Kapitel 10.2 - Weil es schmerzt

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Cyrian tat genau das, was ich ihm befohlen hatte und da meine Familie die Lage größtenteils unter Kontrolle hatte, konnte er seine gesamte Aufmerksamkeit meinem Duell widmen.

Seine Macht pulsierte umso kräftiger in meinen Adern, je öfters unsere Schwerter aufeinander trafen. Bald war sie ein unbestrittener Teil meiner Identität, der genauso selbstverständlich war wie meine Seele und zu meinem Überraschen musste ich feststellen, dass mir das Dasein als Verwandte allmählich zusprach. Seine Magie brachte mich in eine Art Rausch und obwohl ich noch klar denken und handeln konnte, beflügelte sie meinen Verstand in gar ungeahnte Höhen.

»Deine Kraft«, zischte der Befehlshaber plötzlich und setzte zu einem senkrechten Hieb ein, dessen Klinge mich so haarscharf verfehlte, dass ich einen stechenden Luftzug verspürte, »Er sorgt dafür.«

Im Hintergrund erkannte ich, wie es dem Gott bei seinen Worten eiskalt den Rücken hinunterjagte, doch obwohl er sichtbare Angst vor dem Diavo zeigte, kämpfte er aufrichtigen Herzens. Ihm gefror das Blut in den Adern, dennoch schien das silberne Licht, das erneut seine Handflächen wie einen Schleier umgab, nur noch stärker zu werden.

Wahrscheinlich war es die beste Option gewesen, dem Feind keine Antwort zu schenken, stattdessen ging ich auf seinen vorherigen Schlag ein. Mit einem geschickten Manöver blockte ich seine Waffe, die kurzerhand an der Meinen abprallte. Im nächsten Moment stach ich zu und während die Schwertspitze seinem Gesicht immer näher kam, fühlte ich meine Rache in greifbarer Nähe. Erneut schoss mein Puls in die Höhe, doch dieses Mal vor erbitterter Vorfreude.

Zu meinem Unglück streifte ich nur seine Wange, wo ich einen Schnitt hinterließ, der tief und doch so hauchzart wie ein Blatt Papier in seiner Haut klaffte. Ein kleiner Tropfen Blut quoll aus der Wunde, lief sein Kinn hinab und tropfte geräuschlos auf den Brustpanzer seiner Rüstung. Den spärlichen Schmerz, den meine Klinge hinterlassen hatte, schien den Soldaten nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil begann ein höhnisches Grinsen seine Lippen zu kräuseln, als wäre mein erfolgreicher Angriff, der nicht viel mehr war, als ein Vorgeschmack, von dem, was ihm blühte, lediglich ein Sprungbrett, das ihn stärker machte.

Mit neuer Motivation und sichtlichem Spaß, der an reinen Wahnsinn grenzte, stürmte der Schwarzhaarige vor. In seinen Angriffen lag all die Erfahrung verborgen, die er sich in unzähligen Schlachten hart erkämpft hatte. Nahezu makellos war jeder Hieb, den er vollführte, ganz so, als wäre er ein Künstler, der behutsam Mord und Verderben auf einer Leinwand festhielt. Seine Schläge schmiegten sich aneinander wie jene Ölfarben.

Gerade pumpte mein Herz einen erneuten Adrenalinrausch durch meinen Körper, da stoppte der Befehlshaber plötzlich in mitten seines Angriffs. Verwirrung machte sich in mir breit und dies war auf nicht der letzte Angriff, den er absichtlich ins Leere laufen ließ.

Allmählich wurde mein Kopf von ekeligen Schmerzen durchzogen, als ich panisch nachdachte, was er damit bezwecken wollte. Während es Cyrian immer schwerer fiel seine Aktionen vorauszusehen und somit zu verlangsamen, schossen mir allerlei Fragen durch den Kopf. Was plante er? War das irgendeine ausgeklügelte Taktik, die mich ins Grab bringen sollte oder hatte er einfach nur erkannt, in welchem Rahmen Cyrians Magie funktionierte? Vermutlich wäre das sogar der schlimmste Fall, der mit jeder Sekunde wahrscheinlicher wurde.

Mittlerweile änderte der Befehlshaber sein Muster durchgehend und obwohl es ihm einen deutlichen Nachteil gab, wusste er, dass diese Masche funktionierte. Ganz offensichtlich hatte er Cyrians Magie durchschaut und diese Tatsache ließ mich atemlos nach Luft schnappen. Ein Anflug von Panik machte sich in mir breit, erst ein Tropfen, dann zwei, bis eine riesige Welle über mich hereinbrach. Sie füllte meine Lungen mit tonnenschwerem Wasser und es fühlte sich so an, als würde der unermessliche Druck mein Inneres zerquetschen. Instinktiv wich ich zurück.

Der fünfte GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt