Es war in der zweiten Oktoberhälfte, etwas mehr als eine Woche vor Halloween, als es begann. Eigentlich war es ein ganz normaler Schultag gewesen und jetzt sassen wir wie so häufig im Gemeinschaftsraum und brüteten über unseren Hausaufgaben, als das Portrait der fetten Dame zur Seite schwang und eine aufgelöste Alicia in den Gemeinschaftsraum stürmte. In ihren Augen standen Tränen, einige kullerten ihr bereits über die Wangen und an ihrer Brust barg sie ein schwarzes Etwas. Erst als dieses Etwas kläglich miaute, erkannt ich, dass es eine Katze war, Alicias Kater Limuel. Aber etwas stimmte nicht mit ihm.
Alicia kam zu Angelina und mir herüber. Sie setzte sich auf die Kante eines Sessels und sah dabei so fahrig und verloren aus, wie jemand, der gerade den letzten Zug verpasst hat und nun nicht weiss, wie er nach Hause kommen soll. Sie setzte Limuel auf ihrem Schoss ab und jetzt bemerkte ich, was mit dem Kater nicht stimmt. Sein rechtes Hinterbein fehlte. Dafür klaffte dort eine offene Wunde, aus der Blut strömte und Alicias Umhang dunkel färbte. Angelina und ich schrien fast gleichzeitig auf und fragten dann wild durcheinander, was mit Limuel passiert sei.
Alicias Antwort ging in einem lauten, verzweifelten Schluchzer unter. Laut vernehmlich zog sie die Nase hoch, nur um dann weiter zu schluchzen.
«Was ist hier los?», fragte Eliza, die Vertrauensschülerin aus der Fünften, die uns anfangs Schuljahr unseren Gemeinschaftsraum gezeigt hatte. «Alicia, was ist passiert?» An den bösen Blicken, die sie Angelina und mir zuwarf war zu erkennen, dass sie dachte, wir hätten uns gestritten.
«Es ist wegen Limuel», antwortete Alicia schluchzend und zeigte auf ihren Kater. «Irgendetwas hat ihm ein Bein abgebissen.» Sie schluchzte erneut laut auf. Eliza und die Umstehenden sahen schockiert drein.
Ein grosser, stämmiger, rothaariger Junge, dessen Gesicht mit Sommersprossen übersät war, drängelte sich nach vorn. Ich war mir sicher, dass ich einen der Brüder von Fred und George vor mir hatte, wusste aber nicht welchen. «Kommt ihr drei, wir bringen Limuel zu Professor Kesselbrand, der wird wissen, was zu tun ist.» Mit diesen Worten nahm der Weasley-Bruder den schwarzen Kater von Alicias Schoss und lotste uns aus dem Gemeinschaftsraum.
Er führte uns durch die Korridore und die Treppen herab. Zügig lief er voraus; Limuel hatte er fest in seinen Umhang gewickelt. Der Kater sah überhaupt nicht gut aus. Er wirkte müde und schläfrig und mauzte kläglich. Der Weasley führte uns durchs Schlossportal hinaus auf die Ländereien und hielt dann auf eine Hütte zu, die hinter dem Schloss nahe eines Buchenhains stand. Der Hain gehörte nicht zum Verbotenen Wald und folglich war es den Schülern erlaubt, ihn zu betreten, trotzdem war ich noch nie dort gewesen. Energisch klopfte der rothaarige Weasley an die Tür der kleinen Hütte, die sofort geöffnet wurde.
«Ah, Charlie Weasley. Wieso bin ich nicht überrascht Sie zu sehen, Mr Weasley?», begrüsste der Professor und winkte uns hinein. Von Innen war die Hütte deutlich grösser als von aussen. Wir standen in einem gemütlich eingerichteten Büro. Ein grosser Schreibtisch aus Eichenholz bildete das Zentrum des Raums, an den Wänden waren Regale angebracht, in denen Bücher und einige ausgestopfte magische Tiere standen. In einer Ecke waren zwei gemütlich aussehende Sessel und ein Sofa um einen kleinen Tisch drapiert. An einer Wand des Raumes befand sich ein grosser Kamin, in dem ein munteres Feuer flackerte. In dem Feuer konnte ich schemenhaft ein paar Tiere erkennen. Ich blinzelte irritiert und rieb mir die Augen. Waren die Tiere wirklich da gewesen?
«Haben Sie mir einen neuen Patienten mitgebracht?», fragte Professor Kesselbrand und deutete auf das Bündel, das in Charlies Umhang eingeschlagen war.
«Ja, Sir», antwortete dieser. «Dieser kleine Kater hat ein Bein verloren. Wir wissen aber nicht, wie das passiert ist.» Er wickelte Limuel aus seinem Umhang und reichte ihn an den Professor weiter. Alicia verfolgte das Geschehen mit Argusaugen.
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Unausgesprochene Geheimnisse - Adrienne Seanorth (HP FF)
Fiksi PenggemarEine Harry Potter Fanfiction (Überarbeitet) Adrienne Seanorth hat nicht an Magie geglaubt, bis sie ihren Hogwartsbrief erhalten hat. Nun muss sie sich in einer völlig neuen Welt zurecht finden. Darüber hinaus verhält sich ihre Mutter ausgesprochen s...