Im Bann des Fluchs
Der Kopf des Befehlshabers fiel zu Boden. Wie der Sturz eines Drachen, der zuvor noch sein pompöses Gebrüll ertönen gelassen hatte, ergriff der Tod von ihm Besitz und machte ihn mit knochigen Fingern zu seinem Eigentum.
Blut umspülte den Boden, als wäre es ein Netz, das seine Fänge ausbreitete, während sein Haupt mit einem dumpfen Geräusch aufkam. Aus getrübten Augen starrten Iriden ins endlose Nichts. Niemals wieder würde ein weiterer Herzschlag in seiner Brust ertönen. Das Leben des Diavo war ebenso schnell ausgelöscht worden wie das Licht einer Kerze, der man die Luft zum Atmen geraubt hatte, und noch immer konnte ich mit keiner Zelle meines Körpers begreifen, was soeben passiert war.
Fassungslos starrte ich auf die Szene, die sich mir ergab. Noch vor wenigen Sekunden war der Feind lebendig gewesen, doch jetzt fesselte sich mein Blick an seinen toten Körper, der hinter Cyrian erschlaffte. Es war schnell gegangen und sein Leben war vergänglicher gewesen, als es der Flügelschlag eines Schmetterlings.
Zwischenzeitlich spielte sich auf dem Gesicht des Zeitgottes eine Abfolge unterschiedlichster Emotionen da, die erst einheitlich wurden, als das Schwert an seiner Kehle klirrend zu Boden fiel. Zuvor spiegelten seine Augen noch Angst und Trauer wider, doch nun waren sie von einem Schatten umgeben, der Niemanden erahnen ließ, was in ihm vorging. Ausdruckslos waren seine Lippen zu einem schmalen Strich geformt, genauso wie seine Haltung immer mehr entspannte.
Mit der Verbindung, die zwischen uns herrschte, kroch eine Gänsehaut über meine Arme. Eine schlimme Vorahnung machte sich in mir breit, die immer deutlicher wurde, je länger ich auf Cyrian starrte.
Plötzlich schien alles um uns herum ausgeblendet zu sein, nur die Tatsache, dass der Silberhaarige den Befehlshaber getötet hatte, stürmte auf mich ein, wie die Flut, die mich unter ihren gewaltigen Wassermassen begrub. Es fühlte sich so an, als würden meine Augen lügen, als wäre das Bild, das sich mir offenbarte, falsch, doch es war die Wahrheit. Eiserne, grausame Wahrheit.
Kaum war mir ansatzweise bewusst geworden, was Cyrian soeben getan hatte, spürte ich plötzlich ein Stechen, genau dort, wo sein Zeichen meinen Arm zierte. Wie tausende Nadelstiche durchzog es mich und als ich das Symbol musterte, glühte es in einem schaurigen Rot.
Mit aufgerissen Augen starrte ich auf das Leuchten. Wie kleine, zügelnde Flammen tanzte es unter meiner Haut. Das Feuer durchbrach sie wie das Licht die Meeresoberfläche, während der Schmerz immer stärker wurde. Aus dem grässlichen Stechen, wurde schließlich ein Ziehen und plötzlich war mir so, als würde eine ferne Stimme sich in meinem Kopf bohren. Hypnotisch schallte es in meinem Schädel wider, wie der Ohrwurm eines Musikstücks, dennoch schmerzte jedes Echo umso mehr. Die Stimme redete auf mich ein, machte falsche Versprechungen und obwohl sie nicht vollkommen präsent war, vernahm ich, wie sich die Schlinge immer weiter zuzog.
Nur mit Mühe wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Cyrian zu. Während meine Glieder noch schwerer wirkten als zuvor, war ein böses Grinsen auf den Lippen des Zeitgottes erschienen. Kalt, grausam und diabolisch kräuselte es seinen Mund zu einem verhängnisvollen Lächeln. Als hätte er unerwartet seinen Drang zu psychopathischen Verhalten entdeckt, lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.
»Cyrian?«, flüsterte ich und meine Stimme war nur ein Hauch, der es nicht zu schaffen vermochte, sein Unterbewusstsein anzusprechen. Meine Worte schienen einfach an ihm abzuprallen wie an einer unsichtbaren Wand.
Allmählich erwachte Cyrian aus seiner Starre. Als hätte er meine Existenz vergessen, betrachtete er die Leiche des Befehlshabers. Blass und mit Blut überschüttet lag sie auf dem Boden, der Kopf nur wenige Meter entfernt.
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Der fünfte Gott
Fantasy»𝑍𝑒𝑖𝑡 ℎ𝑒𝑖𝑙𝑡 𝑘𝑒𝑖𝑛𝑒 𝑊𝑢𝑛𝑑𝑒𝑛 𝑢𝑛𝑑 𝐺𝑜̈𝑡𝑡𝑒𝑟 𝑠𝑐ℎ𝑜𝑛 𝑔𝑎𝑟 𝑛𝑖𝑐ℎ𝑡.« Seit Jahrtausenden herrschen die vier Götter Argon, Enja, Kalani und Cleo über die magische Welt Cytron. Zusammen mit ihren Verwandten, besonderen Personen...