Kapitel 17

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Newt lag am Boden, ein Messer in seiner Brust, während Thomas über ihm lehnte. Ich war zu spät!

Ein lauter Schrei ertönte, schrill und herzzerreißend. Er klang so dumpf und fern, dass ich erst nach einiger Zeit merkte, dass es meiner war. Da sah Thomas auf. Mein Blick haftete nur auf Newt. In dieser einen Sekunde spürte ich, wie mein Herz brach. Es zersprang und die Scherben bohrten sich in mein Fleisch und trieben den Schmerz in jede Faser meines Körpers.
Mit offenem Mund starrte ich zu Thomas, der meinen Blick erwiderte. Auch er war sich dessen bewusst, was er getan hatte und ihm war die Schuld deutlich anzusehen. Doch dann stand er langsam auf und hob etwas vom Boden auf. Ich erkannte, dass es eine Schusswaffe war und starrte ihn mit großen Augen an. Mit einem letzten Blick auf den leblosen Körper von Newt drehte er sich um und ging aus dem Bahnhof.
Zitternd trat ich einige Schritte vorwärts und erhaschte somit einen Blick auf Newt. Sein Gesicht ähnelte dem eines Cranks nun nur noch mehr.
Mir traten Tränen in die Augen und ich begann zu schluchzen.
„Nein, Newt.", hauchte ich und meine Beine gaben nach. Das durfte nicht wahr sein! Mit zitternden Händen zog ich ihn zu mir. „Newt, komm zurück!", flehte ich unter Tränen, während ich seinen leblosen Körper an mich drückte. „Ich liebe dich doch! Du... du solltest durchhalten! Ich wollte es dir noch sagen!"
Verzweifelt begann ich zu weinen und presste meinen Kopf an seinen Hals. „Bitte... Komm zu mir zurück!" Es fühlte sich so an, als würde mir mein Herz rausgerissen werden. Meine Kehle schnürte sich zu und mein Körper wurde von krampfhaften Schluchzern geschüttelt. Verzweifelt schlug ich mir Hand vor den Mund. Es kamen nur erstickte Laute raus.
„Clary!", hörte ich jemanden rufen und sah auf. Mein Blick war durch die vielen Tränen verschleiert, weshalb ich die anderen nur unscharf erkennen konnte. Langsam trat Minho auf mich zu und sobald er Newt sah, der leblos in meinen Armen lag, sank auch er neben mir zu Boden. Ein lautes Schluchzen durchfuhr meinen gesamten Körper und ließ mich aufheulen. Auch Pfanne sank langsam auf die Knie, als er neben uns trat.
Ich sah in den Rauchverhangenen Himmel und begann zu schreien. Ich schrie mir den Schmerz von der Seele, bis mir die Luft ausging und ich kraftlos zusammensackte. Minho schlang seine Arme um mich. Schluchzend klammerte ich mich an ihn.
„Ich war nicht schnell genug!" Zitternd öffnete ich meine Hand, in der das Serum lag. Das Serum, das ihn retten sollte! „Er hätte es schaffen können!" Als Minho meine Hand wieder um das Serum schloss, sah ich verwirrt auf. Er hatte ebenfalls Tränen in den Augen und seine Lippe bebte.
„Newt...", ertönte Gallys bestürzte Stimme hinter mir.
Ich lehnte mich vor und drückte meine Stirn an Newts. „Es tut mir leid!", hauchte ich und kniff verzweifelt meine Augen zusammen. Dennoch konnte ich nicht verhindern, dass mir Tränen über die Wange flossen. „Clary." Zuerst dachte ich, ich hatte es mir eingebildet, doch als ich seinen Atem spürte, als er erneut sprach, richtete ich mich schnell auf. „Newt?!", rief ich hoffnungsvoll aus, doch ich war die einzige, die ihn gehört hatte, weshalb mich alle verwirrt ansahen. Davon ließ ich mich nicht beirren, denn ich zerrte mit zittrigen Händen an seiner Jacke. Ich zog den Ärmel nach oben und griff nach seinem Handgelenk. Ich legte meine Finger an die Innenseite seines Handgelenks. Da spürte ich es. Nur ganz schwach. Aber es war da!
„Er lebt!", rief ich aus und sah mit großen Augen zu Minho, der nur beschämt die Augen senkte. Er glaubte mir nicht? „Fühl selbst!"
„Clarise, vielleicht hast du einfach nur deinen eigenen..."
„Ich sagte du sollst fühlen!", unterbrach ich Gally barsch. Er zog seinen Handschuh aus und griff vorsichtig nach dem Handgelenk. Für mehrere Sekunden herrschte angespannte Stille und seine Stirn legte sich langsam in Falten. Fahrig fuhr er sich über den Kopf. Er hatte es gespürt, da war ich mir sicher!
Vorsichtig legte er den Arm wieder ab und kniete sich neben Newts Kopf. Er öffnete die Jacke und legte seinen Hals frei, der noch immer von Adern überzogen war. Der Anblick schmerzte, aber die Hoffnung vertrieb jede Trauer.
Vorsichtig platzierte Gally dort seine Finger und erstarrte. Sein Mund öffnete sich langsam und er hob den Blick. „Er lebt noch."
Es fühlte sich so an, als würde alle Luft aus meinen Lungen gepresst werden, nur um mit einem tiefen Atemzug wieder einzuströmen. Ich fühlte mich wie neu belebt.
„Gib ihm das Serum!" Mit zittrigen Händen verabreichte ich ihm die blaue Flüssigkeit. Ich konnte sehen, wie einige starke Adern zurückgingen. Es wirkte!
„Was hast du gespürt?!", fragte nun auch Minho, der versuchte alles zu verstehen.
„Sein Puls ist sehr schwach." Tränen bildeten sich wieder in meine Augen, doch es waren keine Tränen der Trauer. Erleichtert drückte ich Newts Hand.
„Wir müssen uns jetzt darum kümmern, dass er zum Berk kommt. Dort können wir uns besser um ihn kümmern." Ein ungläubiges Lächeln schlich sich auf Minhos Gesicht, als er zu mir sah. Erleichtert atmete ich aus.
„Hast du das gehört, Newt? Wir retten dich! Halte durch!" Für einen Moment öffnete er flatternd seine Augen, doch schon im nächsten Moment schlossen sie sich wieder. Er stöhnte leise auf, als Gally versuchte ihn hochzuheben.
„Wir müssen das Messer entfernen. Ansonsten verursachen wir weitere innere Verletzungen durch Bewegung.", erklärte ich und Gally nickte. Er beugte sich leicht vor und griff nach dem Messer. Langsam, darauf bedacht nicht noch mehr Schaden anzurichten, zog Gally das Messer langsam nach oben. Erneut kam von Newt ein schmerzvolles Stöhnen, doch dann wurde er still. Gally legte die blutverschmierte Klinge auf den Boden und zog sich seine Jacke aus. Darunter hatte er noch einen Pullover an, den er ebenfalls auszog und auf Newts Wunde platzierte. Er befahl Minho fest draufzudrücken und legte erneut seine Finger an Newts Hals. Dann sah er wieder auf und nickte. „Noch lebt er, aber sein Puls wird schwächer. Wir müssen ihn jetzt schnell zu den anderen bringen!" Es war noch nicht alles überstanden!
„Wo ist Thomas?", fragte nun Brenda und sah sich dabei suchend um.
„Ich denke er ist zu WICKED..." Sie riss ihre Augen auf. „Er denkt, dass er Newt getötet hat... Aber so ist das nicht!" Die Jungen wechselten einen besorgten Blick. „Jemand muss ihn holen!"
„Ich mach das.", sagte ich laut und sah auf. „Ich kenne den Weg. Ich weiß, wo er hinwill." Kurz schien Gally darüber nachzudenken doch dann nickte er. „Beeil dich!" Ich warf nochmal einen Blick auf Newt und lehnte mich vor. „Ich liebe dich. Egal, was passiert!", flüsterte ich ihm ins Ohr und gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich war mir nicht sicher, ob er es überstehen würde...
Oder ob ich es überstehen würde...
„Wir finden euch dann.", meinte auch Brenda. Ich nickte ihr dankbar zu und drehte mich dann um. „Zeig dein Können als Läufer, Clary.", hörte ich Minho noch sagen, bevor ich losrannte.
Um mich herum herrschte ein Chaos und je näher ich dem Zentrum kam, desto schlimmer wurde es. Um mich herum wurde geschossen, Leute schrien und Dinge explodierten. Doch ich rannte immer weiter. Als unmittelbar neben mir ein Auto explodierte, wurde ich zu Boden gerissen. Mein Kopf knallte hart gegen den Bordstein. Sofort verschwamm mein Sichtfeld und ich ein lautes Piepen übertönte alles. Taumelnd rappelte ich mich wieder auf und versuchte weiterzulaufen. Auch, wenn mein Kopf wehtat und ich mir sicher war, dass ich eine Wunde hatte, durfte ich nicht stehenbleiben. Ich musste Thomas erzählen, dass Newt noch lebte!
Erst, als ich das Hauptgebäude von WICKED erreichte, ließ das unangenehm Piepen nach.
Die Kämpfer hatten es noch nicht bis zum Gebäude geschafft, weshalb ich die letzten Meter ungestört laufen konnte. Am Eingang standen keine Wachen. Das gesamte Gebäude war leer.
Sobald ich den Eingang passierte rief ich nach ihm, aber er war nirgends zu finden. Ich suchte immer weiter und kam schließlich in einen großen, breiten Gang. Das einzige Licht fiel durch die große Fensterfront, von wo aus man den Kampf auf den Straßen sehen konnte. Immer wieder flogen Dinge in die Luft und sogar Hubschrauber von WICKED stürzten ab. Gerade entstand draußen eine große Explosion, die den gesamten Gang für einen Augenblick erhellte. Und da fiel mir die Gestalt auf, die am Boden lag. Schnell rannte ich zu ihr hin. Es war Ava Paige. Für einen kurzen Moment kam in mir das Gefühl der Genugtuung auf, doch als ich sah, wie ihre weiße Bluse rot getränkt war, hielt ich erschrocken inne. Sie wurde erschossen! Es sah fast so aus, als hätte man sie von hinten erschossen. Ich traute es Thomas nicht zu einfach so hinterrücks jemanden zu erschießen, weshalb ich die Waffe, die ich noch bei mir hatte zog und sie schützend vor mich hielt. In diesem Gebäude war wohl noch jemand. Jemand, der nicht davor zurückschreckte Die Kanzlerin einfach von hinten zu erschießen. Doch mir fiel etwas neben ihr auf. Dort lag eine kleine Spritze. Als ich sie mir näher ansah fiel mir auf, dass der Kolben nach unten gedrückt war und sich kein Inhalt mehr darin befand.
War Thomas hier gewesen?
Hatte er den Inhalt gespritzt bekommen?!
Besorgt richtete ich mich auf, was ich als Fehler ansah, da mir sofort schwindelig wurde. Mein Kopf begann sich zu drehen und meine Sicht schwankte kurz. Ich schenkte dem keine weitere Beachtung.
„Thomas?", rief ich laut. Doch die einzige Antwort war mein Echo. Wenn Teresa diese Ansage gemacht hatte, dann müsste sie sich noch in dem Gebäude befinden. Und wenn ich Teresa finde, finde ich auch Thomas! Wenn Teresa sich um Thomas Blut kümmerte, würde sie vermutlich im Labor zu finden sein...
Nur leider wusste ich nicht, in welchem ich sie finden würde und da das Gebäude ziemlich groß war, konnte ich lange suchen. Ich rannte los, doch dabei spürte ich, wie meine Seite schmerzte. Vermutlich hatte ich bei meinem Sturz etwas abbekommen...
Doch egal, wie schlecht es mir ging, ich würde nicht ohne Thomas gehen!

Broken Dreams (Newt ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt