Kapitel 9.1 - Die Uhr schlägt zurück

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Die Uhr schlägt zurück

Leer war das treffendste Wort, mit dem ich meinen Zustand beschreiben konnte. Ich fühlte nichts. Da war kein Wind, der meine Haut berührte. Kein Blut, das heiß in den staubigen Boden sickerte. Einfach Leere, die den Moment mit ihren gierigen Fingern umschlang, Sekunden und Minuten stoppen ließ, als hätte man die Zeiger der Welt zum Stehen gebracht.

War ich tot?

Diese Frage schwirrte in meinem Kopf, wie eine Mücke, die begierig eine Stelle suchte, um das Elixier des Lebens zu stehlen. War es dieses Mal wirklich vorbei?

Vorsichtig öffnete ich meine Augen und zu meinem Entsetzen blitzte die scharfe Klinge vor meiner Kehle auf. Grell schimmerte der Stahl im Schein der Sonne und doch schien die Konstruktion leblos und ausgelaugt.

Mein Herz ruschte mir in die Hose, als ich erkannte, wie alles um mich herum, angefangen mit dem Befehlshaber, zum Stillstand gekommen war. Wie eingefroren, lag ein überlegenes Grinsen auf den Lippen des Feindes, das sich nicht auch nur um einen Millimeter bewegte. Nichteinmal die schwache Bewegung eines Blinzelns erkannte ich.

Wie eine Welle donnerte es plötzlich auf mich ein. Mein Herzschlag schoss erneut in die Höhe, während ich mich so schnell wie möglich aus der Reichweite der Waffe begab. Dabei pulsierte die Wunde an meinem Kopf spürbar, als würde in meinem Schädel noch immer der Schmerz des Schlages nachklingen. Grässlich starke Kopfschmerzen waren die Folge, die mich kaum einen klaren Gedanken fassen ließen.

Schwankend und mit unsicherem Stand begab ich mich wieder auf die Beine, während ich reflexartig nach der Wunde an meinem Hinterkopf griff. Die heiße Flüssigkeit tastete sich auf meine Hand und färbte die Haut scharlachrot, als würden Flammen sich um diese züngeln. Ich hatte echt Glück, dass ich nicht das Bewusstsein verloren hatte.

»Pandora«, ertönte mein Name plötzlich hinter mir. Es war Cyrians Stimme, die mehr als angestrengt und entkräftet klang. Fast schon gebrochen erreichte sie mein Ohr, während ein unbändiges Zittern seine Kehle erfasst hatte.

Ich drehte mich um und starrte geradewegs auf die undefinierbare Silhouette des Gottes. Noch immer schwebte er über dem Boden, doch dieses Mal lag eine verzerrte Miene auf seinem Gesicht. Die Stirn in Falten gelegt, während seine Augen nur einen Bruchteil der Anstrengung widerspiegeln, die er gerade aufbrachte. Dicke Schweißperlen rannen über sein Haupt, doch der Geruch von Magie überwog.

Mittlerweile wusste ich nur zu gut, wie sich Cyrians Kraft anfühlte, so war es auch nicht schwer zu erkennen, dass er für dieses seltsame Ereignis verantwortlich war. Ein schwaches, silbernes Licht umringte seine Handflächen wie das Flackern einer Laterne, die milde Wärme schenkte. Es war tatsächlich nicht viel mehr, als die Spur eines Leuchtens, dennoch spannte sich die silberne Energie über ganz Akelicis. Sie bildete einen festen Raum, indem jegliche Zeit stillstand. Nur für den fünften Gott und mich galt diese Regel nicht. Wir waren immun.

»Cyrian?«, flüsterte ich und meine Stimme war nur ein Hauch, der in der schieren Endlose des Moments an Bedeutung verlor.

Er hatte mich schon wieder gerettet, wenngleich er diese Situation mitzuverantworten hatte. Allerdings, warum war er hier? Nun, da er aus dem Abyss entkommen war, besaß er die Freiheit, überall hinzugehen, wo auch immer er hin wollte. Mit Sicherheit hätte er auch schnell einen potenziellen Anwärter auf den Titel Verwandter an seiner Seite. Jeder wäre in solchen Zeiten gerne unter dem Schutz eines so mächtigen Wesens. Eigentlich besaß er hierfür keinen Grund. Also warum nur rettete er mich erneut?

»Ich bin hier«, keuchte der Gott leise und erst jetzt erkannte ich, dass sein Körper noch durchsichtiger war als zuvor. Wie Nebel, den man eingesperrt hatte, faserten die Umrisse, als würden die unsichtbaren Wände, die jene Substanz zusammenhielt, jeden Moment zerbrechen.

Der fünfte GottWo Geschichten leben. Entdecke jetzt