SAVED - Der letzte Tag auf Erden // Eine The Walking Dead Fanfiction

38 - Licht ins Dunkel

Eines Tages dröhnte ein langgezogener, tiefer Schmerzensschrei durch die Hallen der Anstalt, hallte als vielfaches Echo von den Wänden wieder und brachte eine Gruppe fauler Tauben auf dem Dach dazu, mit empörten Gurren in den sich langsam dunkler färbenden Himmel aufzuflattern. Das rege Treiben in den Gängen hielt für einen Augenblick atemlos inne und die Auferstandenen warfen sich schnelle, verunsicherte Blicke zu. In ihren Augen spiegelte sich eine urzeitliche Angst, die sich seit dem Beginn der Apokalypse in einen tief sitzenden Instinkt verwandelt hatte. War der lang ersehnte Frieden zwischen den beiden Gemeinschaften etwa bereits gebrochen?

Die Ereignisse lagen nun bereits zwei Monate zurück. Der Winter hatte Einzug gehalten und noch immer trauten die Anstaltsbewohner sich nicht ganz, der Eintracht zu vertrauen, die sich seit jenem Unwetter vor acht Wochen ganz plötzlich eingestellt hatte. Erst mit der Zeit würden sie lernen können, den Erlösern vollends zu vertrauen, ihnen ohne Angst den Rücken zuzudrehen und langsam die Gewohnheit ablegen, immer ein Glas aus den angelieferten Weinfässern an Owen weiter zu schicken, damit er es in seinem Labor auf etwaiges Gift testen konnte, mit dem die Erlöser vielleicht doch noch einen perfiden Plan in die Tat umsetzen wollten. Der junge Arzt würde ihnen nie verraten, dass er seine wertvollen Testkits nicht an den unschuldigen Alkohol verschwendete, sondern sich den edlen Tropfen selbst genehmigte, wenn er bis spät nachts mit Elijah, Ellie und Negan in seinem Labor zusammensaß und Pläne für die Zukunft schmiedete. Indem er sich als todesmutiger Vorkoster selbst in die Bresche warf, wurde der Wein ja schließlich doch getestet.

Die Schule war binnen weniger Wochen zu einem ihrer wichtigsten Außenposten geworden und schon jetzt konnten die Auferstandenen es sich nicht mehr vorstellen, ohne diesen wertvollen Zwischenstopp auf Versorgungstouren aufzubrechen. Mit vereinten Kräften hatten sie nicht lange dafür gebraucht, die restlichen Toten aus den Gängen zu schaffen, die Böden und Wände zu reparieren und den Schutt zu entfernen, der sich über die Jahre des Verfalls dort angesammelt hatte. Und tatsächlich hatte sie sich zu genau dem entwickelt, was Elijah sich so lange erhofft hatte: ein weitläufiges, ausreichend geschütztes Gebäude, in dem er einen großen Teil seiner Männer sicher unterbringen konnte und das sich auch zur Lagerung wichtiger Ressourcen eignete.

Einige der Bewohner hatten sogar bereits damit begonnen, kleine Viehweiden und Ställe einzurichten, während die Erlöser ihr Wissen über Imkerei und Gewächshäuser mit ihnen geteilt hatten. Als unerwarteter Nebeneffekt hatte sich überdies ein florierendes Kunsthandwerk entwickelt, indem die beiden Gruppierungen auf freundschaftlicher Ebene um die schönsten Holzschnitzereien und Töpferarbeiten miteinander konkurrierten. Inzwischen war ein reger Markt entstanden, auf dem die Gemeinschaften ihre Waren feilboten und miteinander teilten. Er war nach dem Prinzip des Tauschhandels aufgebaut, wobei es allerdings niemand zu eng sah, wenn eine bestimmte Ressource von der anderen Partei einmal besonders dringend gebraucht wurde und zu wenig Tauschmaterial vorhanden war.

Als beispielsweise vor zwei Wochen die Windpocken in den Reihen der jüngeren Kinder grassiert waren, hatten die Erlöser ungefragt eine große Kiste voll selbst hergestellter Schokoriegel und handgenähter Stofftiere zu ihrer gewöhnlichen Lieferung hinzugegeben, was sie in der Gunst der Auferstandenen gehörig hatte aufsteigen lassen. Als Dank dafür sollten die Riegelbäcker nun eine Ladung besonders gelungenen Apfelsafts erhalten, der mit Zimt und Nelken gewürzt war und – zusammen mit etwas Rum erhitzt - die Fähigkeit besaß, den Winter binnen weniger Schlucke aus den Knochen zu vertreiben.

„Beiß einfach die Zähne zusammen, Pumpkin und schau aus dem Fenster.", flüsterte Ellie beruhigend, während sie die kleine Nadel neu positionierte und wieder in Negans Haut versinken ließ. Ein einzelner Blutstropfen trat aus der unsichtbaren Wunde und perlte an den glänzenden Eisen hinab. „Es ist gleich vorbei, ich verspreche es dir."