Snape hatte mich im Krankenflügel abgeliefert, wo Madam Pomfrey sofort zu mir geeilt war und mein Bein untersucht hatte. Währenddessen hatte sie meinen Freunden und mir eine Standpauke erteilt, die sich gewaschen hatte. Was wir uns eigentlich dabei gedacht hätten, uns mit einem Grimm anzulegen. Wie wir nur auf diese hirnrissige Idee gekommen waren. Ob wir wirklich zu dumm waren, um zu kapieren, dass der Wald verboten war. Vor allem, da wir ja bereits mehr als genug Erfahrungen im Wald gemacht hatten, um zu wissen, weshalb dem so war. Diese Worte von Professor Snape oder Professor McGonagall zu hören, wäre keine Überraschung gewesen, doch von der sanftmütigen Madam Pomfrey hätte das keiner von uns erwartet und so waren unsere betretenen Gesichter nicht nur aufgesetzt, sondern wirklich ernst gemeint.
«Ich denke, Sie haben mich verstanden und halten sich künftig vom Wald fern», schloss Madam Pomfrey ihre Rede und wir versprachen ihr alle murmelnd, dass so etwas nie mehr vorkommen würde. Damit war sie zufrieden.
Madam Pomfrey bestand darauf, mich noch für mindestens ein, zwei Tage im Krankenflügel zu behalten. Meine Freunde blieben ebenfalls bei mir, bis Madam Pomfrey sie am Abend hinausscheuchte. Am nächsten Morgen standen sie aber bereits nach dem Frühstück wieder auf der Matte, diesmal waren allerdings auch Alicia, Angelina, Lee und Charlie dabei, die alles erfahren wollten. Alle vier waren mehr als schockiert, als sie die Geschichte hörten, wie wir fünf den Grimm gefangen hatten und wie Snape uns befreit hatte, aber keiner regte sich so sehr auf wie Charlie.
«Ich habe euch fünfen mehrfach verboten, den Wald jemals wieder zu betreten!», rief Charlie aus. «Aber was macht ihr? Ihr spaziert da einfach so hinein, um ein Monster zu fangen, das bereits Professor Otkins angegriffen hat und er konnte nichts dagegen ausrichten. Aber nein, ihr kommt ja nicht mal auf die Idee, dass es gefährlich sein könnte. Fünf Punkte Abzug für jeden von euch. Ich hoffe ihr habt eure Lektion jetzt endlich gelernt!»
«Was mich immer noch schockiert», sagte Cedric, «ist, dass Professor Snape einen unverzeihlichen Fluch angewendet hat, um Adrienne vor dem Grimm zu retten.»
«Was ist ein unverzeihlicher Fluch?», fragten Angelina und ich gleichzeitig.
«Das sind schwarzmagische Flüche. Es ist unverzeihlich sie an einem Mitmenschen einzusetzen», erklärte Charlie düster. «Avada Kedavra ist der Todesfluch. Dann gibt es noch den Cruciatus-Fluch, der andere Menschen foltert, und den Imperius-Fluch, der das Opfer zu einer willenlosen Marionette macht.»
«Aber Snape hat ihn ja nicht auf einen Mitmenschen angewandt, sondern auf den Grimm. Also wo ist das Problem?», fragte ich.
«Adrienne, es sind schwarzmagische Flüche», betonte Fred.
Madam Pomfrey hatte mich am nächsten Tag unter Protest gehen lassen. Ich wollte einfach nicht noch länger untätig im Krankenflügel liegen und ich konnte schliesslich gehen, wenn auch vorerst nur an Krücken. Also humpelte ich während der letzten Schulwoche durchs Schloss, doch das war immer noch besser als im Krankenflügel zu versauern. Madam Pomfrey hatte meine Wunde zwar heilen können, aber es war ein sehr schwieriger Prozess gewesen, da sie das ganze Gewebe neu hatte aufbauen müssen. Der Grimm hatte es bei seinem Angriff bis auf den Knochen so gründlich zerfetzt, dass Madam Pomfrey es nicht mehr reparieren konnte. Nun allerdings musste ich erst wieder Muskeln aufbauen, bevor ich das Bein wieder richtig benutzen konnte.
Professor Otkins ging es gleich, allerdings war bei ihm der Heilungsprozess schon weiter fortgeschritten. In unserer letzten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste verkündete unser Lieblingsprofessor, dass er gekündigt hatte. Er sah im Angriff des Grimms ein schlechtes Omen und wollte lieber nichts riskieren, auch wenn der Grimm jetzt tot war.
Es gab allerdings auch eine erfreuliche Nachricht: Professor Snape hatte es geschafft eine Abwandlung des Skelewachstrankes zu brauen, der bei Katzen wirkte. Madam Pomfrey verabreichte den Trank allen Katzen, die durch den Grimm Gliedmassen verloren hatten, die daraufhin nachwuchsen.
Schliesslich kam der letzte Abend des Schuljahrs und das Abschlussfest, bei dem der Hauspokal verliehen wurde. Als wir die Grosse Halle betraten, war diese in Grün und Silber geschmückt, die Hausfarben der Slytherins. Und Gryffindor? Nun ja, das war eine etwas unangenehme Geschichte. Wir belegten den vierten Platz und zwar mit einer Punktzahl, die so tief war, wie es in der ganzen Geschichte von Hogwarts noch nie vorgekommen war, wie Dumbledore netterweise erzählte. Verschuldet worden war dieser Punktestand hauptsächlich durch Charlie, Fred, George und mich, die Grimmjäger, wie die anderen uns nannten, seit wie wussten, weshalb wir so viele Punkte verloren hatten. Trotzdem waren sie sehr stolz auf uns, weil wir es schlussendlich geschafft hatten, den Grimm zu fangen. So konnten auch nur Gryffindors denken. Auch wenn wir verloren hatten, schmeckte das Festmahl grossartig und ich schlug noch einmal so richtig zu.
Am nächsten Morgen, nachdem wir unsere Koffer fertig gepackt hatten, versammelten wir uns zum Frühstück in der grossen Halle. Nach dem Essen verteilte Professor McGonagall unsere Zeugnisse und Zettel auf denen wir ermahnt wurden, dass es uns nicht erlaubt war, in den Ferien zu zaubern, bevor wir volljährig waren.
«Ihr schreibt mir doch, oder?», fragte Jessie, als wir im Hogwartsexpress sassen. «Ich male mir jetzt schon das Gesicht meines Vaters aus, wenn Theo mir einen Brief bringt. Er wird die Welt nicht mehr verstehen, wenn ein Mäusebussard die Morgenpost austrägt.»
«Klar schreibe ich dir», versicherte ich Jessie und musste ebenfalls lachen. Zu gern würde ich die Miene von Jessies Vater sehen.
«Ich werde auch schreiben, versprochen», sagte Cedric und auch Charlie und die Zwillinge stimmten zu, wenn auch letztere erst nach einiger Überredung von ihrem älteren Bruder.
Später gingen Charlie, Cedric und Jessie, um noch etwas Zeit mit ihren Klassenkameraden zu verbringen und Alicia, Angelina und Lee gesellten sich zu den Zwillingen und mir und wir spielten Runde um Runde Zaubererschnippschnapp und assen Süssigkeiten, bis die Skyline von London am Horizont auftauchte. Wir tauschten unsere Hogwartsumhänge gegen Muggelkleidung und bald darauf fuhren wir im Bahnhof Kings Cross auf Gleis Neundreiviertel ein. Es gab ein grosses Gewusel und Gedränge, als sich alle zusammen mit ihrem Gepäck auf den Gang hinaus und zur Tür drängten. Draussen auf dem Perron gab es nicht viel mehr Bewegungsfreiheit, aber man fühlte sich nicht mehr ganz so erdrückt. Der Pförtner an der Absperrung zum Muggelbahnhof liess uns gestaffelt hinaus, so dass nicht zu viele von uns auf einmal auf dem Bahnsteig zwischen den Gleisen neun und zehn auftauchten. Schliesslich waren wir wieder in der Muggelwelt und gingen mit unseren schweren Koffern zum Eingang des Bahnhofs, wo unsere Eltern auf uns warteten. Meine Ma konnte ich nicht sofort ausmachen – ich war nicht einmal sicher, ob sie überhaupt kommen würde, immerhin hatte sie mich auch zu Schuljahresbeginn vier Stunden bevor der Zug gefahren war hier abgesetzt. Unsicher blieb ich stehen und sah mich um, doch Fred und George zogen mich auf eine rothaarige Familie zu. Vater, Mutter und zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Percy stand schon bei ihnen und auch Charlie erreichte in diesem Moment seine Familie.
«Mum, Dad, das ist Adrienne Seanorth», stellte Fred mich vor.
«Freut mich Sie kennen zu lernen, Mr und Mrs Weasley», grüsste ich.
«Aha, du bist also die Aufrührerin, die unsere Söhne in diesen ganzen Ärger hineingezogen hat», sagte Mr Weasley, lächelte aber dabei.
Mrs Weasley schüttelte nur den Kopf, als könne sie nicht verstehen, wie man so viel Ärger machen konnte, zog mich dann aber zur Begrüssung in eine Umarmung.
«Adrienne?», die strenge Stimme gehörte meiner Mutter. Wie immer war sie elegant gekleidet. Schwarzer Rock, weisse Bluse, blauer Blazer, ihre braunen Locken hatte sie in einem strengen Dutt gebändigt, nur die grünen, schrägstehenden Raubkatzenaugen wirkten wie immer seltsam und passten nicht ganz zu ihrer Erscheinung.
«Das ist deine Mum?», flüsterte George neben mir und starrte sie mit offenem Mund an. Ich rammte ihm meinen Ellbogen in die Seite. «Tut mir leid, aber sie hat etwas so Seltsames an sich.»
«Hallo Ma», sagte ich und ging auf meine Mutter zu. Ich wollte ihr die Hand schütteln, wie wir das so machten, wenn wir uns lange nicht mehr gesehen hatten, doch sie überraschte mich mit einer Umarmung.
«Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, bei allem was du angestellt hast», flüsterte sie mir ins Ohr und drückte mich noch etwas fester.
Vielleicht würde der Sommer mit meiner Ma doch nicht so schlimm werden. Vielleicht war sie in diesem Jahr etwas aufgetaut und konnte jetzt die Ma sein, die eine Mutter eben sein sollte. Ich würde es herausfinden.
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Unausgesprochene Geheimnisse - Adrienne Seanorth (HP FF)
FanfictionEine Harry Potter Fanfiction (Überarbeitet) Adrienne Seanorth hat nicht an Magie geglaubt, bis sie ihren Hogwartsbrief erhalten hat. Nun muss sie sich in einer völlig neuen Welt zurecht finden. Darüber hinaus verhält sich ihre Mutter ausgesprochen s...