Kapitel 42

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Amalia Pov.

Meine Gedanken fuhren Achterbahn. Tausende von Bildern spukten durch meinen Kopf, die ich verdrängt oder vergessen hatte. Ich als kleines Mädchen in den ersten Jahren als ich meine Gabe entdeckt hatte. Mein Kindermädchen, was mich immer mehr gemieden hatte, weil ich zu der Zeit nur bei kleinstem Kontakt eine Vision hatte. Jetzt erst vielen mir ihre schockierten, wütenden oder gar hasserfüllten Blicke ein. Und sie war nicht die einzige gewesen. Man hatte mich als Monster beschimpft, als Hexe, Missgeburt und mich sogar geschlagen wenn ich etwas gesagt hatte was die Leute nicht hören wollten. Doch damals war ich zu jung gewesen um zu verstehen was ich falsch gemacht hatte. Viel zu spät hatte ich begriffen, dass meine Visionen nicht normal waren und die Personen um mich vergraulte.

Immer mehr hatte ich mich auch von selbst zurückgezogen, versucht es zu kontrollieren, niemanden an mich herangelassen, aus Angst jemanden mit meinen Worten zu verletzen. Mit der Zeit war ich besser geworden es zu unterdrücken und zu verbergen. Einen normalen Alltag hatte es bei mir nie gegeben, aber ab diesem Zeitpunkt kam er dem schon sehr nah. Die Zeit hatte mich all das schreckliche was mir wiederfahren war vergessen lassen, doch jetzt stand es mir nur wieder allzu deutlich vor Augen.

Ein bitterer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus. Ich war anders, das hatte ich früh lernen müssen und alles was anders war verabscheuten die Menschen. Deshalb hatte mein Vater mir gesagt das ich niemals raus durfte, doch ich hatte diese Regel schon viel früher aufgestellt. Mir war es nur nie bewusst gewesen.

Doch hier, war ich nicht die einzige die anders war. Hier hatte ich Dämonen, Shinigamis und Engel um mich herum. Für die Menschen wären das alles Monster, wenn sie von ihrer Existenz wüssten. Ich jedoch hatte sie kennen und lieben gelernt und auch wenn ich mich in dem Punkt unterschied, dass ich keine Ahnung hatte was ich war, so fühlte ich mich von ihnen verstanden. Hier wurde ich so akzeptiert wie ich war. Kein Monster, sondern einfach nur ein Mädchen mit besonderen Fähigkeiten. Hier konnte ich ohne Bedenken ich sein und daran würde sich nichts ändern.

Zwar verunsicherte mich der Gedanke an 'Ciels' leicht verängstigten Blick, doch war ich mir sicher, dass ich ihn nicht als Freund verloren hatte. Er war schon mit mehr klargekommen und genau wie ich mit Undertaker, würde er auch über meine grausigen Seiten hinwegkommen.

Entschlossen, schaute ich wieder auf und musste feststellen, das der Earl gegangen war ohne das ich es mitbekommen hatte. Mein Blick schnellte zur Uhr. Verdammt, es waren gut 15 Minuten vergangen, seit unserem Streit. Das würde heißen, dass sie jeden Moment aufbrechen würden zum Schauort ihres neuen Falles. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte das, denn auf der Zufahrt des Grundstückes konnte ich eine Kutsche sich nähern sehen.

Fluchend hastete ich zu meinem Kleiderschrank, schnappte mir die erstbesten Klamotten die ich für eine Mission als praktikabel empfand und zog mich eilig um. Noch schnell mein Beinholster mit Dolch und meine Tasche umgelegt und schon sprintete ich die Flure entlang Richtung Hinterausgang der Villa. Während ich rannte band ich mir meine Haare zu einem hohen Zopf zusammen, damit sie nicht störten. An den Stallungen angekommen, sattelte ich wieder dasselbe Pferd wie bei meinem letzten Ausflug und führte es aus dem Stall. Ich sah die Kutsche gerade noch abfahren, da schmiss ich mich auch schon in den Sattel und preschte los. Immer etwas hinter der Kutsche in der Deckung der Bäume folgte ich ihnen, darum betend das mich Sebastian nicht mitbekam.

Die Reise dauerte fast einen ganzen Tagesritt. Gerade als ich überlegte eine Pause einzulegen, weil mein Pferd vollkommen durchgeschwitzt und ausgelaugt war von dem langen Ritt, kamen die Mauern des Klosters in Sicht. Erleichtert drosselte ich mein Tempo und ließ mich etwas zurückfallen. Im Schatten des Waldes der das Kloster umgab umtrabte ich es und verschaffte mir einen Überblick.
Die Mauern waren nicht sehr hoch, sodass es ein leichtes wäre sie zu erklimmen. Bewacht wurde es auch nicht, doch bei dem Nebel und der bedrückenden Aura die es umgaben, dürfte sich sowieso niemand freiwillig hierher verirren. Jedoch kam mir etwas an der Aura irgendwie bekannt vor. Kopfschüttelnd ignorierte ich das Gefühl, stieg von meinem Pferd und band es an einem Baum nahe der Mauer an.
Sanft redete ich auf den Hengst ein, in der Hoffnung, dass er dann ruhig blieb bei dem was ich gleich vorhatte.

Na dann, einmal in die Hände gespuckt und ran ans Werk!
In einer fließenden Bewegung schwang ich mich auf seinen Rücken, ehe ich mich geschickt aufstellte.
Sobald ich sicher war mein Gleichgewicht zu haben, schaute ich skeptisch den Rest der Mauer hoch.
Mit etwas Glück würde das funktionieren. Noch ein prüfender Blick und schon holte ich schwung, drückte mich vom Pferderücken ab und sprang so hoch ich konnte.
Geschickt hielt ich mich an der oberen Kante fest und zog mich problemlos herauf.

Versuch geglückt! Tatsächlich hatte diese waghalsige Aktion ohne Probleme funktioniert und das auch noch leichter als gedacht. Erleichtert atmete ich aus. Wenn ich auch nur einen Fehler gemacht hätte, wäre das sicher ziemlich schmerzhaft für mich geworden. Doch ich hatte es gemeistert und nun musste ich nur noch runterkommen.

Breit Grinsend wickelte ich das Seil ab das ich Geistesgegenwärtig aus dem Stall mitgenommen hatte. Wusste ichs doch, das man sowas immer gebrauchen konnte. Ich brach zwar nicht jeden Tag irgendwo ein, aber ich stellte mich auf jeden Fall sehr geschickt an.
Schnell war nun auch das Seil fest an der Mauer angebracht und schon ließ ich mich daran hinab ins unbekannte.
Denn was hinter diesen Mauern gespielt wurde, konnte nicht mal Gott selbst sagen.

Visionen (Black Butler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt