Kapitel 7

92 3 2
                                    

Mit Angst in meinem Blick, schaue ich zu Cyrian hinauf. Seine breite Statur scheint plötzlich doch bedrohlich. Das Gefühl, mich zu ihm hingezogen zu fühlen, ist wie weggeblasen und pure Unsicherheit hat es ersetzt. Plötzlich kommt es mir vor, als würde in mir genau das aufkommen, was jeder andere in Cyrians Nähe verspürt - Respekt vor der Stärke und Macht, die seinen Körper und seinen Geist umgibt.

"Bitte hör auf von mir zu weichen.", sagt er. Sein Blick sagt mir dabei, wie viel Reue er scheinbar verspürt und dennoch kann ich nicht anders, als mich weiter an die Wand zu pressen, um so viel Abstand zwischen uns zu bringen, wie nur irgendwie möglich.

"Ich werde dir kein Haar mehr krümmen, das schwöre ich. Ich könnte es nicht einmal...", erklärt er und macht einen Schritt auf mich zu. Instinktiv weiche ich erneut etwas in mich zusammen - er sieht meine Reaktion wohl als deutliche Antwort.

Frustration spiegelt sich in seinem ganzen Körper wider. Seine große Hand fährt durch seine dichten Haare, während er lange Schritte durch mein Zimmer macht. Meine Augen verlassen ihn nicht, um jede seiner Bewegung zu beobachten. Mein ganzer Körper ist angespannt und zuckt jedes Mal zusammen, wenn Cyrian eine schnelle Bewegung macht.

Plötzlich seufzt er und dreht sich zu mir: "Es ist eine lange Geschichte."

"Dann erzähl es mir!", keife ich. Verwundert blickt er mich an, da meine plötzlichen Worte wohl unerwarteter Weise kamen.

"Das werde ich... aber nicht heute."

Mit plötzlich aufkommender Sicherheit rutsche ich bis an das Ende meines Bettes und knie mich hin. Mit einem fordernden Blick schaue ich direkt in seine Augen: "Wie willst du mich überzeugen, dass du mir nichts tust, wenn du mir nicht einmal erzählen willst, wieso du mich umbringen willst!"

Seine Augen nehmen erneut den tiefen Rotton an und flackern mir entgegen. Mit unglaublicher Geschwindigkeit bewegt er sich vor mich, packt mich an den Schultern und senkt seinen Kopf in meine Richtung: "Ich will dich nicht umbringen, Avery! Ich habe dir gesagt, dass ich es nicht könnte!" Ein tierisches Knurren folgt jedem seiner Worte. Es klingt so mörderisch, doch lässt etwas in mir auflodern.

"Du kannst es nicht? Weil zu viele Menschen hier sind? Soll ich lieber raus gehen und mich in den Wald stellen, damit du das beenden kannst, was du begonnen hast?!", zische ich mit wütendem Unterton. Ich erkenne mich fast selbst nicht mehr wieder. Die plötzliche Wut, die meinen Körper füllt, ist mir völlig unbekannt. Es fühlt sich an, als wäre in mir eine weiter Macht, die mir die Stärke gibt, gegen ihn anzugehen.

Sein Griff um meine Schultern wird stärker als zuvor. Ich spüre wie stechende Schmerzen meinen Körper durchfahren, doch ich sage nichts. Wenn ich jetzt nachgebe, habe ich verloren.

"Hör auf so einen Schwachsinn von dir zu geben!" Erneut ist das Knurren zu hören, doch dieses Mal noch deutlicher, auch das Rot in seinen Augen scheint nicht mehr verschwinden zu wollen.

Auch ich packe schließlich neue Kraft zusammen und stoße meine Handflächen gegen seinen Oberkörper. Durch den plötzlichen Rückstoß taumelt der zwei Meter große Mann tatsächlich nach hinten. Er scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass ich mich weiterhin gegen ihn stelle. 

Ich erhebe mich von meinem Bett und stolziere zu ihm herüber. Der Größenunterschied zwischen uns ist nun noch enormer, doch der anfängliche Respekt und die Angst haben sich in meinem Körper verkrochen. Die reine Aggression bleibt: "Dann rück endlich mit der Sprache raus!", schreie ich. Ob mich jemand hört, ist mir in diesem Moment egal.

Dann passiert etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe: Cyrian schließt seine Augen, greift nach meinen Händen und hält diese gegen meinen Willen fest in seinem Griff. Sobald er seine Augen öffnet, erhasche ich wieder die schöne blaue Farbe, in die ich mich verlieben könnte.

CyrianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt