Kapitel 9

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"Bitte hör auf, Angst vor mir zu haben." Cyrians Worte zerreisen die Stille, die sich um uns herum gebildet hat. Sein Blick landet dabei für den Bruchteil einer Sekunde auf mir.

Seufzend lasse auch ich meinen Blick über seinen Körper gleiten, ehe ich mich wieder auf die Umgebung konzentriere, die an uns in Eilgeschwindigkeit vorbei fliegt. "So etwas kannst du nicht von mir erwarten, während du mit mir mitten ins Nichts fährst. Immerhin kenne ich dich nicht wirklich - du könntest immer noch ein Schwerverbrecher sein.", erkläre ich, ohne mir dabei jedoch wirklich Gedanken darum zu machen, ob er mich vielleicht wirklich umbringen will.

"Denkst du nicht, dass wenn ich dich umbringen wollen würde, ich das schon längst getan hätte?", fragt er.

"Doch, das denke ich."

Cyrian setzt den Blinker seines Wagens, um in eine kleine, schmale Einfahrt zu fahren, die zu einem Wanderparkplatz führt. Bevor er jedoch abbiegt wendet er sich noch einmal in meine Richtung und schüttelt seinen Kopf. "Du verwirrst mich wirklich sehr."

Ich bleibe stumm, auch wenn es mich reizt, ihn zu fragen, wieso er so fühlt. Es war nicht meine Intention, ihn zu verwirren.

Er parkt den Wagen mitten auf dem dunklen Platz. Eine fahle Laterne blinkt ab und zu auf, hilft jedoch nicht, den Parkplatz auch nur ein kleines bisschen zu erhellen. Aus diesem Grund scheint Cyrian die Scheinwerfer seines Wagens an zu lassen. 

Seufzend steige ich aus dem Wagen, nachdem er ihn ohne ein Wort verlassen hat. Seine Aufmerksamkeit scheint allgemein nicht mehr auf mir zu liegen, denn er überquert den Parkplatz, ohne sich einmal umzudrehen, als würde er wissen, dass ich ihm so oder so folgen werde.

"Wo gehst du hin?", rufe ich ihm hinterher.

"Du kannst dort bleiben, wo du bist.", weißt er mich an, als er sich plötzlich doch zu mir umdreht und mich mit beißend roten Augen anblickt. Mir läuft ein warmer Schauer über den Rücken; je öfter er mich mit diesem Blick ansieht, desto mehr fühle ich mich von ihm angezogen.

Etwas nervös beginnt es mir schwer zu fallen, seinem Blick stand zu halten. Die Stärke, die seine Präsenz ausstrahlt, erfüllt meinen Körper und scheint irgendetwas in meinem Körper zu erwecken, was mir bisher unbekannt war.

In der Sekunde, in der ich ihn bitten will, mir endlich das zu zeigen, wofür wir hier her gekommen sind, beginnt sich plötzlich ein dunkler Nebel um Cyrian zu bilden. Die Schwaden tauchen aus dem Nichts auf und umgeben seinen kompletten Körper wie eine Wand. Ich muss meine Augen zusammen kneifen, um ihn überhaupt noch erkennen zu können. Doch mit genug Anstrengung fällt mir die Silhouette  eines Wolfs auf, die nur etwa einen Meter von Cyrian entfernt auftaucht. Genau wie bei dem Nebel kann ich nicht sagen, wo dieser Wolf auf einmal herkommt, doch ich kann mit Sicherheit feststellen, dass es mich ängstigt dieses monströse Tier vor mir zu haben.

Mein Atem geht rapide und mein Herz scheint mir beinahe aus der Brust springen zu wollen. Erst dann scheint der Wolf zum Leben zu erwachen, denn er öffnet seine großen Augen, die mich genau wie Cyrians zuvor in einem knalligen Rot anstarren.

Der Nebel umgibt auch das Tier, bis es ebenfalls komplett verschwunden ist. 

Zitternd starre ich weiter an diese eine Stelle. Mein Kopf fordert mich auf, auf dem Absatz kehrt zu machen und in Cyrians Auto Schutz zu suchen, doch ein anderer Teil in meinem Körper schreit danach, an Ort und Stelle zu bleiben. Irgendetwas in mir möchte diesen Wolf bei sich haben.

Eine große, schwarze Tatze erhebt sich aus dem dichten Nebel. Die Schnauze und schließlich das komplette Gesicht des Wolfes kommt in mein Sichtfeld. Nach und nach bewegt er sich in meine Richtung, bis sein kompletter Körper aus dem Dunst hervor getreten ist und dieser sich komplett auflöst. Cyrian ist verschwunden.

CyrianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt