9. Und los

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Hongjoong schien bereits gewusst zu haben, was los war, ehe es mir gänzlich bewusst war, denn er war absolut selbstsicher in seinem Trost, so gut darin mich mit sanften Worten zu seinem Bett zu bugsieren und darauf nieder zu drücken. Ich verkrampfte meine Hände ineinander, während ich zitterte, mehr von trockenen Schluchzern geschüttelt wurde, als dass tatsächlich viele Tränen flossen, aber das hielt den sanften Kapitän nicht davon ab mir behutsam die Tränen von den Wangen zu wischen.

"Hier, ich habe einen Haufen Schokolade vom Marineschiff geklaut. Es wird dich beruhigen." Mit einer kleinen Box in seinen Händen trat er auf mich zu und stellte sie auf meinem Schoß ab, bevor er mit einem leisen Laut eine Strähne meines Haares, die sich an meinen Lippen verfangen hatte, beiseite strich.

"Warum erlaubst du es dir nie zu weinen? Es ist so viel einfacher einmal richtig zu weinen, als es immerzu abzubrechen und anzustauen." Er plumpste neben mir auf das Bett und griff nach meinem langen Haar, begann die farblosen Strähnen geschickt zu einem langen Zopf zu flechten.

"Ich habe es daheim so gelernt. Emotionale Frauen werden als schwach und Schutz benötigend abgezeichnet. Es bleibt mir keine Zeit schwach zu sein.", murmelte ich um einen zaghaften Bissen der süßen Speise, testete den Geschmack in meinem salzigen Mund aus.

"Blödsinn. Es gehört dazu traurig zu sein. Weißt du wie viele Stunden ich schon mit einem jeden unserer Freunde hier verbracht habe? Ich wäre gekränkt, wenn du nach der Sache mit San als einzige gar nicht zu mir gekommen wärest. War ich schon, als du vor ein paar Tagen zu Yeosang, statt mir gegangen bist..." Seine Lippen verschoben sich zu einem hinreissenden Schmollen, sein Gesicht so jung und attraktiv.

Ein Lächeln geisterte über mein Gesicht, als er meine Haare wieder gehen ließ und näher zu mir rückte, sein Bein der Länge nach an meines gepresst. Sehr hoheitlich jede Verlegenheit herab kämpfend griff ich wieder zur Schokolade und suchte mir ein Stück aus, das ich ihm dann bot, einladend an die Lippen hielt.

"Es tut mir leid. Yeosang ist es bereits gewohnt und ich wollte dich nicht damit stören. Nimm es als Entschuldigung, hm?" Ich versuchte ihn mit meinen Augen zu überzeugen, treu genug auszusehen, um ihn nicht weiter eifersüchtig zu machen und musste grinsen, als er schließlich nachgab, achtsam auf seine Zähne die Schokolade aus meiner Hand pfückte.

"Du hast vemutlich kein Verständnis dafür, wie sehr es einen wurmt von ausgerechnet Wooyoung darauf angesprochen zu werden, dass hey, unsere Landratte hat die Lady zum weinen gebracht, aber es ist nicht das, was man so früh am Morgen hören will. Ganz abgesehen von Seonghwas grässlichen Schnarchen."

Wooyoung dieser kleine Fuchs. Ich bereute es ihn nicht noch einmal aufgesucht zu haben, bevor er verschwunden war, hoffte sehnsüchtig, dass es ihm gut ging und er zurückkommen würde. Youngjae wäre untröstlich seinen Bruder ein zweites Mal zu verlieren.

Hongjoong sah es sofort, wie mein Ausdruck besorgter wurde und wedelte panisch mit den Händen, als er versuchte mich wieder davon abzubringen.

"Moment, nein, nein! So wollte ich das nicht! Ich sage dir das gleiche, wie allen anderen, vertraut mir und wir kriegen das irgendwie wieder hin. Das Leben in Trauer fristen ist hier keine Option, das wisst ihr alle. Also hier-" Er brachte seine Hand herauf, um fest mit dem Daumen die Falte zwischen meinen Augenbrauen glatt zu pressen, die Zweifel damit aus meinem Kopf heraus.

"Besser." Er lächelte strahlend und uff. Mein Herz sackte wie ein Sandsack. Koi no yokan, nicht wahr, Jinyoung?

"Danke."

Hongjoong lächelte nur und nutzte den Moment, um mir zuneigungsvoll über die Wange zu streicheln, seine Augen die meinen nie verlassend. Es war ein süßer Schmerz ihn hier zu haben, so zu sehen und seine Gefühle mir gegenüber so unbesorgt und offen empfangen zu können. Aber es löschte nicht die Angst ihn zu verlieren, brachte es nicht weit genug, dass ich widerstandlos eine Bestätigung erbringen könnte. Ich fürchtete mich zu sehr vor Ragnarök und seinen Auswirkungen.

Ich seufzte leise, entzog mich ihm aber dieses Mal nicht, das Gefühl seiner warmen Hand an meiner Haut eine lindernde Heilung.

Da waren so viele Fragen, so viele ungeklärte Probleme, aber wir besprachen sie nicht. Viel eher lagen wir auf seinem Bett, einen gebührenden Abstand zwischen uns und aßen Schokolade, während er mir Mythen und Legenden um die Crew erzählte, mehr darauf bedacht mich zum lachen zu bringen, als weiter zu bedrücken.

Es war viel zu spät in der Nacht, als ich wieder in meine eigene Kammer zurück schlich, etwas leichter im Herzen, wie als würde jedes Mal, wenn ich ihn sah ein Teil diesem auf ihn überwandern.

-

Die Nachricht von Baldurs Tod verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Götterfängern auf der ganzen Welt, wir mussten nichts mehr tun, selbst wenn wir noch dazu gekommen wären. Daehyun saß grimmig mit uns bei Tisch und beriet sich mit Seonghwa über Möglichkeiten heim zu gehen, zog es in Betracht gemeinsam mit mir zu reisen, um Jongup noch einmal zu treffen.

Ich wusste nicht, ob ich es verkraften könnte den Mann wiederzusehen und dann gehen zu lassen, wenn ich auch wusste, dass die restlichen Götterfänger meine Unterstützung dabei gut gebrauchen könnten. Wir hatten von Baldurs Truppe nichts mehr gehört und ich wunderte mich tief im Inneren, wie rachsüchtig sie wohl sein würden. Als Götter, die mit all dem nichts zu tun hatten, wie sehr würden sie uns für ein Vergehen des Schicksals verabscheuen?

Eigentlich würde ich auch gerne die Jungs um Jinyoung wiedertreffen. Von sieben würden meinen Rechnungen zufolge am Ende nur drei übrig bleiben und ich bekam den Eindruck sie könnten ebenfalls Hilfe benötigen. Ich schwieg allerdings vorerst während der Krisensitzung, lauschte viel eher, wie sie Thor noch behalten wollten, bis er in die Schlacht musste, um ihn so gut wie möglich vorzubereiten.

Es wurde entschieden, dass wir vorerst vom Wasser runter sollten, um nicht in Gefahr zu laufen während dem Zorn der Götter ertränkt zu werden und irgendwo ein sicheres Stück Land suchen.

Daehyun machte den Vorschlag, dass wir ihn Richtung England begleiteten und es wurde ohne viel weitere Diskussion aufgenommen. Ich war nicht bereit Emily zu sehen, Tristan und Lysander in diesen schweren Stunden die Fröhliche vorzuspielen, aber vorerst stimmte ich zu.

Bald würde sich alles geklärt haben.

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