* Prolog

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Gelangweilt saß ich auf meinem Stuhl und sah aus dem streifenfreien Fenster. Meine Mitschüler starrten interessiert zu unserem Mathelehrer nach vorne und hörten gespannt zu. Mich hingegen interessierte der Unterricht eher weniger, viel lieber beobachtete ich die grünen Blätter und deren Äste, die sachte mit dem Wind schaukelten.

Blablaba... Das ist Stoff aus der Grundschule blabla...

Schule war tatsächlich nichts, was ich heute gebrauchen konnte. Ich war ziemlich genervt und bei jeder Bewegung stach es unangenehm in meinen Fingerknöcheln. Genervt seufzte ich auf und fuhr über die aufgeplatzte Haut.

Nur weil ich eine Aufgabe mal falsch hatte, was erwarten die denn? Ich bin eben kein Matheaffe und mache alles richtig. Man, kotzt mich diese Klasse an.

,,Wenn du nicht aufpasst, wirst du auch morgen keine Aufgabe richtig beantworten können." Ich zuckte zusammen und hob meinem Kopf. Der Lehrer stand direkt vor meinem Tisch und grinste mich spöttisch an. ,,Naja, aus Ihrem Unterricht wird man aber auch nicht schlau, Sensei", sprach ich desinteressiert und lehnte mich zurück.

Sein Grinsen entwich ihm und er starrte mich grimmig an.
Solche Kommentare machten mir schon lange nichts mehr aus und irgendwann hatte ich begonnen, mich zu wehren. Ich könnte zwar zum Schulleiter gehen und mich wegen Mobbing beschweren, doch der konnte mich nicht wirklich leiden. Und sowieso war ich jemand, der seinen Kram selbst erledigte, zur Not half immer die gute alte Faust.

,,So ein unerzogenes Gör, ich glaube, dir sollte man mal Manieren beibringen.", sprach der Lehrer, der gerne seine höhere Position gegenüber den Schülern präsentierte.

Ich vernahm Gekicher und drehte meinen Kopf zu den anderen. Viele meiner Klassenkameraden sahen mich an und lachten. ,,Aber Sensei, die kennt sowas wie Manieren doch überhaupt nicht, bei ihrer Familie gibt es sowas bestimmt nicht", lachte ein Schüler und zeigte auf mich. Aus dem Augenwinkel erkannte ich das zufriedene Lächeln des Lehrers.

Mit geballten Fäusten sprang ich auf, sodass mein Stuhl nach hinten umkippte. Wütend verzog ich mein Gesicht und fragte mit einem warnenden Unterton: ,,Was soll das denn bitte heißen?" Bedrohlich sah ich den Jungen an, dessen Mundwinkel urplötzlich fielen. Jeder hier wusste, dass ich schnell handgreiflich werden konnte und das meistens sehr schmerzhaft endete.

,,Tch" Abfällig betrachtete ich meinen Mitschüler noch einen Moment, doch er blieb still. Ich bückte mich nach meinem Stuhl, als Metall plötzlich über den hölzernen Boden schliff. ,,Na, bei deinem Bruder würde es mich nicht wundern, wenn du auch bald in der E landest." Mein Herz setzte einen kleinen Moment lang aus und schlug schließlich doppelt so schnell wie davor.

Ich konnte den verunsicherten Blick des Mädchens hinter mir sehen, als ich mich langsam wieder aufrichtete und meinen Stuhl abstellte. Weiß traten meine Fingerknochen hervor und meine Nägel bohrten sich unangenehm in meine Haut. Vernichtend blickte ich den Lehrer an, welcher das Szenario nur schweigend beobachtete.

Feigling.

,,Was hast du gesagt?", fragte ich den Schüler, welcher mich mit Hohn betrachtete und die Hände in die Hüften stemmte. Meine Augen ruhten auf seinem Gesicht und warnten ihn, jeder andere schien bemerkt zu haben, dass meine Grenze bereits überschritten wurde. ,,Dass du bald bei deinem Loser-Bruder landest."

Ich nahm mir wenig zu Herzen, ignorierte vieles, doch mein Bruder ging zu weit. Er hatte rein gar nichts mit dieser Situation hier zutun und ihn dermaßen zu beleidigen, war über meinem absoluten Grenzpunkt.

Wütend ging ich auf ihn zu und ehe er nur hätte etwas tun können, warf ich ihn zu Boden. Erschrocken sah er mich an, während ich auf ihm saß.  Ich packte ihn am Kragen und zog ihn zu mir. Nur knappe zwei Zentimeter und unsere Nasen hätten sich berührt. ,,Beleidigt mich wie ihr wollt, aber lasst meinen Bruder da raus."

Ich konnte seinen schnellen Atem hören und spüren wie die zitternden Hände, die meine Handgelenke festhielten. Er hatte Angst, sah mich aus großen Augen an und doch schlich sich ein verunsichertes Lächeln auf seine Lippen, die zu beben schienen. ,,Warum? Weil du nicht einsiehst, was für ein Versager er ist."

Ich hätte von ihm abgelassen, hätte er einfach seinen Mund gehalten. Er hätte sich ja noch nicht mal entschuldigen müssen, einfach nur leise sein und nichts dummes mehr tun. Doch er riskierte es trotzdem und der Faden riss.

Brüllend drückte ich ihn nach unten, sodass sein Kopf geräuschvoll auf den Boden prallte. Die anderen zogen sich erschrocken zurück, als ich anfing auf ihn einzuprügeln. ,,Jetzt sagst du nichts mehr, huh!" , brüllte ich ihm ins Gesicht. Das Blut lief sein Gesicht entlang und er starrte mich ängstlich an, schrie unter Tränen, dass ich aufhören sollte.

Kannst du vergessen.

,,Das reicht.", die Kälte der Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich hob meinen Kopf und blickte direkt in die Augen des Schulleiters. Kalt erwiderte ich seinen einschüchternden Blick und nahm meine blutigen Hände von dem Jungen.

Ächzend erhob ich mich und entfernte mich von dem blutenden Mistkerl, ging auf den Mann vor mir zu. ,,Solch ein Verhalten dulde ich hier an der Schule nicht. Hiermit wirst du umgehend von der 3-B in die E-Klasse versetzt. Am Montag beginnt dein Unterricht in der Klasse 3-E. Und nun geh, du bist für den Rest der Woche verwiesen", seine Worte waren gefüllt von Wut und alles klang wie ein Befehl, trotzdem blieb er ruhig, baute sich bedrohlich vor mir auf.

Ich sah ihn kurz an und konnte dann nicht anders als zu schmunzeln, so sehr war ich in Rage. Lächelnd sah ich in die lilanen Augen des Schulleiters, die mich aufmerksam und misstrauisch musterten. Er war überrascht, dass sich jemand gegen ihn auflehnte und normalerweise würde auch ich das nicht tun. Der Rektor konnte ziemlich schnell sehr unangenehm werden, doch mein Zorn und das Adrenalin ließen mich jegliche Gefahr ignorieren.

Mein Lächeln war so bitter kalt und in meinen Augen blitzte Spott auf. Ich ging noch einen Schritt auf ihn zu, stand somit direkt vor ihm und starrte ihn herausfordernd an. ,,Irgendwann, Herr Vorstandsvorsitzender Asano, irgendwann werden Sie von Ihrem Tron fallen."

Jeder hier im Raum schien entsetzt, es war töricht und ziemlich dumm, sich mit den Asanos anzulegen, doch mir war es gerade völlig egal. ,,Drohst du mir etwa?", fragte er und ein gefährliches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Er hatte die höhere Position, die besseren Karten und das wusste auch ich.

Ohne weiter etwas zu sagen, drehte ich mich um, nahm meine Tasche und lief an Asano vorbei, welcher mich siegessicher beobachtete. An der Tür blieb ich nochmal stehen und sah ihn ein letztes Mal an ,,Aber nein, das würde ich doch niemals wagen, sehen Sie es viel mehr als Warnung."

Mit einem freundlichen Lächeln winkte ich meiner ehemaligen Klasse zu und verschwand aus dem Schulgebäude.

Du hast mein VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt