9- Die Entscheidung

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Es war Jin, der ihn fand. So wie Jin ihn immer fand und ihn immer wieder auf die Beine stellte oder auf den richtigen Pfad führte. Doch dieses Mal war es anders. Dieses Mal konnte Tae nicht von dem Gedanken lassen, dass er für alle nur eine Bürde war. Somit erwiderte er die Stille Umarmung nicht, ließ sich auch nicht in sie sinken, sondern wartete bis Jin sie löste und ihn besorgt musterte.

,,Pol hat mir erzählt was passiert ist."

Tae wandte den Kopf ab, er fühlte sich nicht in der Lage seiner einzigen ihm wohlgesannten Bezugsperson in die Augen zu schauen und über die Schmach zu reden, die ihm widerfahren war. Nach kurzem Schweigen, setzte Jin erneut an.

,,Er ist zu weit gegangen, Tae. Kook hätte das nicht tun sollen. Er musste sich wohl eine ordentliche Predikt anhören und ist vorerst vom Training suspendiert. Du musst ihn dort also erstmal nicht sehen und kannst-."

,,Ich geh nicht mehr zum Training."

Jin schien darauf vorbereitet zu sein:
,,Ich verstehe, wie du dich jetzt fühlst, Tae. Aber wir alle waren mal da, an diesem Punkt, wo man alles außer zurückgehen will. Du musst lernen durchzuhalten. Du bist noch so jung und dein Training hat gerade erst begonnen. Es dauert wahrscheinlich einfach nur ein wenig länger als bei den anderen, bis du dich vollkommen an alles gewöhnt hast und es zu deinem Alltag wird!"

Unwillig schüttelte Tae nur seinen Kopf:,, Nein! Du verstehst mich nicht! Ich hab doch versucht dazuzugehören! Meinen Teil zu spielen! Aber egal was ich mache es kümmert keinen und egal was ich verändere es wird nie genug sein!"

,,Tae! Jetzt mach mal halblang! Wir sind doch nicht deine Feinde! Alle auf der Burg haben dich gern! Du bist halt unser kleiner Prinz."

,,Nein!", Tae, stand auf und seine Stimme wurde lauter. Er wollte keine Lügen hören, die ihm wieder falsche Hoffnung gaben, ,,Ich bin eure Nervensäge, nicht mehr als eine Bürde und ein Problem! Ihr wollt, dass ich jemand werde, der ich nicht bin und interessiert euch nicht für meine Wünsche!"

Beschwichtigend wollte Jin, der nun auch aufgestanden war, nach ihm greifen, doch Tae wich ihm aus.

,,Tae! Red doch keinen Unsinn! Ich war immer für dich da! Ich hab immer auf dich aufgepasst. Ich will doch nur, dass es dir gut geht!"

Doch Tae hörte ihm nicht mehr richtig zu, sondern rannte davon, wieder in die Sicherheit seines Zimmers. Erneut schloss er die Tür ab und somit alles aus, was ihn so sehr verletzte.
Es war ihm egal was Jin sagte, denn im Endeffekt sprachen doch Worte weniger als echte Taten und bisher waren die der anderen nur negativ behaftet gewesen.

Er wollte sich nicht anlügen lassen. Besonders nicht von Jin, dem er von allen anderen doch noch am meisten vertraute. Vielleicht war das sein Problem.... dass er sich immer in Sicherheit wähnte und eigentlich umgeben von Leuten war, die ihm nicht zuhörten. Doch war Jin auch so? Er war für ihn bisher immer eine moralische Unterstützung gewesen und hatte sich um ihn gekümmert wie kein Zweiter. Aber wieso sah er dann nicht, wie verzweifelt und alleingelassen er sich fühlte? Das er Trost und nicht noch mehr falsche Versprechen brauchte?

Das Misstrauen wuchs in ihm und ließ sich auch nicht durch die beschwichtigensten Gedanken vertreiben.

Nachdem er eine Weile mit geschlossenen Auge in seinem Bett lag und über die ganze schreckliche Situation nachdachte, fasste er den Entschluss auf Abstand zu gehen. Von seiner Familie, besonders von Kook, von den anderen Burgbewohnern, sogar von Jin.
Er brauchte sie nicht, er wollte fürs erste seine Ruhe. Wirklich vermissen würde ihn eh niemand.

Den restlichen Tag ließ er sich außerhalb seines Zimmers nicht mehr blicken. Spät am Abend, als die meisten schon zu Bett gegangen waren, oder sich noch im Speisesaal aufhielten, schlich er in die Küche, nahm so viel er tragen konnte und verschwand so schnell wie er gekommen war, wieder in seinem Zimmer.

** WELLENREITER **Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt