Kapitel 12 - Arya

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„Blanche sitzt jetzt schon seit über einer Stunde da drin ohne irgendwas zu sagen oder sich zu bewegen! Denkst du sie könnte vielleicht tot sein?"

Arya wandte sich zu ihrem Bruder um, doch Bran gab nur ein müdes Gähnen von sich, den Kopf noch immer in sein Kissen gelehnt, den Blick auf den kleinen, etwas unscharfen Fernseher gerichtet, der in seinem Zimmer stand, seit er sich ein Bein gebrochen hatte und eigentlich in ihrem Zimmer hätte stehen sollen... hätte ihre Mutter nicht erfolgreich darauf beharrt, dass sie sich nicht an die Vereinbarung gehalten hatte ihr Zimmer aufzuräumen und Bran, der mehr oder minder ans Bett gefesselt war, die Unterhaltung dringender brauchen könnte, als sie.

Außerdem ging sie ja ohnehin ständig zu Robb und Jon, die einen größeren Fernseher hatten... und deren Zimmer natürlich auch viel Schmutziger war als ihres, so richtig mit durchgeschwitzten T-Shirts und getragenen Socken und Küchenrolle (Arya hatte bisher nie verstanden, wofür ihre Brüder Küchenrolle in ihrem Zimmer brauchten... und vor allem was sie damit aufwischten, dass die immer so sehr verklebte) und leeren Kugelschreibern und Krümeln auf dem Boden und vollen und leeren Bierdosen im Schrank und unter dem Bett, samt allem, was ihre Mutter nicht zu Gesicht bekommen sollte, die Filme, die Theon immer mitbrachte, nicht ausgenommen und bei denen nicht mal sie zusehen durfte, ganz egal wie sehr sie auch bettelte.

„Die wirklich interessanten Sachen darf ich halt nie mitmachen!", murrte sie leise und trat mit einem Fuß gegen Brans Bett, was in erster Linie ihren Bruder aufschreckte, auch wenn ihr das nur ganz recht war.

Nachdem Robb sie aus seinem Zimmer geworfen hatte (nur weil sie auch mal den Controller hatte haben wollen und es ohnehin eine himmelschreiende Ungerechtigkeit war, dass er Far Cry 5 spielen durfte und sie nicht), war sie wenigstens bei Bran untergekommen und hatte gehofft irgendetwas Interessantes herauszufinden.

Doch draußen regnete es und deswegen konnten sie die Drohne nicht fliegen lassen, deren Fernbedienung sicher versteckt zwischen Brans Lattenrost und Matratze klemmte und sein Fernrohr, das schon seit Wochen auf das gegenüberliegende Fenster gerichtet war, zeigte ihr nichts weiter, als Cersei Lannister in einem Seidenpyjama, bei dem Sansa vermutlich einen Instant-Orgasmus bekommen hätte, die auf ihrem Bett saß, die Hände gefaltet und den Kopf gesenkt und von ihren langen Haaren verborgen.

Arya hatte ja für einen Moment gehofft, dass sie vielleicht doch tot sein könnte oder dass ihr Zwergenbruder gleich kommen und durch eine Tür in ihrem Rücken in ihren Körper steigen würde, doch das hatte sich bisher nicht bewahrheitet.

Nicht mal das Einschalten von ‚Radio Lannister', der ersten und einzigen Live Übertragung aus Cersei Lannisters Schlafzimmer, hatte irgendetwas Neues ergeben.

Und dann war auch noch Bran aufgewacht und hatte sie gefragt, was sie so spät am Abend in seinem Zimmer zu suchen hatte, obwohl es doch eigentlich erst neun war.

Natürlich, natürlich, sie hatte ihrem kleinen Bruder dankbar zu sein, immerhin hatte Bran die Wanze noch in Cerseis Schlafzimmer angebracht, bevor er in seiner grenzenlosen Dummheit aus dem Fenster gefallen war und sich sein Bein gebrochen hatte, aber sie hatte nicht wirklich Lust gehabt ihm die ganze Geschichte von vorne zu erklären.

„Ähm... Arya...?"

Bran gähnte noch einmal herzhaft und ließ sich dann in sein Kissen zurückfallen, demonstrativ von ihr abgewandt, als wollte er ihr durch die Blume mitteilen, dass er wollte, dass sie ihre Taschenlampe ausschaltete, die sie nunmal brauchte, um das Buch zu lesen, das sie im Gehen aus dem Regal ihres Bruders stibitzt hatte und in dem es um Drachen, Kriege und blutige Massaker und die ewige Nacht ging und eine Königin, die mit ihrem Bruder schlief und dessen Umschlag leider schon so zerfleddert war, dass man den Titel nicht mehr erkennen konnte.

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