Kapitel I

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Yoongi

Jimin war immer anders gewesen: leise, zurückhaltend und unnahbar.
Er trug stets Klamotten, welche er aus irgendeiner Mädchenabteilung des letzten Jahrhunderts ausgegraben zu haben schien und seine Haare hingen ihm Tag um Tag fransig und wirr ins Gesicht.

Es begann langsam, schleichend.
Erst waren es nur einige fiese Bemerkungen über sein äußeres Erscheinen, nach und nach kamen dann noch Beleidigungen über seinen verschlossenen und seltsamen Charakter hinzu. Doch irgendwann war alles völlig außer Kontrolle geraten und der Junge wurde zu dem Menschen, an welchem jeder seien Frust ausließ, da er sich einfach nie wehrte.

Aus verbalen Angriffen wurden letztendlich auch körperliche.

Es tat mir leid.
So scheiße leid.
Ich hatte ihn nicht gekannt, aber aufgrund seines Auftretens Schlüsse gezogen, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte, ob sie denn überhaupt nur zu einem einzigen Prozent der Wahrheit entsprachen.

Aber jetzt war es zu spät.
Ich hatte es heute Morgen nämlich im lokalen Radiosender gehört.

Den Bericht über seinen Tod.

»Am 27. Mai um 19:23 wurde die Leiche des 17-jährigen Park Jimin geborgen. Bei dem Todesfall handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Selbstmord durch einen einfachen Strick, dennoch ermitteln die Staatsanwaltschaft und die örtliche Kriminalpolizei weiter...«

Und nun saß ich da.
Auf meinem Platz in der letzten Reihe und mir war kotzübel und zum Heulen zumute.
Im Klassenzimmer herrschte allgemein eine angespannte Stille, die Gesichter aller Anwesenden konkurrierten mit der Farbe der schneeweißen Wände um sie herum.

»Er hat sich erhängt.«, flüsterte Chanyeol leise. »Er hat sich... einfach auf einen Stuhl gestellt und aufgehängt...«

Ich fühlte, wie sich alles in mir zusammenzog.

»Bring dich einfach um, du Freak.«

Im Nachhinein konnte ich nicht mehr sagen, warum ich ihm diese unverzeihlichen Worte überhaupt erst an den Kopf geworfen hatte, aber nun, da es zu spät war schämte ich mich.

Ich hatte es nicht ernst genommen; Hätte nie auch nur im Traum daran gedacht, dass er dieser Aufforderung wirklich nachkommen könnte.

Aber er hatte es getan.

Meine Atmung wurde hektischer und ich begann schwarze Punkte vor meinen Augen herumwirbeln zu sehen. Ich hatte das Gefühl, irgendetwas würde in meinem Hals stecken und mir die Luft zum Atmen abschnüren.

»Das ist nicht meine Schuld... Das ist nicht meine verdammte Schuld.«, schrie ich hysterisch und stand ruckartig auf, wobei mein Stuhl mit einem lauten poltern nach hinten kippte. Die anderen Schüler starrten mich teils geschockt, teils einfach nur mit leeren Blicken an, als ich wütend meinen Rucksack nahm und aus dem Klassenzimmer stolperte.

An den Toiletten machte ich schließlich halt und starrte meinem Spiegelbild voller Hass entgegen. Was hatte ich bloß angerichtet...

Ein stechendes Schwindelgefühl machte sich in meinem Hinterkopf breit. Ich griff mir an meinen schmerzenden Schädel und stützte mich keuchend an dem Waschbecken ab, um nicht zur Seite zu kippen.

Jedoch knickten meine Beine einfach unter mir weg und ich fiel unsanft auf den kalten Fliesenboden.

»Scheiße.«, fluchte ich noch kraftlos, als mir langsam schwarz vor Augen wurde.

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Danke für eure votes und die süßen Kommis^~^

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