Müde und völlig erschöpft stand ich endlich auf und begab mich ins Badezimmer. Ich betrachtete mich im Spiegel. 'Na toll, Elin! Du bist echt ein Schwein. Dreckig und ungepflegt', dachte ich. Meine Wimperntusche völlig überlaufen. Meine Klamotten von gestern völlig zerknittert. Die Haare stehen in alle Richtungen ab und leichte Augenringe sind unter meinen Augen zu erkennen. Ich beschloss zu duschen und schälte mich aus meinen stinkenden Klamotten, die ich sofort in den Wäschekorb schmiss. Ich schäumte mich ein und wusch mich sofort wieder ab. Dann schlich ich mit dem Handtuch bekleidet wieder in mein Zimmer und zog mir meine Jogginghose und ein Schlabbershirt an. Ohne noch groß nachzudenken, schnappte ich mir den Brief und lief zum nächsten Briefkasten. Ich schmiss ihn hinein nach dem ich nochmal ein Blick auf das Kuvert warf, ob alles am richtigen Platz stand. Lockerlässig lief ich in meinem Schlabberlook wieder nach Hause. Es machte mir nichts aus, wenn mich jemand so sah. In Übrigen war es Sonntag, da werden auch nicht so viele Leute unterwegs sein. Ich lief wieder hoch zu unserer Wohnung und was mich da begegnete oder sagen wir mal wer mich da begegnete, war eine große Überraschung. Tobi. Er stand vor unserer Wohnungstüre und war gerade dabei die Klingel zu drücken. „Tobi? Was machst du hier?" fragte ich höhnisch aber auch überrascht. „Die Türe unten stand offen...ich wollte sehen...wie es dir geht..." er schaute auf den Boden. Er schämte sich. Ich sah es ihm an. „Wie du siehst, geht es mir gut...also kannst du wieder gehen." Ich drückte mich an ihm vorbei und steckte mein Hausschlüssel in das Schlüsselloch. Ich öffnete die Türe. Die Wohnung war leer. Komisch. Fiona war doch vorhin noch da. Doch dann sah ich den Zettel auf der Kommode, die im Flur stand. ‚Hey Schatz, bin weg bei einer Freundin. Mach dir einen schönen Tag...kann etwas länger dauern. Jakob ist wie gewohnt bei seinem Männerbowlingclub. Wie jeden Sonntag. Bis heute Abend. Love Mom.' stand dort in geschwungener undefinierbaren Schrift. Ich drehte mich um und sah Tobi immer noch in der Türschwelle. „Elin..." „Was?" fragte ich mit einem etwas gereizten Unterton. Ich wusste nicht wieso ich so drauf war...aber aus irgendeinem Grund war ich enttäuscht von Tobi. Er setzte unsere 8 Jahre lange Freundschaft aufs Spiel. Ja genau. Ich kannte ihn seit der 2. Klasse. Er war damals in der 3. Wir lernten uns so kennen, weil Tobi's und meine Mutter sich schon gut kannten. Und so wurden wir Privat in einander vorgestellt. Er gehörte schon quasi zu meiner Familie. So gut kannten wir uns. Und ich bin froh, dass er auch auf die gleiche Schule wie ich geht. Jedenfalls...ich war froh. Jetzt allerdings fand ich es nicht mehr so eine gute Idee, dass wir uns so viel über den Weg laufen. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen als ich warme, weiche Hände spürte. Langsam und behutsam nahm er meine in seine. Er zog sie zu sich so dass ich automatisch einen Schritt näher an ihn machte. „Tobi...ich...ich glaube es ist besser, wenn du jetzt gehst." brachte ich mit einer piepsigen Stimme heraus. „Ich mache dich nervös...gib's zu!" hauchte er in mein Ohr. Sein Atem streifte mein Hals und sofort überkam mich die Gänsehaut. „Gib's zu..." flüsterte er noch verlangender. Kurz darauf streiften seine Lippen mein Ohr. Erst jetzt bemerkte ich dass wir uns gefährlich nahe standen und er sich quasi zu mir runter beugte, da ich so klein bin. „Tobi...bitte geh jetzt.." „Wieso?" „Du hast unsere Freundschaft zerstört!" sagte ich mit einem leicht enttäuschten Unterton. „Ich habe dich nur geküsst" „Wieso?" „Weil ich dich sehr sehr sehr mag!" hauchte er gegen meine Lippen. Ich schaute in seine wunderschönen haselnussbraunen Augen. Mir wurde warm und kalt zugleich und ein Gefühl, das sich selten in mir auslöst, durchfuhr mich. Liebe...oder? War es wirklich die Liebe? Liebe ich Tobi? „Tobi...mach es uns nicht so schwer...bitte" „Ich will dir nur zeigen, was es bedeutet jemanden zu lieben..." „Das kannst du nicht..." „Was" „Weil ich dich nicht liebe...du kannst mich nicht dazu bringen.." Ich weiß, dass ich ihn jetzt anlog. Ich weiß es. Aber er soll verschwinden. Er löste ein Gefühl in mir aus, das ich nicht kannte...das ich auch nicht haben will. Es war ein so ungewohntes und auch ein unangenehmes Gefühl. „Tobi...bitte!" Nun lagen seine Hände auf meiner Taille. Was sollte das? Ich möchte das nicht! „Tobi...Nein! Lass das!" „Elin...du musst es einfach nur zulassen. Ich weiß doch dass dich das verrückt macht.." hauchte er mir wieder zu. Ein Schimmer von Angst und Verklemmung übernahm mich. Nun wehrte ich mich. Gegen meinen besten Freund. Meinen einzigen. Ich schubste ihn grob von mir weg und funkelte ihn böse und verletzt an. „Verschwinde!" brüllte ich. Sofort stürmte ich in die Wohnung und knallte mit meiner ganzen Kraft die Wohnungstüre hinter mir zu. Ich lehnte mich gegen diese Türe und langsam rutschte ich an dieser runter auf den Boden. Schock und Angst jagte durch meine Adern. So kannte ich ihn nicht! Das war nicht der Tobi, den ich brauche...den ich liebe...freundschaftlich und brüderlich. Sofort schluchzte ich auf und ich schrie meinen ganzen Frust aus mir heraus. „Tobi...wieso?...WIESO TUST DU DAS??" schrie ich durch die Wohnung. Ich legte meinen Kopf auf meine angewinkelten Beine. Tränen tropften nach und nach auf den Teppich belegten Boden. Dann schloss ich meine Augen. Ich schloss sie einfach...mehr nicht. Ich wollte einfach alles vergessen.
Stunden vergingen und ich saß immer noch hinter der Wohnungstüre. Ich wurde aus meiner Starre geweckt als mein Handy in meiner Hosentasche vibrierte. Ich nahm es heraus und entsperrte das Display. Der Kloß in meinen Hals wurde wieder größer. Das Hintergrundbild. Tobi und ich. In den Sommerferien. Wir beide. Es war der schönste Sommer in meinem Leben. Er zeigte mir wie man das Leben genießt. Wie man das Leben lebt. Er zeigte mir wie wertvoll das Leben ist. Ich schaute auf die obere Taskleiste. Eine SMS....von Tobi.
AN: Elin
Es tut mir leid...für alles.
Tobi xx
Was will er eigentlich von mir??
AN: Tobi
Ein ‚Es tut mir Leid' macht nicht immer alles besser, Tobi.
Elin
AN: Elin
Wirklich. Lass es mir dir beweisen, dass es mir Leid tut. Gib mir noch eine Chance...für uns.
Tobi xx
Soll ich?
AN: Tobi:
Was ist das zwischen uns? Was wurde aus uns?
Elin
AN: Elin
Wir werden erwachsen, Elin. Und ich...ich liebe dich.
...
Oh nein...
AN: Tobi
Wir werden reden...
Dann machte ich mein Handy auf stumm und legte es beiseite. Gerade wurde mir alles einfach zu viel. Zuerst Papa...dann Tobi. Schlimmer konnte es doch nicht mehr werden, oder?
Die Tage vergingen und mein Schulleben blieb ein reines Desaster. Ich werde gemobbt, gehänselt und verprügelt. Tobi ging ich geschickt aus dem Weg, trotz wenn er versuchte mit mir zu reden. Ich sagte ihm auch, dass wir es tun werden. Aber ich konnte einfach nicht. Er wurde mir einfach zu fremd. Ich verlor meinen besten Freund immer mehr. Meine Noten? Das werdet ihr mir nicht glauben! Sie verschlechtern sich schlagartig. Ich sinke förmlich ab mit meinem Leben. Und Dad? Hmm jaa Dad...Von ihm kein Brief, kein Zeichen, kein Anruf...nada! Ob ich enttäuscht bin? Was denkt ihr wohl? Meine Welt ist nur noch am Abstürzen! Und deswegen hab ich wieder damit angefangen. Ja...11 rote Striche mehr. Auf jeden Arm. Ich brauchte das! Nur der Schmerz konnte mich von meinen Gedanken abbringen. Mich von meinen Gedanken ablenken. Nur dieser Schmerz konnte meine inneren Schmerzen vervollständigen. So wie jetzt. Ich saß auf der Mädchentoilette und schon wieder glitt die Rasierklinge über meine Unterarme. 2 neue Wunden. Langsam quellte das Blut aus diesen dünnen Linien und floss über meine blasse Haut. Es tropfte und verschmierte den ganzen Boden voll. Scheiße. Sofort eilte ich zum Waschbecken und ließ das kalte Leitungswasser über meine Unterarme fließen. Es schmerzte. Es zog. Es brannte. Aber ich fühlte nichts Schlimmes. Es fühlte sich gut an. Es war beruhigend. Vorsichtig tupfte ich mit ein paar Abtrockpapiertüchern danach meine neuen Wunden ab und ließ meine Ärmel von meinem Kuschelpulli darüber rutschen. Ich eilte zurück ins Klassenzimmer und saß mich in die gewohnte letzte Reihe. Die letzten Schulstunden vergingen wie im Flug und kurz darauf lief ich schon das Treppenhaus in meinem Zuhause hinauf. Ich fischte meine Wohnungsschlüssel heraus und öffnete die Türe. Dann schmiss ich meine Schultasche in die Ecke meines Zimmers. Wie jeden Tag lief ich noch einmal herunter zu unserem Briefkasten mit dem beschrifteten Namen „Jones" darauf. Ich öffnete das kleine Türchen von unserem Fach und suchte nach einem verdächtigen Umschlag. Doch alles war nur voller Zeitungen und Werbekatalogen. Vorsichtig nahm ich diesen Stapel voll Post heraus und betrachtete danach nochmal genau den kleinen Kasten. Doch da. Ein Brief. Ich griff nach ihm und las die Absenderadresse durch. Samu Haber. Bingo!
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#TOGETHER
FanfictionSamu Haber. Frontsänger von Sunrise Ave. Elin Jones. Schülerin und Außenseiterin. Was ist, wenn zwei Menschen miteinander verbunden sind? Was ist, wenn sie getrennt werden? Was ist, wenn sie sich eines Tages wieder treffen? Werden sie genauso verbu...