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Liz lässt ihren Blick durch ihr Cafè schweifen und lächelt. Sie hat sich gegen ihre Eltern durchgesetzt und ihren Traum verwirklicht. Es ist ein kleines Cafè, in dem es nur ein paar Tische gibt und eine Leseecke, in der ein Sofa und zwei gemütliche Sessel stehen. Dort sitzt, genau wie in den letzten Tagen, Jo. Liz nimmt eine Tasse Cappucchino und bringt sie ihm. „Danke Kleines", murmelt er, sieht sie aber nicht an. „O-Oh, was ist los, Jonas?". Liz und Jo kennen sich seit dem Kindergarten und sind gut befreundet. Sie setzt sich zu ihm und schaut ihn fragend an. „Diese Tour nervt" – „Warum denn? Ich dachte immer, Musik mit den Jungs ist dein Leben?" – „Ja, aber Alex geht mir gewaltig auf den Sack", grummelt Jonas. Er und zwei Freunde haben eine Band, die im Moment grade dabei ist, voll durchzustarten. „Alex?" - „ Der schleppt jeden Tag ne Neue an und konzentriert sich überhaupt nicht mehr auf die Musik" – „Bist du eifersüchtig?", neckt Liz ihn. Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er sie an. „Eifersüchtig? Wegen Frauen? Ne, bestimmt nicht. Aber er soll seine Arbeit richtig machen. Es kann nicht sein, dass er nur auf den Gigs auftaucht und sonst überhaupt nix mehr liefert. Sam und ich arbeiten am neuen Album und von ihm kommt gar nichts. Nix – Null – Nada – Niente" – „Hast du ihm das schon gesagt?" – „Ja klar, interessiert ihn bloß nicht" – „Du weißt, ich helf euch jederzeit", zwinkert Liz Jo zu und steht auf, weil Kundschaft wartet. Nachdenklich sieht er ihr nach – Liz kann sehr gut Schlagzeug spielen, sie war früher in ihrer Band, und auch bei den Melodien und Texten, die sie momentan spielen, hatte sie immer gute Ratschläge parat. Ihm kommt eine Idee, doch die muss er noch mit Sam absprechen, dem dritten Mann in der Band. Er schreibt ihm kurz eine Nachricht und dann nimmt er das Buch zur Hand, das ihm gestern wortwörtlich in die Hände gefallen ist, als er am Regal stand und sich eigentlich nach einem anderen umgesehen hatte. Doch er kommt nicht mal dazu es aufzuschlagen, weil die Antwort von Sam prompt kommt. Er lächelt und ruft Liz zu sich. „Sag mal ... du hast doch Montags Ruhetag?" – „Jaaa ...?" – „Hast du Zeit zum Proben?" – „Ich soll was? Ich hab schon ewig nicht mehr gespielt" – Liz, ich bin sicher, du bist immer noch der Hammer. Das verlernt man nicht. Biiiiitte, Kleines". Mit hochgezogenen Augenbrauen und wimpernklimpernd sieht er sie an. „Du bist so doof", lacht Liz, „na gut. Wann soll ich da sein?" – „Um neun? Bist du da schon wach?" – „Ich ja, aber ihr?" – „Ja, normal beginnen wir um zehn, aber Sam und ich sind dann eher da" – „Und Alex?" – „Wird blöd aus der Wäsche gucken, wenn du seinen Part übernommen hast" – „Ach, daher weht der Wind. Meinst du, das geht gut?" – „Werden wir sehen. Der kennt dich ja nicht und weiß nicht, dass du früher mit uns gespielt hast. Hach, das wird ein Spaß" – „Na, ich weiß ja nicht", zweifelt Liz und geht dann wieder hinter den Tresen.

Sie blickt auf, als sich die Tür öffnet. „Hey Sam" – „Liz, Sugar, wie geht es dir?". Sam beugt sich über die Theke und gibt Liz einen Kuss auf die Wange. „Gut – allerdings weiß ich nicht, ob das eine gute Idee ist". Er weiß genau, wovon sie spricht. „Lass uns mal machen, Liz. Alex braucht echt mal einen Dämpfer. Machst du mir einen Kaffee?" – „Klar, kommt sofort". Sam setzt sich zu Jo und als Liz ihm die Tasse bringt, zieht er sie auf seinen Schoß. „Sam, ich arbeite" – „Jetzt grad nicht. Ist doch eh nix los". Schmunzelnd sieht Jo zwischen den beiden hin und her. „Ich versteh immer noch nicht, warum das zwischen euch nicht klappt. Ihr wärt so ein hübsches Pärchen" – „Weil wir Freunde sind und das viel mehr wert ist als eine Beziehung zwischen uns wäre. Wie sieht's eigentlich bei dir aus?", lenkt Liz ab und sieht Jo fragend an. Der sieht auf seine Hände und druckst herum. „Jo? Was ist mit Dennis?" – „Nichts" – „Wie – nichts?" – „Na, nichts halt. Der Arsch hatte was mit nem Anderen. Weil ich angeblich nie Zeit hatte" – „Och, Jonas". Sie setzt sich zu ihm und drückt ihn fest. „Irgendwann finden wir alle unseren Deckel", meint Sam. „Schau mal Liz. Ich würde gern diese Songs am Montag probieren. Kannst du dich vorher schon etwas einspielen?" – „Ja klar, mach ich. Meint ihr, ich darf das Schlagzeug nutzen? Ich weiß, wie eigen ich bei meinem bin" – „Nimm deine eigenen Sticks mit, dann dürfte das schon in Ordnung sein. Du kannst ja nicht deine ganzen Drums mitschleppen". Liz legt den Ordner mit den losen Notenblättern hinter den Tresen, kassiert bei einem jungen Pärchen und räumt den frei gewordenen Tisch ab. Dann wirft sie einen Blick hinein. „Ihr seid ja flott unterwegs. Habt ihr gar nichts langsames mehr dabei?", fragt sie die Jungs. „Doch, aber du hast doch Power und die kannst du zeigen", zwinkert Sam ihr zu. Er und Jo stehen auf und verlassen das Café. „Wir sehen uns dann am Montag", ruft ihr Jo noch zu und sie winkt den beiden nach.
Grübelnd verlässt sie an diesem Abend ihren Arbeitsplatz, und als sie gerade zusperren will, wird sie angerempelt und die Mappe mit den Noten fliegt ihr aus der Hand. „Sorry, ich hab dich nicht gesehen" – „Schon gut". Liz bückt sich und will die Blätter aufheben, als ihr eine Männerhand zuvorkommt. „Du spielst Schlagzeug?". Verdutzt schaut sie auf und sieht in grau-grüne Augen, die sie interessiert mustern. „Ja, tu ich. Danke". Sie nimmt die Blätter, die er ihr entgegenhält und dreht sich wieder zur Tür. Sie sperrt ab und macht das Gitter runter, das für zusätzliche Sicherheit sorgt und sperrt auch dieses zu. Dann dreht sie sich um und wäre fast in den jungen Mann reingelaufen. „Hast du schon mal was von persönlichem Wohfühlabstand gehört?", pampt sie ihn an und geht seitlich an ihm vorbei. „Darf ich dich heimbringen?" – „Was?". Liz bleibt stehen und wendet sich ihm zu. „Ich kenn dich doch gar nicht" – „Dann lern mich kennen", grinst er ihr zu und streckt seine Hand aus. „Ich bin Alexander und ich lasse ungern schöne Frauen nachts alleine in der Gegend rumlaufen". Sie schaut auf seine Hand und dann wieder in sein Gesicht. In ihrem Kopf rattert es – ein Alexander, der Schlagzeugnoten erkennt? Aber der Zufall wäre doch zu groß – oder? Sie überlegt noch kurz, dann nimmt sie seine Hand. „Lisa. Aber ich hab nicht weit", sagt sie, dreht sich um und geht von ihm weg. Nach ein paar Schritten ist er aber bereits neben ihr. „Wenn ich sage, ich begleite dich, dann mach ich das auch!", grummelt er. Liz schmunzelt in sich hinein, sagt aber nichts mehr. Schweigend gehen sie nebeneinander her und Liz überdenkt ihre Bestellung, die sie am nächsten Tag machen muss. Sie ist mit ihren Gedanken weit weg, als Alexander plötzlich stehen bleibt und sie am Oberarm festhält. Überrascht schaut sie ihn an, als er ihr sanft über die Wange streicht und dann versucht, sie in eine Umarmung zu ziehen, doch sie schubst ihn weg. „Was soll das?" – „Ach komm, hab dich nicht so" – „Hast du nen Vogel? Ich wollte nicht mal, dass du mitkommst, also lass mich in Ruhe!". Verdutzt lässt er sie los und Liz geht wütend weiter. Zum Glück sind es nur noch ein paar Meter und sie schließt ihre Haustür auf, als sie seine Schritte hinter sich hört. „Warte mal" – „Du kannst mich mal!", murmelt sie und wirft die Tür hinter sich zu. Leise klopft es daran. „Es tut mir leid, Lisa". Sie holt tief Luft und wartet ab. Sie will jetzt nicht streiten, und genau darauf läuft es hinaus, wenn sie sich jetzt auf ihn einlässt. Nach einer Weile hört sie, dass er vom Haus weggeht. Sie stellt sich in der Küche ans Fenster und sieht ihm nach, er dreht sich immer wieder um und stockt, verschwindet aber doch in der Dunkelheit. Liz trinkt noch ein Glas Wasser, bevor sie sich bettfertig macht und noch etwas über diesen Mann nachdenkt.

Love - The melody of our heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt