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Eigentlich wollte Alex nach Hause, macht dann aber noch einen Abstecher in Lisas Café. Als er dort eintritt, wird er sofort von Sina und Jo belagert. „Langsam, lasst mich doch erst mal sitzen", lacht er und zieht sein Handy aus der Hosentasche. „Das ist Lotta". Voller Stolz zeigt er das Bild von seiner Tochter und besonders Sina kann sich gar nicht davon losreißen. „Och, ist das eine Süße" - „Wie geht's Liz?", will Jo wissen. „Ich denke gut, sie hat geschlafen, als ich gegangen bin. Aber das war schon heftig heute". Alex fährt sich übers Gesicht. „Was willst du trinken?" - „Nichts, danke Jo, aber ich bin hundemüde. Ich muss echt ins Bett. Aber das holen wir nach, okay?" - „Alex?" - „Ja, Sina?" - „Schickst du mir das Bild? Ich bin ja schließlich irgendwie die Tante" - „Ja, und mir auch - Onkel Jo", grinst Jonas und Alex lacht los. „Ja, klar, bekommt ihr und Onkel Sam natürlich auch". Er tippt kurz auf seinem Handy und steht dann auf. „Gute Nacht ihr beiden" - „Gute Nacht, Papa Alex", ruft ihm Jo hinterher. Dieser geht mit einem glücklichen Lächeln endgültig nach Hause, wo er ins Bett fällt und sofort einschläft.

Am nächsten Tag geht sein erster Gang auf die Intensivstation, aber Lisa ist bereits wieder auf der normalen Station. Also sucht er sie dort, aber sie liegt nicht in ihrem Zimmer. Schmunzelnd, aber kopfschüttelnd geht er zu Lotta, wo er Lisa auch findet. Sie sitzt in einem bequemen Stuhl und hat die Kleine auf der Brust. „Na, meine zwei Schönen, wie geht es euch?", begrüßt er Lisa, gibt ihr noch einen sanften Kuss und streichelt Lotta über den Kopf, bevor er sich einen anderen Stuhl neben die beiden zieht. „Ganz gut", antwortet Lisa leise. Fragend schaut er sie an. „Naja, die Narbe zwickt ganz schön" - „Liebes, das ist grade mal ein paar Stunden her, und du schonst dich ja nicht gerade. Wie bist du hierher gekommen?" - „Mit dem Aufzug" - „Zu Fuß?" - „Ja, wie denn sonst?" - „Wenn du auf mich gewartet hättest, hätte ich dich mit dem Rollstuhl hergefahren. Das wäre wesentlich besser gewesen, Lisa. Du musst jetzt nicht sofort wieder auf den Füssen stehen, sonst klappst du mir noch zusammen. Wissen die Schwestern das?" Lisa schüttelt verneinend den Kopf. „Dachte ich mir. Die hätten dich nicht gehen lassen. Lisa, bitte schone dich". Tief sieht Alex ihr in die Augen und sie nickt zögernd. „Hast du überhaupt gefrühstückt?" - „Nein" - „Okay, du legst jetzt Lotta ins Bett und wir beide gehen was essen" - „Aber ..." - „Nix aber, du brauchst deine Kräfte und die kommen nicht einfach so. Bin gleich wieder da". Überrascht schaut ihm Lisa hinterher. Nach ein paar Minuten kommt er mit einem Rollstuhl wieder, nimmt ihr Lotta ab und legt sie ins Bett. „So, Lady, du setzt dich jetzt hier rein und wir fahren auf dein Zimmer" - „Ich kann laufen" - „Nein, du setzt dich hier rein, Lisa! Heute und morgen dulde ich da keine Widerrede, danach kannst du laufen soviel du willst. Im Übrigen kommen Jo und Sina heute Nachmittag, Sam schaut morgen Vormittag mal vorbei, die werden dich mit Begeisterung durch die Gänge schieben", lacht Alex. „Na komm, Sonnenschein", sagt er dann aufmunternd zu ihr. Lisa setzt sich in den Rollstuhl, sie merkt ja selber, dass das Laufen noch nicht wirklich gut tut, und Alex schiebt sie zum Aufzug.

Während sie frühstückt, reden die beiden viel über das vergangene halbe Jahr. Irgendwann sieht Alex Lisa grübelnd an. „Lisa?" - „Hmm?" - „Meinst du, in deinem Häuschen wär noch Platz für mich?" Lisa verschluckt sich an dem Bissen, den sie grade im Mund hat. „Was?", hustet sie. „Naja, ich wär gern bei euch beiden" - „Ähm ... ja ... also ... das kommt jetzt ein bisschen plötzlich", stottert Lisa. „Überlegs dir, aber ich wär echt gern so viel wie möglich bei euch, dann könnte ich dich auch unterstützen und meine Lieblingsfrauen wären immer bei mir" - „Das muss ich erst mit Sina besprechen, die wohnt ja schließlich auch da" - „Schon klar". Die beiden werden von einem Klopfen an der Tür unterbrochen, die Visite steht an. Alex geht kurz nach draußen, während Lisa untersucht wird. „Na, alles in Ordnung?", fragt er Lisa, als er danach wieder ins Zimmer geht. „Ja, soweit schon" - „Klingt ja nicht so überzeugt" - „Hmmm". Stirnrunzelnd sieht er sie an und nimmt sie dann fest in die Arme. „Was ist los, Lisa?" - „Sie raten mir von weiteren Schwangerschaften ab". Alex streicht ihr sanft über den Rücken, während sie beginnt zu weinen. „Warum?", flüstert er nach einer Weile in ihr Haar. „Weil ... ach, ich versteh dieses Ärzte-Kauderwelsch doch nicht. Keine Ahnung, hat irgendwas mit Wucherungen und dieser doofen Narbe an der Gebärmutter zu tun, weil die so groß ist oder so ...". Alex schmunzelt kurz über ihre Wortwahl, wird aber gleich wieder ernst, schiebt sie von sich und nimmt ihren Kopf in seine Hände. „Wenn du willst, rede ich nochmal mit den Ärzten und lass es mir erklären, Liebes". Zärtlich wischt er ihre Tränen weg und schließt sie wieder in die Arme. „Ich wollte doch immer eine große Familie", schluchzt Lisa. „Die hast du doch - Jo ist auch ein Kind, manchmal jedenfalls, und Sina und Sam sind auch deine Familie". Unter Tränen lächelt Lisa. „Das ist nicht das Gleiche" - „Das weiß ich, Lisa, aber schau ... du hast eine wundervolle Tochter, du hast Freunde, die zu dir stehen, du hast dein Café, das du dir ganz alleine aufgebaut hast und naja ... du hast mich, deinen Idioten, der dir die Welt zu Füssen legen will und dich über alles liebt" - „Mein Idiot, ja?" - „Ja. Wieso hörst du nur das?" - „Ich hab alles gehört, und du hast recht, Alex. Weißt du, der Kopf versteht das auch, aber das Herz wollte immer mehr. Und das ist echt schwer" - „Darf ich ehrlich sein?". Verdutzt sieht Lisa ihn an. „Natürlich" - „Lisa, du bist gestern dem Tod von der Schippe gesprungen, das war echt knapp. Fordere dein Glück bitte nicht heraus. Lotta braucht dich, wir alle brauchen dich. Wenn die Ärzte sagen, du sollst nicht mehr schwanger werden, dann hat das gute Gründe" - „Redest du mit ihm?" - „Mit wem?" - „Dem Arzt, der grade hier war" - „Ja, mein Sonnenschein, wenn du das willst, machen wir das nochmal gemeinsam" - „Gemeinsam?" - „Ja, wir beide. Ich allein darf ja eigentlich gar keine Auskunft bekommen". Lisa nickt nachdenklich. „War das gestern echt so knapp?", fragt sie Alex. „Oh ja, Liebes, wenn ich nicht in deinem Zimmer gewesen wäre und gleich reagiert hätte, wärst du verblutet". Lisa merkt, dass er sich anspannt und sie noch fester umarmt. „Autsch", flüstert sie und er lockert sofort seinen Griff. „Sorry, aber ..." - „Schon gut ... lass uns wieder nach unten gehen". Lisa setzt sich wieder in den Rollstuhl und gemeinsam fahren sie wieder auf die Kinderstation. Lisa bekommt Lotta gleich in die Arme gelegt, während Alex kurz mit den Schwestern redet. Lisa ist so vertieft in den Anblick des Babys in ihren Armen, dass sie nicht bemerkt, wie er sich neben sie setzt. „Es geht ihr gut, Liebes", sagt er leise und wischt ihr die Tränen vom Gesicht, die ihr unbemerkt über die Wangen laufen. „Sie trinkt fleißig, atmet ohne Hilfe und ist ein kleiner Sonnenschein - wie ihre Mama". Alex drückt Lisa einen Kuss auf die Schläfe, dann beugt er sich zu seiner Tochter, die einen Schmatz auf die Backe bekommt.

Love - The melody of our heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt