitig feindselig in die Augen. Bis Vanessa Leons Arm griff und zu sich zog. Sie flüsterte ihm was ins Ohr und sah dann etwas neben mich. Doch was sie sagte oder zu wem sie sah interessierte mich eher weniger. Ich wollte nur das Leon die Klappe endgültig halten würde. Doch etwas zog mich ruckartig nach hinten und schreckte mich somit aus meinen Hass gegen Leon hervor. Ich wollte gerade anfangen der nächste Person Morddrohungen zu geben, wenn ich nicht sofort los gelassen werden würde, als ich Markus Stimme vernahm:"Entweder du hörst auf dich aufzuregen, oder sich lass dich erst recht nicht los" Ich versuchte mich zu befreien, jedoch hielt Markus meine Hände fest und ich war bewegungslos. "Ist ja gut. Lass mich los", gab ich irgendwann meinen Widerstand auf. "Geht doch", zufrieden grinsend ließ Markus mich los. Ich setzte mich auf, sah einmal wütend zu Markus und dann zu den Anderen. Diese saßen eher etwas erstaunt da und beobachteten mich und Markus. "Seid wann lässt du dir irgendetwas sagen?", fragte Marlon schließlich. "Ein falsches Wort und ich halt dich wieder fest" "Na super", genervt sah ich wieder zu Markus, dann zu Marlon. "Gar nicht. Stell dir vor"

Ella- Im Auge des SturmsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt