Cyrian

Kapitel 1

"Avery Harper, mach endlich diese verdammte Tür auf!", brüllt meine Collegefreundin, Sofia Backer, von der anderen Seite meiner dunkelbraunen Holztür, die mich jede Nacht vor den verrückten, betrunkenen Collegestudenten beschützt und diese auf dem Flur behält, da wo sie hingehören.

Ich gehe auf die UCLA - die University of California, bin in meinem ersten Semester und erst seit ein paar Wochen hier. Sobald meine Ferien vorbei waren, habe ich begonnen mich in meinem Collegezimmer einzurichten. Seit dem habe ich zu meinem Glück bereits ein paar nette Menschen kennengelernt, auch wenn ich mich am besten mit Sofia verstehe.

"Ist ja gut, beruhige dich.", brumme ich schlaftrunken und falle beim Versuch aus meine Bett zu steigen, beinahe auf die Knie. 

Würde ich Sofia nicht so gerne haben und sie beinahe als meine neue beste Freundin ansehen, würde ich sie wahrscheinlich eigenhändig köpfe und auf dem Hinterhof vergraben, so dass sie nie jemand finden würde. Ihre Aufweck-Aktionen kommen leider zu häufig vor.

Sofia kommt mir beinahe in die Arme gefallen, als ich benommen die Tür öffne. Was ich erkennen kann ist, dass sie bereit perfekt gestylt ist und ihre Umhängetasche lässig auf ihrer Schulter sitzt. Ihre grünen Augen strahlen mir entgegen und die weißen Zähne gleich dazu. Ich würde bei ihrem Anblick immer wieder sagen, dass Sofia ein Mädchen ist, das so manch einer als perfekt  einstufen würde, ganz im Gegenteil zu mir; Wo Sofia rank und schlank ist, bilden sich bei mir kleine Fettablagerungen. Ihre Haare sitzen immer perfekt, wohingegen meine sich jeden Tag dazu entschließen, einen Bad-Hair-Day zu beginnen. Sofia, das Mädchen, dass von jedem Jungen am Campus angehimmelt wird - Ich, das Mädchen, dass sich in ihren großen Pullis versteckt. 

"Ich glaub du willst mich verarschen! Du trägst ja immer noch deinen Schlafanzug!" Sofias Gesichtsausdruck verfällt total und ihre Haut wird bleich. 

Erst dann werfe ich einen Blick auf meinen Wecker und sehe, dass es bereits halb acht ist. Der Unterricht beginnt um punkt acht Uhr. Das Problem ist nicht, dass ich etwas zu lange Zeit zum Fertigmachen brauche, sondern dass ich mein Frühstück nicht einfach sausen lassen kann. Schließlich handelt es sich dabei um die wichtigste Mahlzeit des Tages.

Ich raufe mir verärgert meine Haare. "Okay, du packst meine Tasche und ich mache mich schnell fertig!"

Sofia folgt meinen Anweisungen, schnappt sich meine braune Fransentasche und beginnt sie zu packen. In Windeseile mache ich mich indessen auf den Weg ins Badezimmer, um ein wenig Mascara und Concealer (zum Augenringe verdecken), aufzutragen und meine Zähne weiß zu putzen. Jedes Mal, wenn ich in den Spiegel gucke, bin ich doch wieder über die Zahnspange froh, die ich in der siebten Klasse tragen musste, auch wenn man mich zu diesem Zeitpunkt noch dazu zwingen musste.

"Bist du fertig?", ruft Sofia aus meinem Zimmer, in das ich eilig hineinstürme und ihr meine Tasche aus der Hand nehme.

Noch während wir über den Flur,  in Richtung Ausgang laufen, ziehe ich mir Uhr und Ohrringe an - wofür ich ein paar prüfende Blicke von anderen Studenten bekomme. Mich interessiert es nicht sonderlich, da meine Freunde wissen, wie verkorkst ich manchmal sein kann und die anderen Unbekannten sich ausmalen sollen, was auch immer sie wollen. 

Smaltalk haltend laufen wir mit schnellen, langen Schritten über das weitläufige Gelände der UCLA zum nächsten Coffeeshop, um dort ein ausgiebiges, schnelles Frühstück zu haben. Sofia kennt inzwischen meine Liebe zu Kaffee, weswegen es nie zur Diskussion darüber kam, wo hin wir gehen sollten.

"Einen Kaffee bitte - Schwarz.", bestelle ich bei dem jungen Mädchen hinter der Theke, "Und zwei Pancakes mit Bacon und Ei." Sie nickt, nennt mir den Preis und bittet mich dann Platz zu nehmen, bis ich aufgerufen werde. Freundlich lächelnd mache ich mich auf den Weg, einen Tisch für Sofia und mich zu suchen. Das Café ist nicht sehr gefüllt, weshalb es ein Leichtes ist, einen Platz am Fenster zu finden, der uns einen Ausblick über das Geschehen dahinter bietet.