Kapitel 11

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Wie schon am Hinweg schaue ich auf die Landschaft, die in der Dunkelheit an uns vorbei rast. Meinen Kopf habe ich an die Fensterscheibe gelehnt. Das Radio läuft leise im Hintergrund, während meine Gedanken wild in meinem Kopf umher schwirren.

Zwar hatte ich das Thema beendet, nachdem Cyrians Wut und die darauf folgende Entschuldigung mir bewiesen hat, dass der Tod der Werwölfe ein Thema ist, mit dem ich mich wohl erst in unabsehbarer Zukunft auseinandersetzen werde, dennoch kann ich nicht aufhören daran zu denken, was wirklich täglich auf dieser Welt geschieht. Es ist alles so rätselhaft, was in meinem Leben vorgeht, doch von Sekunde zu Sekunde bin ich dankbarer, dass Cyrian in mein Leben gekommen ist. So etwas nach nur so kurzer Zeit zu behaupten scheint unsinnig und unüberlegt, doch Cyrian scheint damit recht zu haben, dass wir für einander bestimmt sind - so geborgen, wie ich mich bei ihm fühle, habe ich mich noch nie gefühlt.

"Denk nicht so viel über alles nach. Du zerbrichst dir noch deinen schönen Kopf.", spricht Cyrian in die Luft hinein und legt seine Hand dabei vorsichtig auf meinem Bein ab, als würde er testen, wie ich auf dieses Handeln reagiere.

"Tu ich nicht. Ich denke lediglich an das College.". lüge ich eilig.

Im Augenwinkel sehe ich, wie er mich für einen kurzen Augenblick ansieht ehe er den Kopf schüttelt und wieder nach vorne blickt. Seine Miene ist erneut stein hart und spiegelt das Bild wieder, dass er jedem anderen von sich übermittelt.

"Lüg mich nicht an... das habe ich dir schon bei unserem ersten Treffen gesagt.", spricht er mit bestimmenden Unterton.

Ich kneife meine Augen zusammen und öffne den Mund um ihm Widerspruch zu leisten, schließe meine Lippen aber wieder und atme einmal tief aus: "Du liest also die ganze Zeit meine Gedanken?", bringe ich meine auftauchende Schlussfolgerung hervor.

"Nicht immer.", gibt er zu, seine Stimme bereits wieder etwas ruhiger, "Nur, wenn ich denke, dass dich etwas beschäftigt, was auch mich etwas angehen könnte."

"Das ist nicht fair.", murmle ich empört.

"Ich habe nie gesagt, dass das Leben fair ist", versucht er zu witzeln, ergattert von mir jedoch nur einen genervten Blick, der ihm mitteilt, dass ich nicht für Späße aufgelegt bin, "Aber ich habe auch nie behauptet, dass du nicht auch meine Gedanken lesen kannst."

Bei seinen Worten werde ich hellhörig und setze mich aufrecht hin. Wenn ich seine Gedanken lesen könnte, würde das bedeuten, dass ich ihm zeigen könnte, wie nervenaufreibend das ist und er würde eventuell damit aufhören, meine zu lesen. Schon alleine der Gedanke daran, dass ich ihn dazu bringen könnte, mir meine Gedanken für mich zu lassen, erweckt Aufregung in meinem Körper.

"Bring es mir bei!", fordere ich.

"Das werde ich, meine Liebe, aber nicht heute.", schmunzelt er, wohl wissentlich, was er für eine Macht hat, während ich keine Ahnung davon habe, wie ich diese Kräfte einsetze.

Schnaufend lasse ich mich in den Sitz zurück fallen: "Dann hör du auch auf, meine zu lesen."

Cyrian lacht leise. Das Geräusch, dass aus seiner Kehle dringt bringt mir augenblicklich bessere Laune. Ihn lachen zu hören macht auch mich glücklich, als würden wir wie Eins funktionieren.

"Wieso sollte ich?" In seinen Augen liegt ein Funkeln, dass ich bloß erkennen kann, weil ich mich zu ihm wende.

Anstatt ihm zu antworten lasse ich meinen Blick auf ihm ruhen. Die markanten Gesichtszüge strahlen so viel Männlichkeit aus und passen wie angegossen zu seiner breiten Statur. Er ist wie ein Mann aus einer kitschigen Romanze - zu gut um wahr zu sein. Und doch scheint er jetzt ganz mein zu sein. Es wird lange dauern, bis mir wirklich komplett bewusst ist, dass Cyrian und ich eine gemeinsame Zukunft haben werden.

CyrianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt