Kapitel 2

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Ich war froh als ich mich wieder auf mein Zimmer zurückziehen konnte, wo Djana wartete, um mir aus dem Kleid zu helfen.

"Djana?"

"Ja Herrin?", erwiederte sie und begann mein Kleid aufzuschnüren.

"Hast du etwas von Aufständen in der Stadt gehört?"

Kurz stockte sie in ihrer Aufgabe.

"Ja Herrin."

"Was genau?", wollte ich wissen.

Djana fuhr mit ihrer Aufgabe fort.

"Ich habe gehört, dass sie für ein besseres Leben kämpfen. Nur wenige haben sie je gesehen, aber manchmal..."

Sie zögerte.

"Was ist manchmal?", fragte ich.

"Manchmal taucht Geld vor den Türen der Ärmsten auf. Es rettet sie vor den Hungertod."

Sie schwieg wieder.

"Sind es viele Türen vor denen Geld abgelegt wird?"

Ich dachte nach. Es würde den Rebellen Sympathie seitens der Bevölkerung einbringen.

"Wart ihr jemals in der Stadt, Herrin?", stellte Djana mir eine Gegenfrage.

Ich dachte an früher, wenn ich mit der Kutsche durch die Stadt gefahren war. Viel gesehen hatte ich dabei nicht. Ich antwortete Djana nicht, aber das musste ich auch nicht. Wir wussten beide die Antwort. Sie half mir ins Badewasser und massierte mir sanft die Seife ins Haar. Ich schloss die Augen.

"Werden Menschen bei ihren Aktionen verletzt?"

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, wenn es so wäre. Das Einzige, was ich wusste war, dass ich mehr Informationen brauchte.

"Ich denke sie versuchen die Bevölkerung da heraus zu halten. Aber natürlich müssen sie sich wehren, wenn die Wachen sie angreifen."

Djanas Stimme klang vorsichtig.

"Schon gut", sagte ich, "sprich ruhig offen aus, was du denkst. Ich werde nicht urteilen."

Sie zögerte immer noch.

"Ich hab Angst, dass meine Worte gegen mich verwendet werden können", platzte sie heraus.

Ich drehte meinen Kopf und sah sie an. Sie schlug die Augen nieder. Ich drehte mich wieder um und lehnte mich zurück. Ich verstand sie. Wahrscheinlich stand sie insgeheim hinter den Absichten der Rebellen. Und schließlich verriet ich ihr ja auch nichts von den Büchern, die ich eigentlich nicht lesen sollte.

"Das ist in Ordnung", versicherte ich ihr.

Ich drehte den Kopf und sah sie an.

"Wirklich Djana, jeder hat Ansichten, die er geheim halten muss", sagte ich und gab so ein wenig über mein Geheimnis preis.

Sie lächelte mich zögerlich an und ich lächelte zurück. Dann wusch sie mir die Haare aus und half mir ins Nachtgewand. Später im Bett dachte ich über das was ich gehört hatte nach. Ich verfluchte den Umstand, dass ich so wenig wusste und beschloss mir das Wissen anzueignen, was mir fehlte, um mir ein Bild machen zu können.

Sonnenstrahlen kitzelten mich wach und ich öffnete langsam die Augen. Der Morgen war angebrochen und ich hatte mir vorgenommen mehr über die Situation des Reiches zu erfahren. Ich läutete und wenig später erschien Djana.

"Guten Morgen", begrüßte sie mich.

"Guten Morgen, Djana. Kannst du mir heute ein Kleid raus legen in dem ich mich gut bewegen kann?", fragte ich sie und kaute nervös auf meiner Lippe.

Ich würde heute zum ersten Mal seit Jahren den Palast verlassen. Da war ich schon etwas nervös.

"Wollt ihr in den Palastgärten spazieren gehen?", fragte sie mich während sie in meinen Schrank verschwand, der schon fast ein kleines Zimmer war.

"Hmm", machte ich nur unbestimmt und öffnete schon mal mein Nachthemd.

"Lasst mich das machen", sagte sie und kurz darauf spürte wie ihre Finger mir den Stoff von den Schultern streiften.

Dann reichte sie mir das Gewand, welches eine Hose beinhaltete, die unter einem weinroten Rock verborgen war. Das Oberteil war langärmelig mit auffälligen Steinen geschmückt. Auch wenn es das bequemste Gewand war, welches ich besaß, engte es mich ein. Djana flochtete mir noch die Haare. Gerade als sie fertig war, klopfte es an der Tür. Djana lief zur Tür und öffnete sie. Ein Diener stand davor.

"Prinzessin."

Er verbeugte sich.

"Eure Mutter wartet im Salon, um gemeinsam mit euch das Frühstück einzunehmen."

Ich nickte.

"Richte ihr aus, dass ich komme."

Der Diener verschwand und ich warf noch mal einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ich sah nicht aus als wollte ich in die Stadt. Eher als würde ich mit dem Adel Tee trinken wollen. Ich hoffte mich würde niemand erkennen. Obwohl ich auffallen würde. Aber ich glaubte mein Gesicht war nicht so bekannt als das ich erkannt werden würde. Hoffte ich zumindest.

"Bis dann, Djana", verabschiedete ich mich und machte mich auf dem Weg zum Salon.

Es war der einzige Raum im Palast, der den Frauen vorbehalten war, vor allem der Königin. Meine Mutter hielt sich oft dort auf. Mein Vater frühstückte nicht. Deshalb waren das die einzigen Stunden in denen meine Mutter und ich ungestört waren. Ich klopfte an die Tür und der Diener öffnete sie. Ich trat ein. Meine Mutter saß am Tisch, der mit einer weißen Spitzentischdecke bedeckt war. Darauf standen Köstlichkeiten aller Art.

"Guten Morgen, Mutter", begrüßte ich sie und küsste sie auf die Wange.

"Willst du ausgehen, Samira?", fragte sie und musterte meinen Aufzug.

"Nur ein wenig spazieren gehen", beruhigte ich sie bevor sie mir einen Vortrag darüber hielt, dass ich mich als Dame kutschieren lassen sollte.

Sie nickte nur.

"Wir werden dir ein neues Kleid für den Ball schneidern lassen. Es wäre gut, wenn du dir schon mal Gedanken darüber machen würdest, welche Farben und welches Material verwendet werden soll."

Ich verkniff mir ein Stöhnen.

"Kommt der Schneider heute oder morgen?", fragte ich und begann zu Essen.

Meine Mutter nippte nur an ihrer Tasse.

"Er ist schon da, wird sich aber erstmal um die Kleidung deines Vaters kümmern. Morgen nimmt er dann Maße für unsere."

Also würde ich morgen dann zu nichts anderes kommen. Ein langer Tag an dem ich nur still stehen musste stand mir bevor. Wenigstens kam ich heute nochmal raus. Meine Mutter erzählte noch ein wenig von der Planung des Balls und ich nickte hin und wieder. Ich beneidete sie nicht um ihre Aufgabe. Eines Tages wäre es meine alles zu organisieren. Diesbezüglich war meine Mutter die beste Lehrerin, die ich je dafür haben hätte können. Ich aß auf und wollte mich gerade von meiner Mutter verabschieden als sie das Thema wechselte.

"Prinz Harun und eine große Auswahl an Edelmännern werden ebenfalls da sein. Es wäre gut, wenn du einige von ihnen schon mal kennenlernst."

Ich verschluckte mich fast an meinem letzten Bissen.

"Will Vater, dass ich schon heirate?" Sie schüttelte den Kopf und ich atmete auf.

"Aber es wird geschehen und ich wäre beruhigter, wenn du vorher deine Auswahl kennst."

Alles was sie sagte, war logisch. Doch ich wollte noch nichts davon hören.

"In Ordnung Mutter. Dann lasse ich dich jetzt alleine, bis heute Abend."

Ich stand auf und verabschiedete mich mit einem Kuss auf ihre Wange. Sobald sich die Türen des Salons hinter mir schlossen eilte ich los.

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