3- Der Eindringling

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Schockiert blickte Tae den Jungen, der sich als sein Stiefbruder offenbart hatte, an und ließ schließlich das Messer in seiner Hand fallen, als hätte er sich daran verbrannt. Bevor er jedoch zu einer Entschuldigung ansetzen konnte, spürte er einen scharfen Schmerz in seinem rechten Fuß. Entsetzt wollte er mit einem weiteren Schrei nach hinten springen, doch kam ihm Kook zuvor, indem er ihn erneut zu sich zog und eine Hand über seinen Mund legte. In Taes Augen waren durch den Schmerz Tränen getreten, die sich nun ihren Weg seine Wangen herunter bahnten. Er konnte nicht verhindern leicht zu schluchzen und schließlich wurde die Hand wieder von seinem Mund entfernt.

„Warum weinst du?", fragte Kook verwirrt und beäugte den kleineren Jungen vor sich mit einem skeptischen Blick.

„D-Das *schnief* Messer ist m-mir auf den Fuß gefallen.", antwortete Tae kläglich und versuchte bloß nicht hoch zu schauen, da ihm das peinlich war. Natürlich musste er sich vor seinem Stiefbruder erstmal blamieren.

Doch da wurde er plötzlich unter den Achseln gegriffen und auf die Küchentheke gehoben. „Warte kurz, ich mach Licht.", murmelte der Ältere und war daraufhin schon mit Taes Kerze in der Hand verschwunden. Kurz danach kam er schon wieder. Dieses Mal beleuchtete eine kleine Kerzenflamme sein Gesicht und Tae stellte bewundernd fest, dass sein neuer Bruder die gleichen dunklen Augen wie seine Mutter hatte.

Jene Augen musterten ihn nun genauer und zeigten eine gewisse Erkenntnis: „Du... Du musst Tae sein." Der Angesprochene wollte erst gar nicht wissen, wie sein Gegenüber auf diese Eingabe gekommen war, denn er stellte sich bereits vor, wie seine Cousins ihn als kleinen schwachen Jungen vor Kook darstellten. Zwar war er klein und schwach, aber das änderte nichts daran, dass es an seinem Stolz nagte.

Zaghaft nickte er: „Ja, das bin ich. Tut mir Leid, das ich dich mit einem Messer bedroht habe... so wollte ich mich dir eigentlich nicht vorstellen..." Er versuchte jegliche Tränenspur auf seinem Gesicht zu beseitigen und ein normales Gesicht aufzusetzen, auch, wenn sein Fuß immer noch höllisch schmerzte und er fühlen konnte wie Blut aus der Wunde lief. Er wollte Stärke zeigen und um diesen Gedanken zu untermauern schenkte er Kook ein aufgezwungenes Lächeln. Dieser zog eine seiner Augenbrauen nach oben und hob das Messer vom Boden auf, um es in die nächste Spüle zu werfen.

„Mich wundert, dass du dich mir überhaupt vorstellen willst.", sagte er in einem kühlen Ton.

Tae sah den anderen verwirrt an, quiekte aber überrascht, als Kook seine beiden Füßen in die Hand nahm. Als er den verwundeten Fuß entdeckt hatte, ließ er den anderen los und inspizierte den Schnitt. Da Tae noch nie wirklich sein eigenes Blut anschauen konnte, ohne von einem leichten Schwindelgefühl übermannt zu werden, versuchte er sich stattdessen auf das konzentrierte Gesicht seines Bruders zu fokussieren.

„W-Wie meinst du das?"

Kook warf ihm einen flüchtigen Blick zu, bevor er davon lief um ein Küchentuch zu holen, welches er unter einen Wasserhahn hielt. „Naja, da du heute beim Festmahl nicht aufgetaucht bist, dachte ich eigentlich du würdest mich nicht kennen lernen wollen."

Er kam daraufhin mit dem feuchten Küchentuch zurück und presste es auf die Wunde, welche er vorsichtig begann zu reinigen. Tae konnte nicht verhindern, dass ein schmerzvolles Zischen seinen Mund verließ. Um dies zu überspielen begann er seinem Stiefbruder zu widersprechen: „Das stimmt nicht! Natürlich wollte ich dich kennen lernen! Ich hab schon den ganzen Tag darauf gewartet!" Sofort presste er seine Lippen zusammen, konnte jedoch nicht verhindern wie sich sein Gesicht vor Scham erhitzte, weshalb er auch seinen Kopf senkte. So viel von seinen Gefühlen hatte er eigentlich nicht zeigen wollen.

Als er einen kurzen Blick zu Kook wagte, sah er diesen nur schmunzelnd seinen Fuß weiter reinigen. „Und warum warst du dann nicht beim Festmahl?"

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