16. Ball

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Unser bescheidener Ball fand drei Tage später statt. Seonghwa und Yongguk hatten doch noch etwas mehr Zeit als erwartet gebraucht, um die Außenpolitik mit anderen Götterfängern zu klären. Bis dahin hatte allerdings unsere Gruppe so viel wie möglich auf die Beine gestellt, sich mit dem Buffet und der Organisation selbst übertroffen. Dazu musste man allerdings hinzufügen, dass die ägyptischen Götterfänger wesentlich motivierter und ernster an die Sache heran gegangen waren, als die hiesigen Männer. Kaum verwunderlich.

An der Marke des sechsten Tages, den ich Hongjoong nun schon nicht gesehen hatte, fand ich mich mit einer von Yongguks schüchternen Mägden in meinen Gemächern ein, ließ sie mein Haar so gut wie möglich retten und flechten. Ich trug ein blaugrünes, bodenlanges Kleid mit glücklicherweise flachen Schuhen darunter, es ließ meine Schultern gänzlich unbedeckt, sodass meine Kette mit dem Saphir von gleicher Farbe das einzige war, das auf meinem Dekolleté zu sehen war. Das Kleid selbst hatte Himchan am Vorabend unzeremoniös in mein Zimmer gebracht und über einer Sessellehne abgelehnt, seine Augen stets von meinen abgewendet und der Mund eng verschlossen.

So sehr mich allerdings der Prinzessinenzauber wieder einfing und neu umwob, so sehr fühlte es sich auch befremdlich für mich an, das Schwingen eines Schwertes an meiner Seite bedeutete Schutz und Geborgenheit, trotz der schweren Röcke fühlte ich mich nun entblößt.

Die Magd half mir mit sanften Worten und bewundernden Zusprüchen das Korsett zu schnüren, hatte sogar ein filigranes Diadem irgendwo aufgetrieben, dessen eingelassenen Edelsteine in der gleichen Farbe schimmerten wie Hongjoongs Ring.

Ich war beinahe versucht mir einfach um des Gefühles willen einen versteckten Dolch um den Oberschenkel zu schnallen, doch wie es schien, wurde mir diese Entscheidung von einem leisen Klopfen an der Tür abgenommen.

Die andere Frau eilte mir voraus, um zu öffnen, während ich mich immernoch damit vertraut machte, wie gut ich laufen konnte und wie viel Rock ich dafür womöglich mit der Hand halten musste.

Yongguk trat ein und an der eingeschüchterten Magd vorbei, ließ die Augen zufrieden über meine Gestalt schweifen.

"Du siehst wieder atemberaubend aus wie früher. Bevor wir dich zur Wildheit verführt haben, Mylady.", kommentierte er mit einem feinen Lächeln auf den Lippen und kam dann herüber, um meine Hand in zarten Spitzenhandschuhen in die seine zu nehmen, flüchtig zu küssen.

"Bei deiner Schönheit muss ich beinahe darauf bestehen an deiner Seite zu bleiben, damit du uns nicht hinweg genommen wirst, mein Prinz."

Er trug goldenes Brokat mit einem schwarzen bestickten Gehrock darüber, perfekt auf seine Form zurecht geschneidert und in Kombination mit seinem streng zurückgestrichenen Haar, aus dem nur eine vereinzelte Strähne entkommen war, gab es ihm einen Hauch von Eleganz und Dominanz, nahm ihm die Weichheit, die wir von ihm gewohnt waren.

Die Magd hinter uns fiel bei seinem Anblick schier in Ohnmacht, armes Ding.

Yongguk bot mir lächelnd seinen Ellenbogen.

"Nun, dann lass uns stets ein Auge aufeinander haben, damit wir beide nicht davongestohlen werden."

Ich ergriff mit einem artigen Knicksen seinen Arm, war schon wieder mehr in all dem hier drinnen, als ich gedacht hätte und es war gut so. Es lenkte mich von allem weiteren ab, versetzte mich in eine Märchenwelt fern ab von meiner Realität.

Yongguk passte sich ganz der Gentleman sofort an mein Tempo an, führte mich elegant die Stufen hinab hinein in die Eingangshalle, die unter dem Glänzen des wuchtigen Kronleuchters und teuren Gewändern in einem neuen Licht erstrahlte. Ich ließ meine Augen über die wundersame Szene schweifen, fand auch einige mir unbekannte Frauen vor - entweder die Verlobten oder Schwestern.

Sie alle stachen auf ihre Art heraus, wirkten Teil wie einer ganz anderen Gesellschaft obwohl es das ist, was sie hauptsächlich waren. Aristokraten, Prinzen, Ehrenmänner. Ich wurde von allen Seiten gegrüßt, als Yongguk und ich uns in die Menge mischten, keiner war verschont worden aus seinen Räumlichkeiten kommen zu müssen und alle mischten sich miteinander, lernten sich kennen.

Yongguk schlängelte sich mit mir am Arm elegant durch die Menge, vergab hier und dort Komplimente oder nahm sie entgegen, führte mich zielgerichtet auf eine Person zu.

Seonghwa passte besser rein, als erwartet, wenn er auch immer mal wieder einen leidenden Gesichtsausdruck bekam, wenn ihm die Situation zu unangenehm wurde. Er hielt sich eng an Wooyoungs Seite, schien sich lieber ihm, Youngjae und teilweise Jaebeom anzuschließen, statt der lauteren Gesellschaft um Apep zum Opfer zu fallen und er bot ein wahres Festmahl für die Augen. Mingi wäre hin und weg gewesen.

Er trug eine gotische Weste über einem weißen Hemd, das Silber und Blau in asymmetrischen Mustern. Dazu kamen graue Hosen und er trug über einem Arm außerdem einen Gehrock im gleichen Stil wie die Weste, hatte sich das blonde Haar zwar aus der Stirn, aber nicht nach hinten glatt gestrichen.

Ich wusste nicht, wer ihn angekleidet hatte, aber derjenige hatte ein sehr gutes Händchen darin aus einem schüchternen Bäckerssohn einen Prinzen zu machen.

Die entzückte Damenschaft des Abends schien ganz meiner Meinung zu sein und ich bemerkte auch Himchans Augen öfter auf ihm, als normal sein konnte.

"Seonghwa.", grüßte ich ihn sanft, als ich an seiner Seite ankam und im ersten Moment glitten seine Augen nur verwirrt über mich hinweg, dann sah er nochmal genauer hin und ihm fielen schier die Augen aus dem Kopf.

"Tsuki- oh. Oh wow." Er musterte mich für einen langen Moment nur, bekam darin Gesellschaft von Wooyoung der mit offenem Mund und strahlenden Augen für mich jubelte. Ich lächelte ihm weich zu.

"Vielleicht doch eine Dame edlen Geblütes, hm?", neckte ich Seonghwa süffisant, griff herauf, um sanft seinen Mund zu schließen. Yongguk gab neben mir einen undefinierten Laut von sich.

"Natürlich! Also nein... Doch schon... Tut mir leid, ich sehe dich einfach nie außerhalb von Hongjoongs zu großen Hemden. Oder Hosen." Immerhin war all seine Wut erloschen, das war ein guter Anfang. Dennoch schuldete er mir noch eine Erklärung, aber die konnte warten.

Ich mischte mich unter die Leute, Yongguk stets eng an meiner Seite als mein ruhiger Anker. Obwohl die anderen Piratengeneräle eingeladen worden waren, hatten sie grinsend abgesagt und uns viel Spaß gewünscht, aber sie hatten immerhin auch Thor etwas in Schale geworfen und Akuma trug eine weiße Fliege.

Die Stimmung war heiter, immer mal wieder unterbrochen von lautem Radau irgendwo und nicht so steif und angespannt, wie ich es normalerweise von derlei Veranstaltungen gewöhnt war. Viel eher schienen die Gäste entspannt und lachten ehrlich miteinander, schafften es leichter zu sozialisieren.

Jaebeom war hier, lehnte allerdings die meiste Zeit über nur an einer Wand und beobachtete das Geschehen, Akuma zu seinen Füßen. Ab und zu sprang ein energetischer Jackson auf ihn zu, scheiterte daran ihn zu begeistern und war wieder weg. Die Frauen trauten sich ebenfalls nicht an ihn heran, auch wenn er ihnen offensichtlich gefiel.

Jongup stand zwar mit im Geschehen, hielt sich allerdings immer am Rand, bereit zu fliehen und für heute Abend trug er sogar eine hölzerne Prothese am rechten Arm. Der Rest mischte sich fröhlich unter.

Das Orchester begann irgendwann gegen Abend - die meisten Gäste erwärmt vom Alkohol und bereits gesättigt - seine langsamen Melodien perfekt zum Tanzen zu spielen und ich hielt an, als Yongguk im Schritt verharrte, die sich langsam bildenden Paare überblickte.

"Darf ich Euch um diesen Tanz bitten, Lady Hoshikawa?", wandte er sich dann mit einem Mal an mich, wir beide gänzlich unberührt vom Alkohol aber zufrieden mit der ruhigen Anwesenheit des anderen.

"Aber natürlich, Eure Hoheit."

Wir lächelten, als wir uns dem Wogen und Reigen anschlossen, die Magie des Abends fortwährend bis spät in die Nacht hinein und niemand verschwendete noch einen Gedanken an den Sturm, der am Horizont brodelte, an die sich türmenden dunklen Wolken voll von Gram und Trauer.

In diesem Moment war es alles egal.



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