Kapitel 11

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Erschrocken sahen wir beide zur Tür, an der Thomas stand.

 Sein Blick zeigte alles andere als Freude. Es herrschte einige Zeit unangenehme Stille, in der nur Newts und mein Atem hörbar war.
„Könnt ihr euch nicht einmal zusammenreißen?!" Keiner von uns beiden antwortete, stattdessen wechselten wir nur einen beschämten Blick. „Und das auch noch mit offener Tür?!"
„Keine Sorge, das nächste Mal sperren wir ab.", murmelte ich, doch sofort schoss sein Blick zu mir. Und er war mehr als nur warnend.
„Ich wollte nur nachsehen was ihr so lange macht, denn wir wollten den Plan besprechen, Gally ist so weit." Unsicher, was wir nun machen sollten, standen wir da, bis Thomas mich kurz musterte.
„Newt, zieh dich an. Und Clare, du kommst mit raus!" Es war keine Bitte, soviel stand fest. Thomas drehte sich um und ging wieder zur Tür. Während ich ihm folgte, kam ich bei Newt vorbei. Er sah mich zerknirscht an und ich konnte sein Lächeln nur erwidern.
Vor dem Raum blieb Thomas stehen. Meine Wangen glühten noch immer und ich wagte es nicht ihn anzusehen.
„Ich weiß echt nicht, was ich sagen soll..."
„Glaub mir, so geht es mir auch..."
„Kein Wunder, so wie ihr euch eben... ausgetobt habt!" In seiner Stimme klang etwas Stichelndes mit, das mich erneut schuldbewusst zu Boden blicken ließ.
„Ich verstehe ja, dass du wütend bist, aber..."
„Nein.", unterbrach er mich, „Ich bin nicht wütend. Ich glaube ich sollte mich sogar für dich freuen." Erstaunt sah ich auf. „Ich bin wirklich froh, dass du so glücklich mit ihm bist. Auch, wenn du dich wenigstens zusammenreißen könntest..." Lächelnd nickte ich. „Ich werde es selbstverständlich versuchen." Und in dem Moment ging die Tür wieder auf und Newt trat hinaus. Thomas warf ihm sofort einen durchbohrenden Blick zu, den Newt nur erwiderte. Ich merkte, wie seine Ohren rot anliefen. „Ich behalte euch im Auge.", meinte Thomas mit erhobenem Finger, woraufhin Newt schnell nickte. „Wir sollten jetzt besser zu den Anderen, sie warten bereits.", änderte Thomas das Thema, das mir nur recht war. Ich musste mir ein Kichern verkneifen, als ich zu Newt trat und wir gemeinsam Thomas folgten.
„Ich habe das Bruder-Freund-Gespräch gehabt. Jetzt hast du wohl dein Bruder-Schwester-Gespräch...", raunte mir Newt zu.
„Was hat er denn damals mit dir besprochen?"
Newt beugte sich zu mir und gab mir einen sanften Kuss. „Das ist eine Geschichte für einen anderen Moment. Tommy hat recht, wir sollten jetzt wirklich zu den Anderen."
Wenig später standen wir alle in einem Raum, dessen Wände mit Blättern zugehängt war, die Pläne und Grundrisse von Gebäuden darstellten. Es waren WICKEDs Gebäude und noch einige wenige andere. Gally hatte auf einem Tisch eine große Karte ausgebreitet und zusätzlich Helme daraufgelegt. Doch es waren keine normalen Helme, sondern die von den Soldaten von WICKED. Scheinbar besaß diese Gruppe Uniformen. Vermutlich durch niedergeschlagene Wachen. Ich wagte es nicht nachzufragen. Und diese Uniformen würden uns behilflich sein, zu WICKED zu kommen, wie Gally uns allen erklärte. „Mit ihrer Begleitung wird es uns leicht fallen unauffällig in das Gebäude zu kommen.", erklärte Gally gerade.
„Es gibt aber noch ein Problem bei dem Ganzen", warf ich ein, was dafür sorgte, dass Gally erstaunt innehielt. „Wir sind markiert." Es war mir mit der Zeit bei WICKED aufgefallen. „So können sie sehen, welchen ihrer Probanden sie vor sich haben. Erinnert ihr euch an damals, beim rechten Arm? Da sind sie durch die Reihen gegangen und haben uns überprüft." Verdeutlichend tippte ich mir in den Nacken. „Wir sind schließlich Eigentum von WICKED." Langsam nickte Gally und schien nachzudenken.
„Ich bin mir sicher, dass sie uns dabei auch helfen kann. Wir besorgen einfach das nötige Werkzeug für den kleinen Eingriff." Ich nickte und Gally fügte es hinzu. Währenddessen sah ich mir nochmal den Tisch an, auf dem die Helme lagen. Neugierig hob ich den Helm hoch und musterte ihn ein wenig. Er sah fast makellos aus. Man würde uns nicht von den wahren Wachen unterscheiden können.
„Es wird also nicht auffallen, wenn vier Soldaten eine einzelne Person begleiten?", erkundigte ich mich. Es stand fest, dass Thomas, Newt und Gally in Uniform das Gebäude betreten würden, aber ich wollte auch mit.
„Vier?!" Erstaunt sah Newt mich an. „Clary, du ziehst doch nicht etwa in Erwägung mitzugehen, oder?!"
„Natürlich! Ich werde mitkommen und Minho suchen." Wie selbstverständlich drehte ich mich wieder Gally zu, doch noch immer schien Newt damit nicht einverstanden zu sein.
Während Gally weitersprach und den anderen ihre Aufgabe erklärte, lehnte sich Newt zu mir. „Bist du dir wirklich sicher, dass du das machen willst?", fragte er leise. Ich verstand seine Sorge, aber von meinem Plan würde er mich nicht mehr abbringen können. Ich musste dabei sein, wenn wir Minho fanden! „Du wirst da direkt bei WICKED sein. Und vielleicht taucht Janson dort auf. Was wäre dann?"
„Dann schubse ich ihn wie geplant von der Mauer." Kurz zuckten seine Mundwinkel, doch dann wurde er wieder ernst und besorgt. „Newt, vertrau mir, ich bekomme das hin!" Noch immer wirkte es nicht überzeugt. „Bitte!"
Er seufzte und nickte schließlich. „Ich kann es kaum glauben, dass ich dich nie von solchen Sachen abbringen kann..." Er schüttelte leicht ungläubig den Kopf. Ich griff lächelnd nach seiner Hand.
„Ich schaffe das! Alles wird gut gehen und später, wenn wir Minho haben, dann wirst du bestimmt einsehen, dass deine Sorge umsonst war." Nun lächelte auch er.
„Ich werde wohl immer um dich besorgt sein." Mein Lächeln wurde nur breiter, als ich mich wieder Gally zuwandte und weiter zuhörte, wie der Plan verlaufen würde, während ich mich an Newt lehnte.
Gally erklärte auch, wie wir genau ins Gebäude kommen würde und dafür brauchten wir Teresa. Das war der Teil, der Thomas so gar nicht gefiel. Schon als Gally erklärte, dass wir sie dafür entführen und schließlich auch zwingen müssten, wirkte Thomas angespannt. Der Plan klang vernünftig und es könnte auch ganz gut laufen, denn wir würden nicht nur Minho retten können. Aber Thomas hatte ganz klar etwas gegen den Teil mit Teresa.
Als Gally uns den gesamten Plan erklärt hatte, machte Thomas seinem Unmut laut Platz: „Nein, es muss eine andere Möglichkeit geben!" Er war schon eine Weile umhergelaufen, während Gally uns nochmal die offenen Fragen beantwortete, also hatte ich Thomas einfach ignoriert, bis er sich nun wieder einmischte und zum Tisch trat.
„Und welche?", fragte Gally ihn, „Du hast es selbst gesehen. Sie ist die einzige Chance, die wir haben."
„Glaubst du wirklich, dass sie uns hilft?"
„Ich habe nicht vor sie um Erlaubnis zu fragen!"
Genervt sah ich Thomas an. Es störte mich, dass er Teresa so in Schutz nahm, schließlich war sie es, weswegen wir Minho überhaupt retten mussten! Doch ich sagte nichts und blieb still. Sollte Gally Thomas doch davon überzeugen, dass es nicht anders ging.
„Habe ich irgendwas verpasst?", mischte sich nun Brenda ein. „Das ist doch dieselbe Frau, die uns alle verraten hat, oder? Dieselbe Bitch! war gut zu wissen, dass ich nicht als einzige so dachte.
„Sie gefällt mir.", gab Gally seinen Kommentar ab. Ich musste mir das Grinsen verkneifen, denn in der Tat mochte Brenda Teresa von Anfang an nicht, ebenso wie Gally. Es war wohl genau das, was Thomas nicht hören wollte, denn er wusste, dass sie recht hatte. Er fuhr sich durchs Haar und lief einige Schritte weg vom Tisch, nur um dann wieder hinzutreten. So, wie er es schon die ganze Zeit getan hatte.
„Was läuft denn hier eigentlich?!", setzte Brenda nach. Es war ganz klar, dass sie nicht verstand, warum Thomas so reagierte. Ich verstand es ja auch nicht!
„Du hast Angst, dass deine kleine Freundin verletzt wird!" Die ganze Zeit über hatte Newt nur geschwiegen und vor sich hin gegrübelt, doch jetzt richtete er sich langsam auf. „Dir gings offenbar gar nicht nur darum Minho zu retten, oder?!" Erstaunt sah ich Newt an. Der Vorwurf wurde ganz klar durch seine wütende Stimme unterstrichen, als er Thomas anfunkelte.
„Newt, was meinst du damit?", fragte Thomas mit gerunzelter Stirn.
„Teresa!"
Jetzt richtete sich Thomas Newt komplett zu. Mir fiel auf, dass Newt seine Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt hatte. „Sie ist der Grund, weshalb Minho überhaupt verschwunden ist! Und jetzt haben wir endlich die Chance ihn da rauszuholen und was? Ihretwegen willst du das jetzt nicht mehr?!" Während er sprach, trat Newt wütend auf Thomas zu und drängte ihn so langsam zur Wand.
Unsicher, ob ich wirklich dazwischengehen sollte, beobachtete ich beide.
„Weil dir in Wahrheit immer noch etwas an ihr liegt! Stimmts?" Da hatte Newt wirklich recht. Zwischen Thomas und Teresa war schon immer etwas, aber, dass er nun die Rettung von Minho für sie, nach allem, was sie getan hatte, aufs Spiel setzte, machte Newt verständlich wütend.
„Gib es doch einfach zu!", zischte er, doch Thomas, der mittlerweile direkt an der Wand stand, schüttelte den Kopf. „Newt, ich...", setzte er gerade an, doch Newt reagierte schnell. „Hör auf mich anzulügen!", schrie er und donnerte Thomas gegen die Wand. „Lüg.Mich.nicht.an!"
Erschrocken über sein Verhalten zuckten wir alle zusammen. Brenda schlug sich sogar die Hände vor den Mund. Aus dem Augenwinkel konnte ich Jorges verwirrten Blick sehen, doch ich konnte nur geschockt auf die beiden starren. Ich wollte gerade losgehen, als sich Newt vorsichtig entfernte. Seine Schultern sackten nach unten. „Entschuldige.", murmelte er leise. Ein ziemlicher Gegensatz zu seiner Reaktion nur wenige Sekunden zuvor. Es war fast so, als wäre ihm gerade bewusst geworden, was er getan hatte.
Unsicher drehte er sich leicht um und unsere Blicke trafen sich. in seinen Augen lag Reue. „Es... Es tut mir leid." Mit gesenktem Kopf verließ er den Raum.
Ohne zu zögern folgte ich ihm. Ich wollte nach seinem Arm greifen, um ihn zurückzuhalten, doch er zog ihn aus meinem Griff. „Nicht, Clary!" Er schüttelte nur den Kopf und wandte sich von mir ab, doch in seinem Blick lag noch etwas anderes. Die Botschaft war deutlich: Er wollte nicht, dass ich ihm folgte.
Ich sah ihm nach, wie er durch den Gang lief und verschwand. Mit großen Augen starrte ich noch an die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte und konnte mich erst nach einige Sekunden wieder aufraffen zurückzugehen. Als ich wieder in den Raum trat, kam Thomas sofort auf mich zu. Er sah mich besorgt an.
„Ich denke, er will wohl nicht mit mir reden...", murmelte ich nur und senkte den Blick. Als Thomas mir seine Hand auf die Schulter legte, sah ich auf. „Ich mach das, ok?"
Er wartete kaum eine Antwort ab, sondern schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln und verließ daraufhin den Raum, um Newt zu finden. Gally erklärte die Besprechung nun als beendet und Jorge, Brenda und Pfanne unterhielten sich ein wenig über den Plan, doch ich verließ nun ebenfalls den Raum.

Broken Dreams (Newt ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt