[4:05 Uhr; irgendwo abseits des Wanderwegs]
Es dauerte einige Minuten. Einige Minuten in kompletter Ruhe; einige Minuten im kompletten Nichts, bis Feliciano wieder zu sich kam und mit schmerzverzerrter, pulsierender Sicht die kleinen, zierlich blauen Blüten um ihn herum erkannte. Eigentlich hätte er erwartet im feuchten, grausigen Morast zu landen, anstatt einer kleinen, bewachsenen Lichtung voller Vergissmeinnicht und Gänseblümchen, die im spärlichen Mondlicht eine mystisch erscheinende Schattierung annahmen.
Felicianos Puls blieb leicht erhöht, sein brummender Schädel wurde nur stufenweise besser und sein Körper blieb schlaff und kraftlos liegen, als hätte man ihm alle Sehnen auf einmal durchgeschnitten. Seine linke Hand war zu einer Faust gebildet; die Finger waren allesamt steif und kaum zu bewegen. Salzige Tränen quollen allmählich aus den bernsteinfarbigen Augen heraus und brannten an seinen Schürfwunden wie loderndes Feuer. Und die Verbindung....dieses unsichtbare Band, welches Feliciano die ganze Zeit bis ans Limit angetrieben hatte...war nichts weiter als ein schwaches Flämmchen in seiner Seele, das man mit einem Atemzug hätte erlöschen können. Feliciano stockte.
War es hier zuende?
Hatte er den Weg zu ihm endgültig verloren?
War alles nur mehr in abertausenden, messerscharfen Scherben aufzufinden?Der Siebzehnjährige schluchzte kurz auf und presste verzweifelt die Augen zusammen.
Es konnte nicht sein. Er war doch so kurz davor gewesen; er war nicht bereit noch einmal zu verlieren. Hätte er doch nur die nötige Kraft dazu...er würde um die ganze Welt laufen, nur um ihn endlich wiederzusehen. Nur ein Mal. Nur ein einziges Mal wünschte er sich, die Zähne zusammenbeißen zu können; einmal nicht aufzugeben.
Jedoch unterlag sein Körper immer noch einer lähmenden Paralyse, die es ihm verwehrte, sofort wieder aufzuspringen und weiterzulaufen.Felicianos Herz zog sich zusammen und er bemühte sich, die Augen offen zu halten und sein Schwindelgefühl unter Kontrolle zu bringen. Er spürte den seichten Wind und die Blütenblätter auf seiner Wange kitzeln und ein angenehmes, warmes Kribbeln überfiel seine Hand, die er nun langsam wieder bewegen konnte.
Zögerlich öffnete seine geballte Faust, seine versteifen Finger kämpften mit der plötzlichen Bewegung. Und doch machte er weiter...bis ihm im silbrig-blauen Mondschein das rubinrote Band an seinem Ringfinger entgegenlachte.
Ein seliges Lächeln schlich sich auf seine Lippen; immer mehr Tränen kullerten glitzernd wie Edelsteine seine Wangen herab und versiegten schließlich als dunkle Flecken im Boden. Eine immense Welle von nostalgischen Gefühlen und alten Erinnerungen wurde freigesetzt, die auf ihn einpreschte und und ihm jede Unsicherheit und Vergessenheit wegschwemmte. Sein Herz machte einen sekundenschnellen Freudensprung; es schien auf einmal wieder voller Energie, Hoffnung und Stärke zu sein. Vorsichtig begann Feliciano mit angeschlagener Stimme zu flüstern und sein Lächeln wurde immer bitterer.
"Dieses Band, das hast du mir doch einmal geschenkt, nicht wahr...?"Feliciano kicherte leise. "Damals, als ich krank war und du bei mir warst. Ob du deines vielleicht auch noch hast?"
Schleppend zog er sich auf die Beine und lehnte sich an einen morschen Baumstamm.
"Ob du dich überhaupt an mich erinnern kannst?" Felicianos Lachen verschwand und seine Kehle schnürte sich zusammen. Aber der Italiener schüttelte den Kopf. Er musste sich an ihn erinnern. Er musste es einfach. Er hatte es ihm versprochen und selbst wenn dem nicht so sein sollte, würde Feliciano alles tun, um seinen Gesuchten von Neuem für sich zu gewinnen, immer und immer wieder.Schniefend wischte er sich die überschüssigen Tränen aus dem Gesicht und setzte langsam aber sicher seine Suche in diesem bildschönen und doch gefährlichen Wald fort. Sein Handy, welches nach dem Sturz eher unbrauchbar geworden war, steckte er geschwind in seine Hosentasche und das einzige Licht, das ihn jetzt noch durch die letzten Minuten der Nacht begleitete, war das von Mond und Sterne. Seine Schritte wurden schneller, als er sich wieder auf dem Wanderweg befand und sein Herz raste schneller als je zuvor als würde es ihm voller Motivation den Weg weisen wollen.
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Stern des Himmels | GerIta
Fiksi Penggemar13. Juni 1945 So wie die Sterne am Nachthimmel strahlen, So möchte ich dir dein graues Leben bunt bemalen. Zeitlos wie die Kunst der alten Römer, Griechen, Germanen und Tagelöhner, Möcht' ich dir hier etwas hinterlassen, Etwas mit Sorgfalt und endlo...