,,Also gut, lass uns eine gute Stelle zum rüber schwimmen finden", meine ich zu Taavi und der junge Polarfuchs nickte zustimmend.
Als wir dann gegen Mittag halb verdurstet eine einigermaßen enge Stelle gefunden hatte, sah ich Taavi zögernd an.
,,Wer soll als erstes schwimmen?"
Taavi schaute mich kurz aus seinen klugen, eisblauen Augen an, dann stellte er sich vor mich.
,,Aber Taavi...", wollte ich widersprechen, doch mein pelziger Freund hatte sich schon in die Fluten gestürzt und schwamm mit kräftigen Zügen hindurch.
Atemlos schaute ich ihm zu, bis er sicher drüben ankam und sich Wasser aus dem Fell schüttelte.
Wahrscheinlich lag das unbeschwerte Hinüberkommen daran, dass mein pelziger Freund zuvor mit großer Hingabe ein Eichhörnchen verzehrt hatte.
Ich schnallte mir seufzend meinen Rucksack enger und starrte hinüber zu Taavi.
Ich wusste, dass ich keine Wahl hatte.
Also holte ich tief Luft und sprang in das kalte Wasser.
Sofort umspülten mich die Wellen und wirbelten mich hin und her und mit großer Anstrengung konnte ich mich an die Wasseroberfläche hindurch stoßen.
Dort holte ich erst mal keuchend Luft, als ein Schwall Wasser mir plötzlich ins Gesicht platschte und ich Wasser schluckte.
Ich musste würgen und wurde von den Wellen wieder nach unten gezogen. Panisch strampelte ich durch das Wasser, doch das brachte nicht viel.
Mein Orientierungssinn gab nun völlig den Geist auf, ich wusste weder, wo oben und wo unten war, noch, wo das Ufer war.
Die Wellen schleuderten mich hin und her und alles in mir schrie danach, den Mund aufzumachen, um Luft zu holen, ein Gefühl der Enge machte sich in meinen Lungen breit.
Plötzlich tanzten überall schwarze Punkte vor meinen Augen und dann verlor ich das Bewusstsein.Wie von weit weg hörte ich Taavi sein Bellen von sich geben und grelles Licht umpfing mich, als ich die Augen öffnete.
Alles war verschwommen.
War ich tot?
Nein, wahrscheinlich nicht, sagte ich mir. Ansonsten würde jetzt wohl kaum eine schleimige, glibbrige Zunge über mein Gesicht fahren und mich ablecken.
Keuchend setzte ich mich auf und würgte sofort Wasser hoch.
Das spuckte ich in die Wiese neben mir.
Nachdem ich das ganze Wasser aus mir heraus gebrochen hatte, fühlte ich mich elend.
Ich war froh, dass Taavi neben mir saß, sich von mir streicheln ließ und mich beruhigend anstupste.
In meinem Nacken konnte ich noch Taavis Zähne spüren, die mich aus dem Wasser zogen und glücklich umarmte ich meinen Freund.
,,Danke, dass du mich gerettet hat", flüsterte ich ihm ins Ohr.
,,Wo ist der Rucksack?", wollte ich dann wissen.
Taavi machte ein schuldbewusstes Gesicht und starrte auf den Fluss, der neben uns vorbei floss.
,,Achso...",sagte ich, fügte dann aber schnell noch hinzu: ,,Hey, Taavi, es ist nicht deine Schuld, echt nicht! Du hättest entweder mich oder den Rucksack retten können. Ich bin froh, dass du die richtige Entscheidung getroffen hast!"
Der junge Polarfuchs sah erleichtert aus.
Plötzlich wurde mir bewusst, wie kalt mir eigentlich war.
Mein T- Shirt und meine Hose klebten nass an meinem Körper und meine Haut war bis auf die Knochen durchnässt.
Schnell suchte ich ein wenig Holz für ein Feuer zusammen und rieb die Stöcke so aneinander, dass schließlich Funken stoben und das trockene Holz in Flammen setzten.
Dankbar für die Wärme setzte ich mich näher ans Feuer, strich mir eine meiner nassen schwarzen Locken aus der Stirn und streifte mir dann mein T- Shirt ab.
Das wrang ich aus und wunderte mich, wie viel Wasser in so ein Kleidungsstück passte.
Dann legte ich mich müde zu Taavi und kuschelte mich in das weiche Fell meines Freundes.,,Komm schon, Taavi, da vorne ist es bestimmt gleich so weit!", ermunterte den Polarfuchs, der müde hinter mir her trottete.
Wir waren morgens losgelaufen und inzwischen stand die Sonne schon sehr hoch.
Wir liefen immer noch an dem reißenden Salzwasserfluss entlang, in der Hoffnung, bald auf diesen See zu treffen, der die letzte Herausforderung darstellte und der Ort des Rituals war.
Eigentlich sollte ich erschöpft sein, halb verhungert und verdurstet, doch irgendwie floss Stärke und Zuversicht durch mich hindurch.
Wir hatten jetzt schon zwei Aufgaben gemeistert!
Wieso also bei der letzten versagen?
Wir waren so kurz vor dem Ziel!
In der Ferne am Horizont konnte ich plötzlich einen Berg, besser gesagt, Hügel erkennen.
Zielstrebig steuerte ich darauf zu, auch Taavi schien langsam neue Kraft zu schöpfen und lief tapfer neben mir her.
Die Stunden verstrichen und der Berg kam immer näher.
Die Sonne war schon fast untergegangen, als wir endlich vor dem Hügel standen.
Er sah aus, als wäre er ein Kreis.
Am Fuß des Hügels liefen wir erst einmal weiter, wir wollten zu einem guten Platz kommen, an dem wir den Hügel erklimmen konnten.
Plötzlich blieb Taavi stehen und spitzte die Ohren.
Schnell starrte ich in die Richtung, in die auch mein pelziger Freund schaute und dann hörte ich es auch: Wasser.
Und zwar nicht der große, reißende Fluss, der laut lärmend an uns vorbei schoss, sondern das feine, sanfte Plätschern eines kleinen Baches.
Schnell rannte ich hinter dem Polarfuchs in die Richtung, aus der das Geräusch kam und dann sah ich ihn: munter suchte sich ein kleines Bächlein seinen Weg über die Wiese und verband so den Hügel und den Fluss.
Vor Freude jubelte ich: ,,Taavi! Ein Bach! Weißt du was das heißt? Hier muss irgendwo ein See sein! Und Emilia hat einen See beim Ritual erwähnt!"
Der Polarfuchs sah mich vorwurfsvoll an.
Ich war erstaunt darüber, wir gut ich schon allein aus den Blicken meines Freundes lesen konnte.
,,Na gut, ich schaue mal, ob das Wasser trinkbar ist", beschwichtigte ich ihn und ließ mich am Wasserrand nieder.
Vor mir ging gerade die Sonne unter, während sich hinter mir der Vollmond bereit machte, die Welt bei Nacht zu erhellen.
Ich formte meine Hände zu einer Schale und nahm einen tiefen Schluck des klaren Wassers.
Es war Süßwasser.
Hastig trank ich noch mehr und fühlte wie das kalte Wasser durch meinen Körper hindurch strömte, ihm neue Kraft verlieh und mich stärkte.
Auch Taavi hatte sich neben niedergelassen und trank gierig aus dem Bach.
Nach einer Weile meinte ich: ,,Komm, machen wir uns auf den Weg, wir haben noch etwas vor uns.
Zusammen erklommen wir auf einem bereits ausgetretenen Pfad, den wir schnell entdeckt hatten, durch Bäume hindurch und immer neben dem Bachlauf, immer höher den Hügel hinauf.
Als wir ganz oben waren, blieb ich wie angewurzelt stehen.
Was ich da sah, raubte mir den Atem.
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Seelentiere
FantasyEin Tier. Ein Mensch. Ein unzertrennliches Band. Ein Leben lang. #1 in unzertrennlich #1 in Nürnberg #11 in Tiere (aus 1,66K Geschichten) #2 in Emilia (aus 101 Geschichten) ~Danke💖~