Ellie hatte sich eigentlich vorgenommen, sich Elijahs Worte in der Stille ihres Zimmers noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen, doch kaum hatte ihr Haar das Kissen berührt, da war sie schon in einen tiefen, heilenden Schlaf gefallen.
Die vertraute Wärme ihres eigenen Schlafzimmers umhüllte sie wie ein dichter Schutzwall gegen all die Ängste und Befürchtungen, die sie in den letzten Tagen hatte durchstehen müssen. Das durchgelegene Kopfkissen empfing sie wie immer mit derselben Delle, in die sich ihr Kopf so wundervoll einfügte und das fadenscheinige Frosch-Plüschtier nestelte sich vertraut in die Kuhle zwischen ihrer Wange und ihrer Schulter.
Die Träume, vor denen sie sich noch am Tag so sehr gefürchtet hatte, blieben ihr in dieser Nacht erspart. Ihr Körper war wohl immer noch nicht ganz bereit dazu, all das Vergangene noch einmal in allen Einzelheiten zu durchleben. Stattdessen schlief sie so tief, wie noch lange nicht mehr, sodass sie nicht einmal hörte, wie die Bewohner der Anstalt zur routinierten Zeit in den Speisesaal zum Frühstück pilgerten, oder sich unter ihrem Fenster an die Arbeit machten. Das Klirren von Hämmern auf Stahl und das Quieken der Tiere drangen zwar durch das Glas ihres Fensters, aber nicht durch den Schleier ihres Schlafes.
Erst gegen Mittag schlug sie schlussendlich die Augen auf. Trotzdem dauerte es einige weitere Minuten, bevor sie halbwegs munter wurde und einige Male mit der merkwürdig pelzigen Zunge über ihre trockenen Lippen fahren konnte. Sie verspürte unglaublichen Durst und das unangenehme Pochen hinter den Schläfen, verbunden mit leichter Übelkeit, welches sie immer dann befiel, wenn ein Nickerchen ein klein wenig zu lange ausfiel.
Trotzdem war sie noch nicht ganz bereit aufzustehen, räkelte sich stattdessen noch einige Momente in ihrem warmen, weichen Kokon, der sie umschloss. Sie schloss die Augen und erlaubte sich zu fühlen. Die ausgewaschene Bettdecke an ihren Armen, der leichte Luftzug an ihren Zehen, die unter ihr herausragten und der leichte Krampf in ihrem Nacken, der darauf schließen ließ, dass sie in der Nacht wohl von ihrem Kissen gerutscht war.
Erst nach dieser kurzen Phase der Erholung brachen all die Erinnerungen an die letzten Stunden und Tage über sie herein. Interessanterweise drohte sie jedoch nicht darunter zu ersticken, sondern fühlte sich durch die Gewissheit, sie durchlebt zu haben, in ihrem eigenen Wesen bestärkt. Mit so früh noch nie gekanntem Elan sprang sie aus ihrem Bett und blickte sich um. Das Bücherregal, die Stofftiere, die kaputte Uhr an der Wand, es war tatsächlich alles noch da... und real. Sie hatte es tatsächlich geschafft, sie war wieder zuhause. Und sie hatte es völlig alleine getan.
Ellie unterdrückte einen kleinen, euphorischen Aufschrei und presste sich die Faust gegen den Mund, wobei es ihr allerdings nicht gelang, das breite Grinsen, welches sich dort ausbreitete, mit fort zu wischen.
Ihr wurde schwindlig. Nicht unbedingt vor Freude, sondern eher weil sie sich viel zu schnell aus der Horizontalen in die Vertikale bewegt hatte und ihr Blutkreislauf noch nicht wieder daran gewöhnt war, ihre Glieder so schnell mit Blut zu versorgen.
Doch auch davon ließ sie sich nicht mehr bremsen. Sie hatte die Macht über sich selbst und über ihren Körper zurück. Halb taumelnd, halb hüpfend wankte sie zum Fenster, riss die Gardinen beiseite, die sie am letzten Abend noch in übermüdeter Routine geschlossen hatte und öffnete es so weit sie konnte. Die dünnen Glasscheiben klirrten beleidigt, als der Laden gegen die Mauer prallte.
Licht durchflutete auf einen Schlag das Zimmer und ließ den abgenutzten Holzboden und die kleinen Glasfigürchen auf ihrem Nachttisch munter funkeln, wie geschliffenen Diamant. Es dauerte einige Momente, bis ihre Augen sich an die Sonne gewöhnten und sie fühlte sich zurück an die vielen durchwanderten Stunden in der Kanalisation zurückversetzt.
Das Bild, das sich ihr unten im Hof bot, ließ sie stutzen. Langsam verschwand das Lächeln von ihren erfrischten Zügen und ihre Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen.
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SAVED - Der letzte Tag auf Erden // Eine The Walking Dead Fanfiction
FanfictionDie Anstalt. Ein durchaus passender Name für das Gebäude, in dem der hitzköpfige Elijah, seine freiheitsliebende Schwester Eleanor und sein bester Freund und Arzt der Gruppe Owen, als Anführer der „Auferstandenen", einer kleinen Schar Überlebender...