10. Kapitel

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«Geh mir aus dem Weg, Schlammblut!», hörte ich eine Stimme hinter mir, als ich gerade auf dem Weg von Zauberkunst zu Verwandlung war. Im nächsten Moment wurde ich von hinten angerempelt. Meine Bücher fielen zu Boden und ich folgte ihnen. Mit einem selbstgefälligen Grinsen ging Melanie Cole an mir vorbei.

Jessie kniete sich neben mir auf den Boden und half mir, meine Bücher aufzusammeln. «Die ist so was von unausstehlich. Ich habe Kräuterkunde mit der Zicke, sie glaubt immer, dass sie alles besser weiss als wir anderen», kommentierte Jessie Coles auftreten.

«Ich glaube, das ist genau der Grund, weshalb sie mich hasst; weil ich in Zaubertränke besser bin als sie. Danke», sagte ich und nahm die Bücher entgegen.

«Ey Jessie! Du gibst dich mit Schlammblütern ab?», fragte einer der Slytherins aus der ersten Klasse. «Weiss dein Bruder das? Er ist sicher nicht begeistert davon.»

Jessie erwiderte nichts. Sie ging einfach schweigend neben mir her und verabschiedete sich dann an der Verzweigung der Korridore, von wo aus sie nach unten in die Kerker ging und ich weiter zu Verwandlung.

Cole hatte mich jetzt schon mehrfach so genannt und jedes Mal waren alle um mich herum fast ausgerastet, weil sie dieses Wort benutzt hatte. Anfangs hatte ich es nicht verstanden, mittlerweile hatten sie mich aber aufgeklärt. Es war ein Schimpfwort gegen Muggelstämmige wie mich. Das ist Diskriminierung und Rassismus, hatte Charlies Bruder Percy gesagt, als er gehört hatte, dass Cole mich so nannte. Danach hatte Charlie mir auch die Bedeutung dieser beiden Wörter erklärt. Jedenfalls begannen nach diesem Zwischenfall auch die Slytherins mich so zu nennen. Natürlich nur wenn kein Lehrer in der Nähe war – ausser Professor Snape. Während die anderen Lehrer sofort Punkte abzogen und Strafarbeiten aufgaben, wenn jemand das Wort Schlammblut in ihrer Gegenwart nutzte – Melanie hatte diesen Fehler einmal begangen – schien es ihm gleichgültig zu sein.

«Du solltest deinen Slytherinfreunden sagen, dass sie Adrienne nicht so nennen sollen!», fuhr Alicia Jessie an, als ein paar Tage später das Wort wieder fiel.

Jessie funkelte Alicia nur wütend an und machte sich dann aus dem Staub.

«Man kann als Muggelstämmige eben nicht mit Slytherins befreundet sein», meinte Lee, der neben uns her ging.

«Kann man sehr wohl!», fauchte ich.

«Aber eine richtige Freundin würde dich verteidigen, wenn dich jemand beschimpft. So wie wir das tun», sagte George.

«Aber Silver macht gar nichts», ergänzte Fred. «Die sieht einfach zu.»

Wenn ich ehrlich war, hatten die Zwillinge damit Recht; auch wenn mir das nicht gefiel.

Später an diesem Tag traf ich mich wie so häufig mit Jessie in der Bibliothek zum Lernen. Wir schrieben unsere Aufsätze für Zauberkunst, schlugen für Verteidigung gegen die Dunklen Künste Wichtel nach und begannen mit den Aufsätzen über die Verwendung von Einhornhaar für Professor Snape. Schliesslich überwand ich mich, Jessie auf das Geschehene anzusprechen.

«Jessie? Hast du nicht mal gesagt, dass es nicht schlimm ist, wenn man aus einer Muggelfamilie kommt?», fragte ich meine Freundin.

«Ist es ja auch nicht, wieso fragst du?»

«Wenn es nicht schlimm ist, weshalb verteidigst du mich dann nicht, wenn die anderen Slytherins mich Schlammblut nennen?»

Jessie seufzte und legte ihre Feder weg. «Im Gegensatz zu meiner Familie, haben die Familie vieler anderen Slytherins Vorurteile gegen Muggelstämmige.»

«Aber wieso sagst du nichts dagegen?»

Jessie verwarf die Hände. «Was soll ich schon sagen! Glaubst du, sie werden irgendetwas an ihrer Einstellung ändern, wenn ich es tue? Nein, werden sie nicht. Sie werden dich weiterhin so nennen und mich dann ebenfalls beschimpfen.»

Unausgesprochene Geheimnisse - Adrienne Seanorth (HP FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt