Kapitel 8

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Ich wusste, dass ich nicht in die Nähe des Portals durfte, weil es mich dann hinein saugen würde. Also blieb ich sicherheitshalber da liegen wo ich war. Viele Meter vom Loch entfernt. Direkt in der Menge, der erstarrten Leute. Sollte ich mir vielleicht Sorgen machen? Der Kaiser starrte auf das Portal und fluchte dann lautstark. Ich meinte sowas wie "hirnamputierter Bastard" und "dummes Arschloch" herauszuhören, aber ich war mir nicht sicher, also sagte ich nichts. Nicht das ich es getan hätte, wenn es so wäre. Er ging zum Portal. Und blieb direkt davor stehen. Dann ging er in die Hocke und seine Hand überzog ein rotes glühen. Mit der Hand fuhr er über das Portal. Als nichts passierte, runzelte er die Stirn. Er stand auf. Oder besser gesagt: er wollte aufstehen. Aber dazu kam es nicht. Denn ein Windstoß zog ihn direkt in das Portal. In einem Moment war er noch da, im nächsten nicht mehr. Seine Beine wurden vom Boden gerissen und er flog über das  Portal. Seine Hände glühten wieder in einem starken rot, versuchten das Portal zu schließen. Aber irgendetwas lenkte ihn ab, er starrte in das Portal und blinzelte. Das Glühen seiner Hände wurde schwächer bis er sich wieder besann und das rot stärker wurde. Aber er hatte bereits zu viel Zeit verstreichen lassen und im nächsten Moment wurde er wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen. Direkt in das gelbliche Loch. Reflexartig hob ich meinen Kopf und brachte mich in eine aufrechte Position. Jetzt sollte ich mir definitiv sorgen machen. Ich erhob mich auf meine Füße und kaute auf der Innenseite meiner Wange. Das war nicht gut. Das war überhaupt nicht gut. Ich war die einzige, die nicht erstarrt war. Und ich war allein. Plötzlich kamen mir die Tränen. Ich hatte versagt. Aber sowas von. Ich hatte Ina dort gelassen wo sie war, weil ich gedacht hatte, dass sie dort an sichersten war, aber jetzt konnte ich das nicht überprüfen. Und Laurin? Ich wusste weder wo Laurin noch Sebastian waren. Ich wollte sie in Sicherheit wissen, aber ich wusste nicht einmal mehr ob sie noch lebten.
Du wurdest hier versklavt.
Sie waren meine Freunde.
Du wurdest hier versklavt.
Sie tragen keine Schuld daran. Es war der Befehl des Königs gewesen, jeden zu versklaven, der nicht aus Benorien stammte. Verdammt, ich hatte ein Problem. Und Ich musste unbedingt den anderen Menschen helfen.
Die Menschen haben dich wie Abschaum behandelt. Wie eine Sklavin.
Sie wussten es nicht besser. Es war nicht ihre Schuld. Auf wackeligen Beinen machte ich einen Schritt aus der Menge raus, dann noch einen. Weiter kam ich nicht. Denn plötzlich zog etwas an mir. Versuchte mich wegzubewegen. Ich schrie. Und bemerkte entsetzt, dass ich gegen meinen Willen auf das Portal zusteuerte. Ich fuchtelte mit meinen Armen wild herum, wusste aber das es aussichtslos war. Ich spürte Hände auf meinem Rücken die mich vorwärts schoben, aber als ich nach hinten schaute, war da niemand. Vielleicht bildete ich mir das ein. Aber da tat nichts zur Sache. So oder so hatte ich das Problem auf das Portal zuzusteueren, welches langsam begann kleiner zu werden. Okay. Wenn das Portal begann sich zu schließen, war es nur eine Frage der Zeit bis es ganz verschwunden war. Und diese Zeit, die das Portal zum schließen benötigte, musste ich für den Weg hinauszögern, damit ich erst ankam, wenn es kein Portal mehr gab. Also sammelte ich all meine Kraftreserven und bohrte meine Hacken in das Gras. Meine Füße taten höllisch weh und ich verlor dadurch wertvolle Energie, aber tatsächlich wurde ich dadurch ein wenig abgebremst und ich kam langsamer voran. Hoffentlich genügte die dazu gewonnene Zeit. Als ich bis auf wenige Meter vor dem Portal stand, schloss es sich ganz und ich atmete erleichtert aus. Es war nur noch grüner, saftiger Rasen zu sehen. Blutfrei wohlbemerkt. Ich gab meine Füße frei und die unsichtbaren Hände schoben mich einige Meter weiter dorthin, wo einst das Portal gewesen war. Genauer gesagt vor 7 Sekunden noch. Dann ließen sie von mir ab und ich schüttelte mich. Man war das gruselig. Noch gruseliger als die zickige Martha, die mir in Kräuterkunde Unterricht gegeben hatte. Mein brauner Kartoffelartiger Kleid-Sack hatte das überraschenderweise unbeschadet überstanden. Meine dünnen Schuhe aus Baumwolle ebenfalls. Meine seltsamen Haare aber, die in leichten Wellen gelockt waren und vom Ansatz bis zu meinem mittleren Oberarm Pechschwarz waren, hatten sich vollständig aus meinem Dutt gelöst. Die letzten Zehn Zentimeter, von meinem mittleren Oberarm bis zu den spitzen meiner Haare waren grau. Genauso sturmgrau wie meine Augen, die bestimmt vollkommen verängstigt wirken mussten auf einen Außenstehenden. Nicht das die Außenstehenden besonders viel tun könnten außer erstarren. Meine schwach gebräunte Haut war durch den ganzen Stress ganz bleich geworden. Wenn auch nicht so bleich wie der Kaiser. Ich befeuchtete mit der Zunge meine vollen Beerenfarbenen Lippen und wischte mit der Hand an meinen hohen, feinen Wangenknochen den Dreck weg. Zumindest versuchte ich das. Gerade als ich dabei gewesen war, den Staub von meinem Kartoffelsackkleid zu klopfen erschien unter meinen Füßen ein gelbliches Licht. Das sich rasant ausweitete und zu seiner üblichen Größe zurückfand. Und weil ich Idiotin mitten in diesem Kreis stand, fiel ich zwangsläufig direkt in das Portal. Mit einem Schrei wurde ich nach unten gerissen und das letzte was ich bemerkte, war das Portal, dass sich über mir wieder schloss. Dann wurde alles schwarz. Oder besser gesagt, alles wurde gelb.
Aber vertraut mir, wenn ich sage: Das war nichts im Vergleich zu dem, was noch auf mich zukommen würde.

The Enslaved GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt