Der Stern des Himmels, so schön wie er strahlt...

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"Er ist hier, Feli. Dein verdammter Kartoffel-Bastard."

Felicianos Augen weiteten sich und sein Herz begann aufgeregt auf und ab zu hüpfen. Ludwig...er war tatsächlich hier?
Der Kupferhaarige mit der komischen Locke wollte etwas antworten, brachte jedoch vor Überraschung nur einzelne Silben heraus, die in einem Gestottere endeten. Er konnte es einfach nicht fassen. Ludwig war hier. Hier bei ihm und er lebte!
Sein Puls ging immer mehr in die Höhe, ein aufgeregtes Kribbeln entfachte wie Feuer in seinem Bauch und der Kloß in seinem Hals wurde dicker und man hätte meinen können, es wäre sein Herz gewesen, das ihm geradewegs aus der Brust hüpfen würde. Er wollte aufstehen; er wollte ihn sofort sehen, doch es war ihm nicht möglich, auch nur einen Schritt zu tun. Also blieb ihm nichts Anderes übrig, als geduldig zu warten und zu hoffen, dass Lovino ihn nicht verarschte.
Gespannt blickte er zu Roderich, der ebenfalls einen sehr überraschten Eindruck hinterließ und die Violine zu Boden sinken ließ. Feliciano fing an mit dem Saum der Decke zu spielen. Was sollte er sagen? Wie sollte er auf Ludwig reagieren? Was, wenn er ihn vergraulte? Der Italiener hatte sich noch nie so unsicher und nervös wie in diesem Moment gefühlt. Nicht einmal bei seinem ersten Kuss mit Ludwig als Kinder hatte er diese Unsicherheit gehabt, doch nun umkreiste sie ihn wie ein Schatten.

Die Schritte im Gang wurden lauter und schneller und Feliciano spürte seinen schnellen Herzschlag immer stärker. Er hoffte so sehr, dass er nicht auf der Stelle bewusstlos werden würde. Er konnte nicht einschätzen wie sehr er dieser Aufregung gewachsen war und ob er sie mit seinem momentanen Zustand überhaupt durchstehen könnte.
Vorsichtig bohrten sich seine, mit Bleistiftstaub versehenen, Finger in sein Hemd und er fasste sich ans Herz. Sein Kopf schrie unaufhörlich Ludwigs Namen; alles erschien ihm wie eine Art Trance. Erst als seine Mutter den Deutschen in Felicianos Zimmer geleitete, wurde er aus dieser Starre gerissen und er fühlte sich lebendig wie noch nie. Seine graue, eintönige Welt wurde mit einem Mal wieder bunt; sein verletzliches Herz blühte auf wie eine junge Rose und auf einmal vergaß er all das Negative in seinem Leben. Pure Freude machte sich in ihm breit, die sich auch in seinen karamellbraunen Augen wiederfand. Tränen der Freude strömten von einem Moment auf den anderen von seinen bleichen Wangen herab und er streckte willentlich seine Arme Ludwig entgegen. Er wollte ihn umarmen, ihn küssen, ihn einfach bei sich haben. All die Warterei...sie hatte endlich ihr Ende gefunden.

Azurblau traf auf Karamellbraun. Ein deutlich spürbarer Funken entfachte, dem jedem Anwesenden auffiel. Die einen mehr, die anderen weniger begeistert. Doch das war nun egal geworden. Elizabeta schubste den zu Eis erstarrten, vom Regen leicht durchnässten, Ludwig durch die Zimmertür, als Zeichen, dass er zu Feliciano gehen sollte, was er auch tat.

Sein Herz klopfte wie wild in seiner Brust und in seinem Kopf drehte sich alles wie ein bunter Kreisel. Sein Gehirn hörte auf zu denken und das aufgeregte Herz, welches ihn dazu überhaupt verleitet hatte, hierher zu kommen, hatte die Oberhand. Es leitete ihn wie ein heller Stern am Nachthimmel direkt in die willkommenden Arme des kleinen Italieners, den er so sehr liebte. Weitere Freudentränen prasselten wie Regen von Felicianos Augen auf die Schulter seines lange herbeigesehnten Freundes. Er verkroch sich in seine Halsbeuge und ließ dem endlich frei gelassenen Schmerz freien Lauf. Er weinte aus Trauer, er weinte aus Freude; er weinte aus Schmerz, er weinte aus Liebe. Und unter all diesen Gefühlsgefügen befand sich ein kleines schwaches Herz, welches in einem goldenen Käfig seine Zeit verplemperte. Zu diesem Käfig hatte niemand Zugang, niemand, außer Feliciano selbst und derjenige, dem er den Schlüssel dazu anvertraute. Dieser Schlüssel würde jener Person sein wahres Ich offenbaren; die Person könnte ihn wie ein Buch lesen und absolut alles von ihm erfahren. Diese Person würde derjenige sein, der den Schlüssel zu Felicianos Herzen wie einen Augapfel hütete, nein, diese eine Person wäre der Schlüssel. Man sagte oft, das jeder Topf seinen Deckel fand...Genau so war es mit den Schlössern.
Es gab sie in verschiedenen Größen, Formen und Farben. Große, Kleine, Herzförmige und Ovale. Doch was wäre ein Schloss, ohne einen Schlüssel? Es wäre nichts weiter als ein dummes Stück Metall...ebenso war es mit dem Herzen. Was brachte sich ein Herz, was brachte sich Liebe, wenn man diese nicht mit jemanden teilen konnte? Mit dem Schlüssel zum eigenen Herzen...Feliciano hatte seinen Schlüssel bereits vor vielen Jahren gefunden. Ebenso wie Ludwig.
Denn sie beide waren der Herzensschlüssel des jeweils anderen.

Stern des Himmels | GerItaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt