Nun lag ich da in meinem Bett...mit dem Zettel in der Hand auf dem die Adresse meines leiblichen Vaters steht. Samu Haber. Wieso machten Fiona und Jakob so ein komisches Gesicht, als ich nicht sonderlich auf die Namen meiner leiblichen Eltern reagierte? Wer war er? Sollte ich in ihn kennen? Vielleicht sollte ich ihn wirklich einen Brief schreiben...Und er kann mich ja immer noch ablehnen...wenn das stimmt, dass er mich abgelehnt hatte. Draußen war es bereits schon dunkel geworden. Mein Zimmer, hell erleuchtet von meinen Lichterketten und Tischlämpchen. Wenn ich was liebte, dann waren es Lichterketten! Eine einzelne kleine Birne ist einsam und leuchtet schwach, aber hunderte in verschieden farbige Birnen geben ZUSAMMEN ein wunderschönes Farben - und Lichtspiel. ZUSAMMEN bringen sie die Welt zum Leuchten. Mühsam rappelte ich mich vom Bett auf und lief zu meinem Schreibtisch. Ich ließ mich auf meinem Schreibtischstuhl plumpsen, worauf ich ein paar Zentimeter nach hinten rollte. Mit meinen Füßen schob ich mich wieder zum Holztisch und holte ein weißes Blockblatt und meinen Kulli heraus. Nun saß ich da...mit dem leeren Blatt Papier vor mir und wusste nicht was ich schreiben soll. Mit fiel wieder mein Traum ein. Der Traum, der mich jahrelang verfolgte und es immer noch tut. Das war ER! Das war ER tatsächlich! Mein Vater. Ich weiß wie er aussah...damals. Blondschopf, blaue Augen, groß und muskulös. Im Traum weinte er. Um Mich! Ich war ihm nicht egal! Wir wurden auseinandergerissen! Wir wurden getrennt wie ein Faden. Wir wollten uns nicht verlieren. Aber man hat es geschafft. Man hat es geschafft mir meinen Vater wegzunehmen...Eine einzelne, salzige Träne landete auf dem weißen Papier. Sie verteilte sich und sickte schlussendlich ganz ein. Alle Erinnerungen in diesem Traum kamen hoch. Und nun wusste ich auch wo wir uns damals befanden. Im Gerichtssaal...
In diesem Moment wurde mir klar, wie sehr ich meinen Vater vermisste. Wie sehr er mir doch wichtig war. Wie sehr er mir am Herzen lag. Ich setzte meinen Kulli am Anfang vom Blatt an. Und nach einer gefühlten Ewigkeit begann meine Hand sich zu bewegen. Ich schwing ihn elegant über das ganze Blatt. Erst am Ende begriff ich, wer wirklich diesen Brief schrieb. Nicht ICH...nein...sondern mein Herz.
"Lieber Samu,
Es tut mir weh nicht bei dir zu sein.
Es tut mir weh, dass meine ‚Eltern‘ mir das jahrelang verschwiegen.
Es tut mir weh dir zu sagen, dass ich deine Tochter bin und ich dich gar nicht richtig kenne.
Wir wurden auseinandergerissen, wie ein Band…leider weiß ich nicht wieso. Aber ich weiß, dass wir uns lieben. Woher? Ich sehe dich jede Nacht in meinen Träumen. Wie wir beide im Gerichtssaal saßen und unsere Seelen aus dem Leib schrien und weinten. Ich wusste nicht wieso…ich war noch so jung und verstand die Situation nicht. Wenn ich gewusst hätte, dass wir eine Ewigkeit getrennt werden, hätte ich mehr gekämpft. Ich hätte mehr um dich kämpfen sollen. Und ich hoffe du siehst es genauso, denn es gibt für mich nichts Schlimmeres als von seinen Vater getrennt zu werden. Vor dem Menschen den man liebt.
Um es genauer auszudrücken: Du bist mein Vater. Ich bin deine Tochter, Elin. Ich hoffe du weißt wer ich bin. Ich hoffe es so sehr, denn auch wenn ich dich nicht richtig kenne, ich vermisse dich unheimlich und ich bin froh, dass ich dich wenigstens in meinen Träumen sehe. Diese Erinnerung, diese schlimme herzzerreißende Erinnerung hat mir gezeigt, wen ich liebe und wen ich brauche. Ich brauche dich, Papa.
Ich möchte dich sehen, dich umarmen und dir sagen wie sehr ich dich liebe. Bitte melde dich so schnell wie möglich. Ich vermisse dich.
In Liebe deine Tochter
Elin“
Die dünne in Strich gezogene Farbe verschwamm immer mehr. Ich konnte es nicht verhindern. Es brach mir wortwörtlich das Herz, dass ich meinen leiblichen Vater so wenig kannte. Die Tränen rannten förmlich mein Gesicht runter. Ich wünsche mir so sehr, dass er sich meldet. Wenn nicht…dann... dann sehe ich keinen Grund mehr...warum ich leben sollte. Ohne den Menschen, der mich von ganzen Herzen liebt...ohne den Menschen, den ich von ganzen Herzen liebe. Ihr meint bestimmt, dass das unlogisch sei, weil ich ihn doch gar nicht kenne und bevor ich davon erfuhr glücklich gelebt habe. Tja...leider stimmt das nicht. Es gibt Verbindungen zwischen Menschen, die nie getrennt werden können. 2 Herzen - 2 Seelen und nur eine Liebe. Die Liebe. Sie ist unzertrennbar. Für immer! Und glücklich gelebt habe ich noch nie. Abgesehen davon dass ich gemobbt werde ist mein Leben trotzdem noch ein reines Desaster. Mein bester Freund küsst mich und meldet sich kein einziges Mal mehr bei mir, meine Eltern haben mich jahrelang belogen und ich bin arm an Freunde, weil ich so eine beschissene Band nicht mag. Gekonnt faltete ich den Brief zusammen und steckte ihn in das Briefkuvert. Dann schrieb ich die Adresse, dir mir Jakob gegeben hat und klebte eine Briefmarke darauf. Ich ließ den Brief startbereit auf meinem Schreibtisch liegen. Morgen früh werde ich ihn auf die Post bringen. Gedankenverloren ließ ich mich wieder in mein Bett fallen und stellte mir vor, wie mein Vater wohl jetzt aussah. Wird er mir zurückschreiben? Oder wird er mich abweisen? Wird er mich immer noch so lieben wie damals? Mit Millionen Fragen im Kopf schlief ich langsam ein.
„ELIN!“ hallte das Wort in meinem Kopf, welches mein Vater mir jede Nacht hinterherschrie…er vermisst mich auch…das spüre ich.
- nächster Morgen -
Ein nervendes Geräusch störte meinen schönen Schlaf. Stöhnend rieb ich mir meine Schläfen und öffnete genervt meine Augen. Das nervtötende Geräusch wurde immer lauter und kam anscheinend immer näher. Ich drehte mich einmal in meinem Bett und sah meine Mutter..ähh Fiona mühsam in meinem Zimmer staubsaugen. "Muss das sein?? Es ist Sonntag!" sagte ich genervt an Fiona gerichtet. Sie hob ihren Blick vom Boden. "Dir auch einen Guten Morgen. Hast du gut geschla..." Sie stoppte plötzlich in ihrem Satz. Fiona sah geschockt in die Richtung meines Schreibtisches. "Du hast es wirklich gemacht." fragte sie etwas perplex. "Ja was denkst du denn? Ich möchte natürlich meinen leiblichen Vater kennenlernen. Würdest du das denn nicht tun, wenn du adoptiert wärst?" und sah sie mit erhobener Augenbraue an. "Du bist ja drauf." sagte sie beleidigt. "Entschuldigung...aber ich bin ja die Jenige, die jahrelang angelogen wurde von ihren angeblichen Eltern" "Was fällt dir eigentlich ein? Bitte rede wieder normal mit mir! Ich habe dich aufgezogen mit all meinen Mitteln. Und ich habe es aus Liebe getan. Ich bitte dich...akzeptiere das doch bitte." sie sah mich bittend an. "Ich sehs ja ein....nur ich versteh immer noch nicht...WIESO und hättet ihr es mir dann nicht wenigstens früher sagen können?" "Du warst noch nicht bereit dafür.." "Für was?" "Für die Wahrheit..." flüsterte sie. Sie packte den Staubsauger zusammen und machte sich auf den Weg Richtung Zimmertüre. Doch dann blieb sie stehen. "10 Jahre..." "Was?" ich sah fragend ihren Hinterkopf an. "Seit 10 Jahren bist du bei uns...du warst fünf, als wir dich adoptierten." "Ich hätte es mir denken können..." flüsterte ich unüberhörbar. Dann verschwand sie aus meinem Zimmer. 10 Jahre. 120 Monate. 3'650 Tage.

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#TOGETHER
FanfictionSamu Haber. Frontsänger von Sunrise Ave. Elin Jones. Schülerin und Außenseiterin. Was ist, wenn zwei Menschen miteinander verbunden sind? Was ist, wenn sie getrennt werden? Was ist, wenn sie sich eines Tages wieder treffen? Werden sie genauso verbu...