- 17 -

54 3 1
                                    

Lange stehen sie so da. Irgendwann schiebt Alex sie nach hinten und schließt die Tür, lässt sie aber nicht aus den Armen. „Lisa, bitte, ich will mich ändern" – „Und wie willst du das schaffen? Du bist vermutlich seit 15 Jahren oder noch länger so. Und wenn du gar nicht merkst, wann ..." - „Dann zeig's mir. Nimm mich in den Arm, küss mich, box mich – egal. Zeig mir oder sag mir, wann ich mich wieder falsch verhalte. Und schreib mir nicht eine Nachricht, dass es dir nicht gut geht und du deshalb schon heim bist, so wie letztes Mal – sag mir die Wahrheit!" – „Ich weiß nicht, ob ich das kann" – „Lisa?" – „Hmm?" – „Schau mich an". Sie hebt den Kopf und sieht ihm in die Augen. „Ich liebe dich, Lisa! Liebst du mich auch?" – „Natürlich liebe ich dich, deshalb tut's doch so weh, Alex" – „Dann lass uns das gemeinsam schaffen". Sanft haucht er ihr einen Kuss auf die Lippen. „Lisa, ich ... das ist jetzt echt schwer für mich, aber ich will dir was erzählen. Darf ich reinkommen?". Lisa macht einen Schritt zurück und deutet auf die Küche, wo sie sich gegenüber an den Tisch setzen. „Ich ... also ... puh", er holt tief Luft. „Lisa, ich war nicht immer so und will es auch gar nicht mehr sein. Diese ganzen One Night Stands waren nur Ablenkung vor der Angst, mich wieder zu verlieben und wieder fallengelassen zu werden". Abwartend schaut Lisa ihn an. „Ich war zwanzig, als ich Anna kennengelernt habe. Wir waren fünf Jahre ein Paar, mit allen Höhen und Tiefen, die man sich nur vorstellen kann. Ich war mir sicher, dass sie die Frau ist, mit der ich alt werde. Wir hatten eine kleine gemeinsame Wohnung und an diesem Nachmittag - unser Jahrestag - hatte ich mir freigenommen, ohne dass sie es wusste. Ich wollte sie überraschen, kaufte noch Blumen und eine Flasche Sekt. Ich hatte mich noch gewundert, dass sie schon zuhause war, eigentlich war sie immer erst kurz vor sechs daheim". Er hebt den Kopf und schaut Lisa in die Augen. "Ich hab sie mit einem Kumpel von mir im Bett erwischt". Lisa legt eine Hand auf seine, die er vor sich auf den Tisch abgelegt hat. „Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass er nicht der Einzige war. Und seitdem hab ich, ..., naja ... " – „...nix mehr anbrennen lassen", vervollständigt Lisa seinen Satz. „Ja, bis ich dich kennengelernt hab. Bei dir kann ich einfach ich sein und fühle mich immer verstanden, egal welchen Scheiß ich bau", Lisa lächelt schwach, „du hast mir gezeigt, dass ich noch lieben kann und auch wert bin geliebt zu werden. Und das will ich nicht verlieren, Lisa". Die beiden sitzen sich lange schweigend und nachdenklich gegenüber, immer wieder treffen sich ihre Blicke. „Du kannst nachvollziehen, wie ich mich fühle?", fragt Lisa leise. „Ja, und ich will nicht der Grund sein, dass du dich beschissen fühlst. Ich möchte, dass es dir gut geht, du glücklich bist und lachen kannst, und am Allerliebsten ist mir, wenn du es wegen mir tust". Er streicht ihr zärtlich über die Wange und lässt seine Hand dann dort liegen. Lisa schließt ihre Augen. „Okay, aber beschwer dich nicht, wenn du viele blaue Flecken bekommst" – „Wirst du jetzt rabiat?" – „Nein, aber du hast gesagt, ich darf dich boxen" – „Heißt das, ..." – „Ja, du Vollhonk" – „Komm her, Sonnenschein". Mit diesen Worten zieht er sie vom Stuhl hoch in seine Arme und hält sie fest. „Bitte bitte sag mir, wenn ich was falsch mache, Lisa, egal was es ist, okay?", murmelt er in ihr Haar.
„Willst du deine Sachen vor der Haustür stehen lassen?", fragt sie nach einer Weile schmunzelnd. Er schaut sie grinsend an. „Nee, eher nicht, aber ich will dich jetzt nicht loslassen" – „Na los, geh schon, sonst wirft Sina alles weg, die kommt gleich, das wollte sie nämlich gestern schon machen" – „Ernsthaft?" Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er sie an und Lisa nickt. Als er draußen eine Autotür hört, lässt er sie los und stürmt zur Tür, wo ihm eine skeptisch dreinblickende Sina entgegenkommt. Diese geht gleich zu Lisa. „Womit hat er dich diesmal rumgekriegt?" – „Sina" – „Nix Sina, ich kann mir dann wieder deinen Herzschmerz anhören. Merkst du eigentlich noch irgendwas vor lauter Blindheit?". Schnaubend dreht sie sich um, rempelt Alex noch an und geht in ihr Zimmer. „Bei der hab ich's wohl ziemlich verbockt", sagt Alex leise. „Die beruhigt sich schon wieder. Begleitest du mich noch zum Café?" – „Ja, mach ich gern. Sag mal ...", er stellt sich hinter Lisa und schlingt seine Arme um sie, „kommst du mal wieder mit zur Lesestunde? Die Kids vermissen dich". Er nimmt ihre Hand und fährt sie zum Café. Dort steigen beide aus und er geht noch kurz mit ihr hinein. „Halt dir den ganzen Samstag frei, Liebes, geht das?" Neugierig schaut Lisa ihn an. „Ja, klar geht das" – „Gut, dann machen wir vormittags Lesestunde und nachmittags ... was anderes". Lisa nickt und will zu einem Tisch gehen, an den sich gerade ein paar Gäste gesetzt haben, doch Alex zieht sie noch kurz an sich. „Ich muss auch in die Arbeit, Lisa. Sehen wir uns vor Samstag noch?" – „Du hast Spätdienst, Alex. Da sehen wir uns doch immer eher selten" – „Okay, aber am Freitag hab ich frei, da hol ich dich dann ab". Er gibt ihr noch einen liebevollen Kuss, bevor er sie loslässt.

Am Freitag parkt er sein Auto gleich bei Lisa, bevor er die kurze Strecke zum Café zu Fuß geht. Dort setzt er sich in die Leseecke und liest in einem Buch, dass er vor Wochen schon angefangen hat. Lisa stellt ihm zwischendurch etwas zu trinken hin, hat aber keine Zeit für ihn, weil das Café gerammelt voll ist. Er ist total vertieft, als sich jemand neben ihn setzt und ihm die Hand auf seinen Oberschenkel legt. Jetzt schaut er auf die Frauenhand und hebt seinen Blick. „Hey Alex", haucht die Frau neben ihm. Er schiebt ihre Hand weg und rutscht etwas zur Seite. „Anna", antwortet er kalt. „Ach komm, tu nicht so. Du warst immer für was Schnelles zwischendurch zu haben. Und du bist immer noch einer der Besten, die ich je hatte", flüstert sie ihm ins Ohr und drückt ihre Brüste gegen seinen Arm. „Anna, das hast du dir selber verbockt. Ich hab kein Interesse mehr an dir". Alex steht auf und geht zu Lisa, die das Ganze aus der Ferne verfolgt hat. Er nimmt sie in den Arm, gibt ihr einen langen Kuss und verschwindet dann hinten im Personalraum. Lisa kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie den Blick der Frau bemerkt. Sie geht Alex kurz nach. „Wer ist das denn?" – „Anna" – „DIE Anna?" – „Ja, Liebes, genau die" – „Und was will sie von dir?" – „Mich, aber mich gibt's nicht mehr für sie" – „Okay. Du kannst gern hier hinten bleiben, aber ich muss wieder vor" – „Lisa?" – „Hmmm?" – „Ich liebe dich" – „Ich liebe dich auch, Alex". Sie drückt ihm noch einen Kuss auf die Wange und geht wieder nach vorne. Dort steht Anna vor dem Tresen und mustert sie abfällig. „Was will er denn mit so einer wie dir?". Lisa geht nicht auf die Provokation ein. „Willst du noch was trinken?" – „Nein, hier ist mir die Luft zu schlecht. Aber warte ab, Alex ist keiner für dich, der hat in Nullkommanix an jedem Finger eine Andere". Anna grinst sie böse an, aber ihre Miene ändert sich, als sich Alex hinter Lisa stellt und sie umarmt. „Gibt's Probleme, Liebes?" – „Liebes? Du nennst sie Liebes?" – „Ja, hast du ein Problem damit? Es kann dir vollkommen egal sein, wie ich meine Freundin nenne" – „Du hast NIE Kosenamen verteilt" – „Bei der richtigen Person mach ich es. Können wir dir sonst noch irgendwie helfen?" – „Nein, ich wollte gerade gehen". Mit hocherhobenem Kopf stolziert Anna aus dem Café, Lisa schaut ihr noch verwundert hinterher, während Alex hinter ihr sein Lachen verkneifen muss. „Die ist schon ... seltsam", meint Lisa und dreht sich zu ihm um. „Und mit der warst du zusammen? Fünf Jahre lang?" Alex zuckt mit den Schultern. „Frag nicht, was ich an der interessant gefunden hab", schmunzelt er. „Kann ich dir beim Spülen was abnehmen, Lisa? Du kommst ja heute gar nicht hinterher" – „Nein, das geht schon" – „Ich mach's gern" – „Naja, schlecht wär's nicht" – „Also, wo ist ein Geschirrtuch?" – „Hier". Lisa drückt ihm einen Lappen in die Hand und geht wieder zu ihren Gästen.

Love - The melody of our heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt