Stolz und Einsamkeit

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Es war bereits ein halbes Jahr vergangen, seit der Krönung und unserer Verlobung. Die Königin hatte es bereits aufgegeben eine große Feierlichkeit zu planen, da mein verlobter seit Tag eins von den Pflichten eines Königs praktisch verschlungen wurde. Während also Loki versuchte sein Königreich wieder zu vereinen, blieb mein größtes Problem der stetig wachsende Bauch. Die Tatsache das, dass Kind zur Hälfte ein Eisriese war half nicht unbedingt meiner Situation. Seit dem dritten Schwangerschaftsmonat musste ich beinahe wöchentlich zu einem weiteren Kleid wechseln, oder mich komplett unter einem Umhang verstecken. Bald würde es aber nicht mehr zu verstecken sein, wir mussten uns endlich vermählen. Es klang zwar sehr zwanghaft und wenig romantisch, aber bei der ganzen Sache dachte ich an unser Kind, und das es als Bastard betitelt werden würde. Doch ich wusste auch das Loki jedes Mal wenn er durch die Tür seines Gemachs trat, unendlich Müde aussah und am liebsten wieder mit mir in Midgard den ganzen Tag im Bett liegen würde. Auch wenn er offiziell von Asgard aus regierte, verlangten die verstreuten Stämme ihren König zu sehen, um ihnen zu zeigen das er einer von ihnen war. Einmal war Loki sogar so erschöpft gewesen dass er vergaß seine Jotunen Gestalt wieder zu verbergen und eine Gruppe von Ladys fast damit zu Tode erschreckte. Und wenn er dann einmal nach Hause kehrte, musste er sich an einen Berg Formulare setzen, wobei er meist am Schreibtisch einschlief. Auch wenn Loki sein bestes gab, die angespannte Lage in Jotunheim schien sich nicht zu bessern. Es grenzte schon beinahe an ein Wunder, das noch keine Revolte ausgebrochen war. Heute war wieder einer der Tage an denen er Heim kehrte, diesmal war er ganze sechs Tage fort, seine bisher längste Reise. Ich hatte von einem Boten erfahren das er gerade so noch einen Kampf mit einer der größten Gruppen die es gab abwenden konnte, nun die Verhandlungen ruhen ließ und nach Hause kehrte. Den halben Tag wartete ich schon in seinem Gemach auf seine Rückkehr, gerne hätte ich am Bifröst auf ihn gewartet doch der Weg war seit zwei Wochen zu anstrengend geworden. Und selbst die Spaziergänge mit Sif oder der Königin durch die Gärten war so kräftezehrend das wir mehrere Pausen einlegten. Mein Bauch war zwar erst etwa so groß wie meine Oberweite, dennoch blieb ich seit zwei Wochen lieber in der Nähe des Palastes. Denn die Wahrheit über das Gerücht meiner Schwangerschaft würde nur herauskommen, wenn man mich als einer der stärksten Kriegerinnen in ganz Asgard in diesem Zustand erblicken würde. Eigentlich war diese Aufzehrung meiner Kräfte eine Schmach für mich als Kriegerin, doch gerade war es für mich als werdende Mutter wichtiger das es dabei vor allem meinem Kind gut ging. Was die Heiler auch bestätigen konnten, doch die Tatsache war einfach das mein Körper nur für normal wachsende Kinder ausgelegt war und nicht für einen Eisriesen, was den übermäßigen Kraftverbrauch meines Körpers erklärte. Zu meiner Erleichterung konnten sie auch größere Komplikationen die noch folgen könnten, zum Großteil ausschließen. Zum Beispiel das mein Bauch einfach aufriss weil das Kind zu groß wurde, und ich dann einfach kläglich an meinem aufgerissenen Leib sterben würde. Ein Schauer durchfuhr meinen Körper bei diesem Gedanken, im nächsten Moment jedoch bemerkte ich in meinem Augenwinkel das die Tür geöffnet wurde und ich aus meinen Gedanken wieder heraus fuhr. Als mich Loki auf dem Bett sitzen sah, wandelte sich sein endlos besorgtes Gesicht zu einem schwachen Lächeln, ein kleiner Trost für mich worauf ich ihm auch ein warmes Lächeln schenkte „Er ist wieder gewachsen.“ Bemerkte er während die Tür hinter ihm zufiel und er auf mich zu trat. Als Loki vor mir angekommen war, beugte er sich zuerst zu mir herunter um mir einen Kuss auf die Lippen zu geben, dann ging er auf die Knie um erst den Bauch zu küssen und darauf seinen Kopf auf diesem abzulegen. Seine Muskeln entspannten sich, als er einfach nur mit geschlossenen Augenliedern dem Herzschlag von unserem Kind und mir lauschte. Von nahem sah er sogar noch fertiger aus, seine Augen waren von dunklen Schatten durchzogen, die von seinen vielen rastlosen Tagen zeugten. Kurz dachte ich Loki wäre eingeschlafen, doch von einem Augenblick auf den anderen öffnete er schlagartig die Augen, als ob ihn jemand gewaltsam dazu gebracht hätte. Sanft legte ich ihm meine Hand auf seine schwarze Mähne „Bald wird er nicht mehr zu verstecken sein.“ Flüsterte ich zu ihm herunter, worauf er seinen Kopf wieder hob „Aber…“ setzte Loki schon an, doch ich unterbrach ihn „Loki wir müssen endlich etwas tun, sonst wird es zu spät sein.“ Missmutig erhob er sich wieder bei meinen Worten, seine Lippen öffneten sich schon als wollte er mir wieder widersprechen, doch er schloss sie wieder. Loki wusste das ich recht hatte und das es dass beste für unser Kind war, doch es ging ihm eher um seinen eigenen Frieden den er stetig versuchte zu beschützen. Und so öffneten sich Lokis Lippen erneut, nun um mir endgültig seinen Standpunkt klar zu machen „Mein Königreich steht kurz vor einem Krieg, ich habe keine Ahnung wie oder ob ich ihn überhaupt abwenden kann. Und das letzte was ich gebrauchen kann, ist die Bekanntgabe einer Vermählung mit einer Asgardianerin. Wie soll ich da meinem Volk endlich Frieden bringen, wenn sie nicht mal mich als ihren König anerkennen, obwohl ich verdammt nochmal als Eisriese geboren wurde!“ Während er dies sagte lief er durch den Raum und seine Stimme wurde bei jedem Satz lauter, bis er mich bei seinen letzten Worten anschrie. Seine Haut wurde blau und seine Augen nahmen den stechenden roten Ton seiner Eisriesengestalt an. In seinem Gesicht war nichts als Wut, während ich gegen meine aufkommenden Tränen verlor und sie mir über das Gesicht liefen. Augenblicklich wurden Lokis Gesichtszüge weicher und er wollte wieder an mich herantreten, doch diese Chance gab ich ihm nicht. Fluchtartig ging ich durch sein Gemach, riss mir dabei Lokis Ring von meinem Finger und ließ ihn achtlos zu Boden fallen. Ein halbes Jahr hatte er mich mit den Worten sitzen lassen ‚das er nicht heiraten wolle inmitten des Chaos dass in Jotunheim herrschte‘ doch nun war die Wahrheit draußen. Sein Königreich war ihm wichtiger, als seine eigene Familie. Kurz kam mir der Gedanke dass Lokis Worte der Müdigkeit entsprungen waren, doch ich verwarf ihn wieder denn es machte sie nicht ungesagt. Seine vielen Reisen, die meist Tagelang andauerten zeugten vom Wahrheitsgehalt seiner Worte. Er war im letzten halben Jahr kein einziges Mal mehr mit mir in die Heilkammer gekommen, um den Fortschritt der Schwangerschaft zu bewundern. Er hatte an den meisten Tagen, an denen er zurückkehrte nicht einmal Zeit um mit mir einen Spaziergang zu machen. Und wenn es doch einmal geschehen war, wurde er gleich innerhalb von fünf Schritten wieder von mir weggezerrt, um das nächste Dokument für das Wohl des uneinigen Volkes von Jotunheim zu quittieren. Nicht mal ein paar ruhige Minuten waren vorhanden gewesen, um wirklich mit ihm zu reden. Nie waren wir weiter gekommen, als dass wir unsere Vermählung weiter verschoben. Und nie hatte er je erzählt wie seine nächsten Schritte als König waren, oder welchen Erfolg oder Misserfolg er erzielte. Ohne die Boten, würde ich nicht einmal wissen ob Loki noch lebte. Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, wie einsam ich war seitdem Loki nun König von dieser Eiseinöde war. Die ganze Zeit war ich einfach nur stolz auf ihn gewesen, doch jetzt war nur noch meine eigensinnige Einsamkeit im Vordergrund meiner Gedanken. Meine Flucht führte mich zu meinen Gemächern, schwer atmend kam ich bei diesen an und stützte mich gegen die Tür. Ich hatte gar nicht bemerkt das ich so schnell gelaufen war. Als ich wieder richtig durchatmen konnte, trat ich in meine Gemächer ein, ließ die Tür hinter mir wieder ins Schloss fallen und legte mich auf mein Bett. In diesem blieb ich auch die nächsten Tage liegen, und bat Sif mir Loki vom Leib zu halten. Denn er hatte mich verletzt und unser gemeinsames Leben mit Füßen getreten. Fürs erste wollte ich nicht mal eine Haarsträhne von ihm sehen. Doch nicht nur dass er sein Volk, unserer Liebe vorgezogen hatte, er wählte auch für unser Kind die schandreiche Zukunft eines Bastards. Und das konnte ich ihm am allerwenigsten Verzeihen. Immer wieder brach ich in Tränen aus und zweifelte dabei an Lokis Liebe. Wie viel davon vielleicht doch nur eine Laune des Gottes des Schabernacks war. Am Abend des dritten Tages, sollte mein Selbstmitleid jedoch ein Ende haben. Denn dann kam die Königin durch meine Tür geschlüpft mit ihrem immerwährenden warmen Lächeln, und setzte sich auf meine Bettkante „Es wird besser werden.“ Sagte sie, während sie mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht strich „Er braucht noch etwas Zeit um sein Reich zu ordnen. Sobald Frieden herrscht wird er wieder der alte sein.“ Versicherte sie mir. Doch das wagte ich zu bezweifeln, denn der Loki vor einem halben Jahr hätte nie unser gemeinsames Leben für diese Eisriesen geopfert. Plötzlich bemerkte ich die Tiefe und weiter wachsende Abscheu für die Jotunen in mir, die ich sogleich wieder verdrängen wollte. Es brachte nichts irgendjemanden dafür zu hassen, dass diese Krone mir in den letzten Monaten Loki förmlich entrissen hatte. Kopf nickend quittierte ich die Worte der Königin schweigend „Loki ist noch hier, wenn du mit ihm reden möchtest.“ Sagte sie noch, bevor sich Frigga wieder von der Bettkante erhob „Ich wüsste nicht was das bringen sollte. Er hat deutlich klar gemacht das er kein gemeinsames Leben mit mir möchte.“ Gab ich noch meine Meinung hinzu, ehe ich mich zur Seite wegdrehte und hoffte Frigga würde einfach gehen. Doch das tat sie nicht „Ich denke in seinem Herzen möchte er nichts anderes, als ein gemeinsames Leben mit dir und eurem Kind.“ Gab sie Preis und erklärte mir weiter „Doch gerade beherrschen seine Pflichten als König sein ganzes Leben. Ich weiß wie schwer es manchmal sein kann die Gemahlin eines Königs zu sein, doch Verüble es ihm bitte nicht.“ Mit diesen Worten ging sie dann auch, und ließ mich wieder mit meinen Gedanken allein. Diese verhellten sich langsam wieder und ließen damit den Tage langen Selbstmitleid enden. Langsam suchten sich auch Tränen den Weg nach draußen und mir wurde schmerzlich bewusst wie sehr ich doch Loki vermisste und auch Thor mit dem es dieses Tage lang im Bett liegen, nie gegeben hätte. Ich fühlte mich verlassen und dumm, nun Loki von mir ferngehalten zu haben obwohl ich ihn doch so vermisste. Meine Verletzten Gefühle waren wie weggeblasen und das einzigste was ich nun wollte, war Loki zu umarmen und ihm zu sagen wie sehr ich ihn doch vermisste, liebte und ihm beistehen wollte in dieser schweren Zeit. Schnell hievte ich mich von meinem Bett auf, nur um als ich stand in meiner Bewegung kurz inne zu halten, und den plötzlich aufkommenden Schwindel zu verarbeiten. Die letzten Tage waren nicht unbedingt produktiv für meine körperlichen Kräfte gewesen, das viele liegen hatte mich geschwächt. Nun noch etwas langsamer unterwegs, schlurfte ich durch die Gänge Asgards um Loki zu finden. Als ich ihn nicht in seinen Gemächern antraf, machte ich mich auf den Weg zur Bibliothek um dort nachzusehen. Auf dem Weg dorthin, kam ich an der Schenke vorbei aus der lautes Gejohle drang. Nur einen kurzen Blick wollte ich mir genehmigen, um zu sehen ob vielleicht Sif oder einer der tapferen Drei gerade ausgelassen feierten. Ein bisschen Aufmunterung konnte ich gerade wirklich gut gebrauchen, und was war aufmunternder als eine Feier. Doch bevor ich um die Ecke gehen konnte, um in die Schenke blicken zu können, kam mir Hogun mit einem Becher entgegen. Lächelnd begrüßte ich ihn, doch dieser sah überhaupt nicht aus als wäre er in Feierlaune „Was machst du hier?“ fragte er mich erschrocken und schon fast panisch. Leicht schüttelte ich den Kopf „Ich wollte nur kurz…“ setzte ich an, doch Hogun unterbrach mich „Alkohol ist nicht gut für euer Kind.“ Sagte er mit steinerner Miene und schob sich mir in den Weg, um zu verhindern das ich weiter gehen konnte. Misstrauisch lächelte ich ihn an „Ich wollte kein Met.“ Erklärte ich ihm und plötzlich hallte Lokis Stimme aus der Schenke. Erschrocken darüber blickte ich Hogun an und stürmte an ihm vorbei um durch die geöffnete Tür der Schenke blicken zu können. Was sich mir nun für ein Schauspiel bot, war jenseits jeder meiner Vorstellungen. Lachend saß Loki an einem Tisch, mit zwei Frauen auf seinem Schoß und Kriegern die ihm zu prosteten. Im ersten Moment geschockt von diesem Anblick blieb ich wie angewurzelt stehen und sah mir das ganze an, bis Loki nach einem Schluck aus seinem Krug anfing eine der beiden Frauen zu küssen. Wutentbrannt drehte ich mich zu Hogun um, der mir gefolgt war und nahm ihm den Becher mit Wasser ab. Mit schnellen Schritten durchquerte ich die Schenke zu dem Tisch an dem Loki saß und kippte ihm in seinem Tun den goldenen Becher Wasser über den Kopf. Von einem Augenblick auf den anderen wurde es still in der Schenke. Loki schüttelte sein nun nasses Gesicht und blickte mich erst wütend an, als ob er Hogun erwartet hatte, doch kaum sah ich sein geschocktes Gesicht da er mich erkannte, rannte ich wieder davon. Kaum war ich aus der Schenke getreten wich die Wut wieder der Trauer und die Tränen bahnten sich erneut einen Weg. Verzweifelt lief ich einfach weiter, ohne wirkliches Ziel. Nur mit dem Antrieb so weit wie möglich von diesem Mann weg zu kommen.

the God of Mishief and the Blood Hair SnowprincessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt