10 Maila - Wenn ich wirklich ganz alleine bin

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"Sag mir, dass alles gut wird."

"Häh?", Joey guckte sehr fragend.

Maila sah sie unmissverständlich an, "das sind Worte, die ich gerade hören muss. Und nachdem du gerade neben mir reitest", sie ließ den Satz ins Leere laufen.

"Alles wird gut", kam es dann in flapsigen Ton von dem Joey.

"Danke", Maila rollte mit den Augen, "Wenn du das mit so viel Überzeugung sagst, glaub ich dir das auch sofort." Damit trabte sie Dunkelschön an, und schloss zu Carter und Ciarán auf, die beide sehr nachlässig auf ihren Pferden hingen und das dabei auch noch elegant aussehen ließen. Wie, das wusste Maila nicht.

"Na, Schnapsdrossel?", wurde sie von Ciarán vergnügt begrüßt.

"Du siehst in keiner Weise besser aus, mein Lieber", damit musterte sie ausgiebig seine Augenringe, die in grau schillerten und einen schönen Kontrast zu seiner bleichen Haut boten. Carter gluckste auf Ciaráns anderer Seite, als sein großer Bruder das Gesicht verzog.

"Das trifft mich jetzt aber sehr", seine Leidensmiene wurde dann tatsächlich ein bisschen echt, als sie den Wald verließen und die Helligkeit der Sonne sie in ihrer vollen Kraft traf. Maila vermutete, dass sie vermutlich gerade sehr ähnlich aus der Wäsche schaute.

"Können wir nicht wieder in den Wald?", hörte sie Ciarán lautstark maulen, doch Liam grinste nur, eine verspiegelte Sonnenbrille auf seine recht blasse Nasenspitze schiebend.

"Wer nicht ausgerüstet kommt, dem kann ich auch nicht helfen", schoss er dann zurück. Das spöttische Lächeln verging ihm aber recht schnell, als ihm dreist die Brille von der Nase gezogen wurde. Mariposa brachte ihren klauenden Reiter mit zwei Galoppsprüngen in Sicherheit, bevor Andrés seinen Schimmel wieder ausbremste, Liams Sonnenbrille sich sehr zufrieden aufsetzend. Der ältere blinzelte noch etwas verwirrt über die abrupte Sonneneinstrahlung, die ihn die Augen zusammenkneifen ließ. Maila sah die Spuren der Zeit in den feinen Fältchen, die seine Augen umrandeten, und die von viel Gelächter erzählten.

"Andrés, du verfluchter, verdammter...", den Rest seines Satzes ignorierte Maila geflissentlich, auch wenn sie sich dachte, dass sein Repertoire an Schimpfwörtern das eines Piraten in Farbenfreudigkeit in keiner Weise nachstand. Liam warf einen kurzen Blick auf die Gruppe, die er begleitete, und trabte dann in Andrés Richtung. Der dachte jedoch gar nicht daran, die Sonnenbrille wieder her zu geben, und Mariposa drehte elegant auf der Hinterhand, nur um in die Gegenrichtung davon zu traben.

Maila schüttelte den Kopf, als die beiden sich in großen Kreisen eine Katz und Maus Jagd rund um die Gruppe herum lieferten, und geradezu spielerisch hohe Dressurlektionen verwendeten, um auf engsten Raum zu drehen, um in eine andere Richtung zu flüchten beziehungsweise zu verfolgen. Carter schien nicht so recht zu wissen, wem von beiden er jetzt gerne zuschauen wollte, sein Kopf flog, wie bei einem Tennisspiel zwischen Verfolger und Verfolgten hin und her. Mariposa's perfekt angelegte Pirouette wurde rasant aufgelöst, als Liam Andrés gefährlich nahekam, und der Schimmel war inmitten von Sekundenbruchteilen wie eine gespannte Feder nach vorne geschossen. Versammlung wich absoluter Beschleunigung, und die hohe Aufrichtung verwandelte sich in einen gestreckten Hals mit wehender Mähne. Maila verdrehte die Augen, als Andrés und Liam immer noch kein Ende einsahen, und beide über die Hälse ihrer Pferde hängend davon schossen.

"Männer", kam es trocken von Mailas Seite, als Joey wieder zu ihr aufschloss.

"Ich mach doch gar nichts", maulte Ciarán von vorne.

"Ausnahmsweise mal." Maila ließ die beiden ausdiskutieren, wer jetzt was machte, oder auch nicht, und übernahm die von Liam verlassene Tete. Weder er noch Andrés waren noch zu sehen, und Maila ließ ihren Gedanken freien Lauf. Dunkelschön fand Tete sowieso viel besser, und stiefelte mit langen Schritten über die frisch gemähte Wiese. Der eigentliche Weg war fast nicht mehr zu sehen. Vereinzelte lange Halme standen noch verlassen am Wegesrand. In der Ferne vermischte sich das Meer mit dem Horizont, und wenn Maila nicht gewusst hätte, dass bald in der Nähe des Horizonts die halbzerfallene Burg auftauchen würde, ließe sich deren vage Silhouette gegen den dunstigen Himmel nur erahnen.

Hufspuren im HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt