Die Zeit verging wie im Flug und der Unterricht und die Hausaufgaben hielten uns auf Trab. Nachdem wir die Grundlagen gemeistert hatten und ich allmählich eine genaue Vorstellung davon bekam, was Zauberei war – mit Kaninchen aus dem Hut ziehen hatte es wenig zu tun – wurde der Unterricht immer spannender. In Verwandlung waren wir dazu übergegangen, Schildkröten in Teekannen zu verwandeln. Auch in Zauberkunst hatten wir unseren ersten Zauber gemeistert und in Zaubertränke waren wir schon an unserem fünften Trank. Kräuterkunde war nach dem Vortrag über Pflanzen und Gartenwerkzeuge ebenfalls interessanter geworden, da wir nun selbst mit den Pflanzen arbeiten durften. In Astronomie lernten wir immer neue Sternbilder, aber am spannendsten fanden wir nach wie vor Verteidigung gegen die Dunklen Künste, wo wir nach mehreren praktischen Übungen mit den Hinkepanks abgeschlossen hatten und nun Rotkappen behandelten – üble Geschöpfe, die überall dort lebten, wo Blut vergossen wurde und ihre Opfer zu Tode prügelten. Nur Geschichte der Zauberei wurde von Mal zu Mal langweiliger.
Unsere freien Stunden verbrachten wir zumeist draussen auf den Ländereien und genossen die warmen Sommerstrahlen des Spätsommers und des Herbsts. Wenn es warm genug war, gingen wir sogar schwimmen. Ich fühlte mich so wohl in Hogwarts, dass es mir schwer fiel zu glauben, dass ich erst seit wenigen Wochen hier war, es fühlte sich so an, als seien es schon Ewigkeiten. Niemals hätte ich zu Anfang gedacht, dass ich mich hier so schnell einleben würde. Mittlerweile verlief ich mich auch kaum noch in den Korridoren und kam pünktlich zum Unterricht.
Manchmal dachte ich an Joanne, die jetzt ohne mich mit diesen beiden Zicken aus unserer alten Klasse – Jasmin und Laureen – klarkommen musste und hatte dann ein schlechtes Gewissen. Ich schrieb ihr oft. Manchmal lieh ich mir die Eule von Jessie und Jeremy, sonst nahm ich eine der Schuleulen. Joanne schrieb mir ellenlange Briefe zurück in denen sie sich über Jasmin und Laureen beklagte, davon erzählte, wie langweilig die neue Schule doch war und in letzter Zeit schrieb sie auch immer öfter von einem Jungen aus ihrer neuen Klasse.
Meiner Ma schrieb ich ebenfalls hin und wieder, sie interessierte sich sehr für meinen Fortschritt in den verschiedenen Fächern und mahnte mich immer, gut aufzupassen und gute Noten zu schreiben. Aber sie wollte auch wissen, wer meine Freunde waren und wie es mir ging. Es war seltsam, seit ich nach Hogwarts ging und sie nicht mehr fast täglich zu Hause sah, schien sie sich viel mehr für mich zu interessieren als dies früher.
Mein Walkman war immer noch in der Reparatur. Ich begriff nicht, weshalb das so lange dauerte. Meine Vermutung war, dass Ma ihn bisher noch gar nicht zur Reparatur gebracht hatte. Wahrscheinlich hatte sie es einfach vergessen. In meinem letzten Brief hatte ich sie daran erinnert, bisher war aber noch keine Antwort gekommen.
An diesem Mittwochnachmittag hatten wir wie immer Zaubertränke und ich lief nach dem Mittagessen mit Alicia und Angelina hinunter in die Kerker. Snape war griesgrämig und fies wie eh und je, als er uns einen Heiltrank zur Behandlung von Warzen brauen liess. Wie immer schlich Snape durch den Kerker und inspizierte die Kessel, wobei er die Schüler ausgiebig kritisierte.
Nach den ersten paar Stunden hatte ich ein Gefühl dafür bekommen, wie ich vorgehen musste, um nicht kritisiert zu werden – einfach übergründlich sein, auch wenn ich so manchmal langsamer war als die anderen. Dafür waren meine Zaubertränke in der Regel richtig. Natürlich machte Snape keine Anstalten mir für meine gelungenen Tränke auch nur einen winzig kleinen Punkt zu geben, wie es jeder andere Lehrer getan hatte und ich ärgerte mich wieder einmal darüber, dass die anderen Lehrer ihm dieses Verhalten durchgehen liessen.
Heute war die Klasse besonders unkonzentriert und Snape hatte bereits nach den ersten fünfzehn Minuten mehr Punkte abgezogen, als sonst in einer ganzen Doppelstunde.
«Miss Cole! Ich dachte, Ihre Mutter ist Tränkemeisterin und hat Ihnen bereits das eine oder andere über Zaubertränke beigebracht. Aber wenn ich mir das hier so ansehe, zweifle ich daran, dass diese Behauptung stimmt», fuhr Snape eine blonde Ravenclaw an. «Dieses Gebräu taugt zu nichts. Beginnen Sie von vorn und fünf Punkte Abzug für Ravenclaw.» Mit einem Wisch seines Zauberstabs lehrte er den Kessel und ging dann zum nächsten Schüler. Die Ravenclawschülerin, Melanie Cole, starrte ihm wütend nach, bevor sie zähneknirschend aufstand, um sich frische Zutaten zu holen.
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Unausgesprochene Geheimnisse - Adrienne Seanorth (HP FF)
FanfictionEine Harry Potter Fanfiction (Überarbeitet) Adrienne Seanorth hat nicht an Magie geglaubt, bis sie ihren Hogwartsbrief erhalten hat. Nun muss sie sich in einer völlig neuen Welt zurecht finden. Darüber hinaus verhält sich ihre Mutter ausgesprochen s...