*21. Kapitel *

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Mr. Messow lehnte sich nach vorn uns durchbohrte mich mit seinem eiskalten Blick.
Ich sank tiefer in den Stuhl, hoffend, dass das ungemütliche, schwarze Polster mich vielleicht in sich verschwinden ließ.
Doch es schien mich nicht sonderlich zu mögen, denn es blieb ungemütlich hart und machte keine Anstalten, mir irgendwie zu helfen.
,,Du hast also einfach so, ohne irgendeinen Grund deine Lehrerin beleidigt?", riss mich die Stimme des Schuldirektors aus meinen, zugegebenermaßen etwas absurden, Gedanken.
Ich schüttelte den Kopf.
,,Nein, ich hatte einen Grund", entgegnete ich, wobei sich meine Stimme glücklicherweise nicht so verängstigt anhörte, wie ich mich fühlte.
Mr. Messow lehnte sich noch weiter nach vorne, sodass er schon fast auf der Tischplatte lag.
Irgendwie ekelte mich das und ich schob meinen Stuhl unauffällig ein Stück zurück.
,,Und welchen?", fragte er.
Ein kalter Schauer lief mir beim Klang seiner Stimme über den Rücken.
,,Sie hat eine meiner Freunde dumm angemacht und dann habe ich meine Freundin verteidigt", erzählte ich.
,,Und deswegen musst du gleich so ausrasten? Es ist normal, das Lehrer Schüler tadeln", entgegnete Mr. Messow und ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken.
Ich klappte den Mund auf, um zu protestieren, doch je mehr ich über seine Worte nachdachte, desto mehr fand ich mein Verhalten unangebracht.
Ich schloss meinen Mund wieder und schüttelte nur stumm den Kopf: ich fühlte mich wie ein kleiner Junge, der ausgeschimpft wurde.
Der Direktor meinte bedächtig nickend: ,,Gut, dass du deinen Fehler eingesehen hast, du wirst dennoch eine Bestrafung erhalten. Für den nächsten Monat wirst du unserer Köchin, Frau Sommer, in der Küche helfen. Morgens und abends."
Ich schaute zu Boden und wusste nicht, was ich von der Strafe halten sollte.
Zum einen war hätte die Strafe schwerer ausfallen können, zum anderen ekelte es mich ein wenig bei der Vorstellung, das verschmutze Geschirr der ganzen Schule in die Küche zurück zu tragen.
Außerdem müsste ich morgens dann schon um sechs Uhr aufstehen!
Ich nickte allerdings nur, stand auf, lief zur Tür, öffnete sie und verließ den Raum, ohne noch einen Blick nach hinten zu werfen.

,,Diese Kayra ist so ein Ekel!", regte sich Emilia auf, während wir zusammen auf den See zuliefen.
,,Ich hätte ihr so gern einfach ins Gesicht gehauen! Ist deine Strafe schlimm?", fragte sie.
Die grünbraunen Augen meiner besten Freundin funkelten, als sie noch ein paar weitere Flüche abließ und ihre Haare vom Wind zerzaust wurden.
Ich wartete, bis sie fertig mit dem Fluchen war, dann antwortete ich: ,,Naja, Ich muss einen Monat lang Küchendienst machen. Nervig, aber nicht weiter schlimm."
Emilia schaute mich lächelnd an, dann ließ sie sich ins Gras fallen und schaute nach oben in den grauen, bewölkten Himmel.
,,Man merkt echt, dass es Herbst ist", meinte Emilia und richtete ihren Blick auf Taavi, der einem bunten Blatt hinterherjagte.
Jaro saß ein wenig auf Abstand und sah mit seinen gelben Augen zu uns rüber.
Ich setzte mich neben Emilia und schaute auf den See.
Der Himmel spiegelte sich in der Wasseroberfläche, die sich durch den Wind leicht kräuselte.
Als ich mich hinsetzte, zuckte ich kurz zusammen.
Ich hatte mir den Knöchel beim Kampfunterricht verstaucht, doch wollte es Kayra nicht sagen, weil ich nicht wollte, dass sie mich wieder so herablassend ansah.
Wir hatten heute mit Stöcken gekämpft, ich hatte keine Ahnung, wozu wir das später brauchen würden.
Ich hätte ein paar schmerzhafte Schläge mit dem Stock meines Gegners auf meine Finger bekommen, allerdings hatte ich auch festgestellt, das ich ziemlich wendig und schnell war und den meisten Schlägen ausgewichen war.
Taavi leckte sich seine Pfote.
Er hatte seinen Gegener, eine Eule mit Leichtigkeit besiegt.
Die Seelentiere hatten natürlich ohne Stöcke gekämpft.
,,Alles gut?", fragte Emilia und all der Zorn aus ihrer Stimme hatte sich in Besorgnis verwandelt.
Ich lächelte sie an.
,,Ja, passt schon, danke", antwortete ich, allerdings nahm die Tatsache, dass ich dabei mein Gesicht verzog, doch etwas von der Glaubwürdigkeit dieser Aussage.
Emilia verdrehte die Augen.
,,Zeig her!", meinte sie und ignorierte meinen Prostest.
Sie zog meinen Fuß zu sich und fing an, diesen genau zu inspizieren.
,,Der ist nur verdreht", meinte sie dann, ,,morgen sollte es besser sein", versprach sie.
Ich nickte dankbar und zog meinen Fuß wieder zu mir.
,,Danke", meinte ich.
Da machte sich eine Frage in meinem Kopf breit und bevor ich darüber nachdenken, hatte ich sie schon gestellt: ,,Woher weißt du das alles?"
Emilia sah zu Boden.
Sie sah ertappt aus.
,,Äh... also... nicht so wichtig", redete sie sich raus.
Ich zog meine Augenbrauen hoch.
,,Doch, ich will es wissen!", meinte ich und klang dabei wie ein trotziges, dreijähriges Kind.
Ich sah, dass sich meine beste Freundin ein Lächeln verkneifen musste.
,,Hab ich dir schon mal gesagt, dass du echt niedlich bist, wenn du schmollst?"
Es dauerte kurz, bis die Worte der Braunhaarigen in meinen Gehirn angekommen sind und als sie angekommen waren und ich den Sinn hinter denen begriff riss ich meine Augen auf und starrte Emilia mit großen Augen an.
Auch Emilia schien begriffen zu haben, was sie da gerade gesagt hatte, denn sie sprang schnell auf.
,,Ähm, mir ist eingefallen, dass ich noch Hausaufgaben machen muss! Komm, Jaro!", rief sie und lief mit dem schwarzen Wolf davon.
Immer noch vollkommen verwirrt blieb ich im Gras sitzen und erst als ich abends im Bett lag, fiel mir auf, dass Emilia der Frage, woher sie ihr Heilerwissen hatte, geschickt entkommen war.

,,Es gibt verschiedene Arten von Bakterien. Die Archaebakterien, die Cyanbakterien und Blaualgen. Verstanden?", fragte Sofie.
Kein Wort, dachte ich mir, nickte jedoch lächelnd.
,,Na dann, ordnet die Bilder bitte den verschiedenen Arten der Bakterien vorne an der Tafel zu. Lukas, machst du das bitte?", meinte die Lehrerin und hielt mir die Kreide hin.
Ich saß wie erstarrt auf meinem Platz.
Ich hatte nichts von all dem verstanden.
Mit zitternden Knien lief ich an die Tafel.
In dem Moment klopfte es an der Tür.
Sofie öffnete, leicht genervt und bat die Person hinein, die mich gerade vor dem Vorrechnen gerettet hatte.
Als ich allerdings sah, wer da den Raum betrat, wünschte ich mir, ich dürfte einfach diese dumme Aufgabe lösen.
Mr. Messow trug wie immer einen schwarzen Anzug, sein Geier saß auf seiner Schulter.
Bäh, dieser Geier ist so ekelhaft!, beschwerte sich Taavi.
Ich sah ihn warnend an und der Polarfuchs schwieg in weiser Vorraussicht.
,,Ah, hallo, Lukas", meinte Mr. Messow, als er mich sah.
Ich schob nur trotzig das Kinn vor und lief an dem Schulleiter vorbei zu meinem Platz, an dem ich mich neben den Polarfuchs fallen ließ.
Mr. Messow stellte sich vor die Klasse.
,,Okay, alle mal zuhören. Da manche von euch Kontakt zu Menschen haben, die keinen Seelenpartner haben, muss ich euch bitten, jeglichen Kontakt mit diesen zu unterlassen. Das heißt: niemand verlässt Aryon, nicht mal in den Ferien und die Nummern der Menschen werden von den Handys gelöscht!", verkündete er.
Mir klappte der Mund auf.

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